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personalmagazin 05 / 12
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URLAUBSRECHT
Alter ist kein Grund für Mehrurlaub
URTEIL. Wer Urlaub nach dem Alter staffelt, der diskriminiert. Daher hat das
BAG eine solche Regelung im öffentlichen Dienst für unwirksam erklärt.
mer hinsichtlich ihres Erholungs- und
Wiederherstellungsbedürfnisses schutz-
bedürftiger als jüngere Arbeitnehmer
seien. Damit läge eine durch das Allge-
meine Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
zulässige Ausnahmesituation vor, die
ein „legitimes Ziel“ verfolge.
Erholung kein Differenzierungsgrund
Das BAG wollte die Begründung der Ar-
beitgeber für eine Altersdifferenzierung
allerdings nicht bestätigen. Ein altersbe-
dingt zusätzliches Erholungsbedürfnis
sei nicht zu begründen, jedenfalls nicht
ab dem 30. oder 40. Lebensjahr, wie dies
der Tarifvertrag vorsah.
Was aber ist die Folge der Unwirksam-
keit? Dazu das BAG: „Der Verstoß der in
§ 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD angeordneten
Staffelung der Urlaubsdauer gegen das
Verbot der Diskriminierung wegen des
Alters kann nur beseitigt werden, indem
die Dauer des Urlaubs der wegen ihres
Alters diskriminierten Beschäftigten in
der Art und Weise ‚nach oben‘ angepasst
wird, dass auch ihr Urlaubsanspruch in
jedem Kalenderjahr 30 Arbeitstage be-
trägt.“ Mit anderen Worten: Alle Mit-
arbeiter, für die eine solche Staffelung
bislang anwendbar war, können sich
künftig über 30 Urlaubstage freuen.
Urteil schlägt hohe Wellen
NichtnurdieArbeitgeberdesöffentlichen
Diensts müssen jetzt ihre Urlaubsorga-
nisation grundsätzlich umstellen. Auf
dem Prüfstand stehen auch zahlreiche
Arbeitsverhältnisse von sogenannten
TVöD-Anwendern, bei denen zwar kei-
ne Tarifbindung vorliegt, die aber auf
Tarifverträge mit entsprechenden Al-
tersstaffelungen für den Urlaub Bezug
genommen haben (lesen Sie dazu auch
das Interview auf der nächsten Seite).
Nicht nur deswegen ist zu erwarten,
dass sich die Arbeitsgerichte in den
nächsten Monaten in unzähligen Fällen
mit Einzelfragen beschäftigen müssen.
So verweisen bisher etwa auch die Ta-
rifverträge für Auszubildende, Schüler
und Praktikanten auf die Urlaubsvor-
schriften aus dem TVöD, sodass diese
anzuwenden sind. Darauf machte die
TVöD-Spezialistin Jutta Schwerdle auf-
merksam. Auch diese Beschäftigten, so
Schwerdle, sind nach der Entscheidung
des BAG urlaubsrechtlich wie ihre Kolle-
gen jenseits der 40 zu beurteilen.
Von
Thomas Muschiol
(Red.)
B
ekomme ich jetzt auch mehr Ur-
laub?“ Mit dieser Frage machte
die „Bild“-Zeitung am 21. März
2012 ihre Leser auf ein Urteil
des Bundesarbeitsgericht (BAG) auf-
merksam. Gekippt worden war eine
Norm im Tarifvertrag des öffentlichen
Diensts, die eine nach Alter gestaffelte
Urlaubsregelung vorsah. Das bedeutete:
Je älter der Mitarbeiter, desto höher der
Urlaubsanspruch.
Bis zuletzt hatten die am Rechtsstreit
beteiligten Arbeitgeber noch gehofft,
dass sich das BAG der Bewertung der
Vorinstanz anschließen werde. Diese
hatte die Ungleichbehandlung noch als
erlaubt angesehen, da ältere Arbeitneh-
Urlaubsreif – gilt für jung und alt gleichermaßen.
HINWEIS
Das LAG Düsseldorf hat entschie-
den, dass nach dem Lebensalter ge-
staffelte Urlaubsansprüche gegen
das Verbot der Altersdiskriminie-
rung verstoßen und die Ungleich-
behandlung nicht gerechtfertigt
werden kann mit dem Argument,
mit der Urlaubsstaffelung solle
die Vereinbarkeit von Familie und
Beruf gefördert werden. Gegen
das Urteil ist Revision eingelegt
worden. Das BAG wird darüber
voraussichtlich im zweiten Halbjahr
2012 entscheiden.
Eine weitere Entscheidung
des BAG wird erwartet