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RECHT
05 / 12 personalmagazin
DATENSCHUTZ
rer in einer Notwehrsituation oder einer
notwehrähnlichen Lage befindet.
Verdachtsentscheidung des BAG
Bereits im Jahr 2003 hatte das BAG (Ur-
teil vom 27.3.2003, Az. 2 AZR 51/02) zur
Beweisverwertung heimlicher Video-
aufzeichnungen geurteilt. Danach sind
Tatsachen, die durch eine heimliche
Videoüberwachung gewonnen werden,
nur dann prozessual verwertbar, wenn
der konkrete Verdacht einer strafbaren
Handlung oder schwerwiegenden
Pflichtverletzung besteht sowie weniger
einschneidende Mittel zur Aufklärung
des Verdachts ausgeschöpft sind, die
verdeckte Videoüberwachung das einzig
verbleibende Mittel darstellt und diese
insgesamt nicht unverhältnismäßig ist.
Die Güterabwägung ist entscheidend
Daneben ist eine weitere Entscheidung
des BAG (Urteil vom 16.12.2010, Az. 2
AZR 485/08) von wesentlicher Bedeu-
tung für die Praxis. Grundsätzlich ist
nicht jede unzulässig erlangte Informa-
tion prozessual nicht verwertbar. Eine
Unverwertbarkeit ist für das BAG dann
gegeben, wenn mit der gerichtlichen
Verwertung ein erneuter Eingriff in
eine rechtlich geschützte, hochrangige
Position der anderen Prozesspartei oder
die Perpetuierung eines solchen Ein-
griffs verbunden wäre, und dies auch
durch schutzwürdige Interessen der
Gegenseite nicht gerechtfertigt werden
könnte. Daraus folgt, dass im Einzelfall
zwischen dem Recht am Eigentum des
Arbeitgebers und dem allgemeinen Per-
sönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers
abzuwägen ist.
Dokumentieren, Informieren, Limitieren
Vorbehaltlich der rechtlichen Beschrän-
kungen durch das Beschäftigtendaten-
schutzgesetz (siehe Kasten), sollte die
heimliche Videoüberwachung die „Ulti-
ma Ratio“ darstellen. Alle Gespräche und
Maßnahmen sollten dokumentiert, der
Betriebsrat eingeschaltet und der Daten-
schutzbeauftragte informiert werden.
Die Dauer der Videoüberwachung ist auf
den erforderlichen Umfang zu beschrän-
ken. Orientieren sollte man sich an einer
Entscheidung des BAG vom 26.8.2008
(Az. 1 ABR 16/07) in der eine Überwa-
chungsmaßnahme von höchstens vier
Wochen als zulässig erachtet wurde.
Rechtsanwalt, Südwest
Datenschutz Rechtsan-
walts-GmbH, Karlsruhe
Wolfgang A. Huck
HINWEIS
Hängepartie beim Datenschutzgesetz
Das Problem der Videoüberwachung sollte eigentlich durch neue Bestimmungen
zum Beschäftigtendatenschutz gelöst werden. Allerdings ist das Gesetzgebungs-
verfahren ins Stocken geraten.
§ 32e des Gesetzentwurfs definiert die Zulässigkeit einer Datenerhebung, wenn diese
ohne Kenntnis des Beschäftigten erfolgt. Danach darf der Arbeitgeber Beschäftigten-
daten ohne Kenntnis des Beschäftigten nur erheben, wenn einerseits „Tatsachen den
Verdacht begründen, dass der Beschäftigte im Beschäftigungsverhältnis eine Straftat
oder eine andere schwerwiegende Pflichtverletzung begangen hat“ und wenn anderer-
seits „die Erhebung erforderlich ist, um die Straftat oder die andere schwerwiegende
Pflichtverletzung aufzudecken oder um damit im Zusammenhang stehende weitere
Straftaten oder schwerwiegende Pflichtverletzungen des Beschäftigten zu verhindern“.
Zeitliche Beschränkung und Aufzeichnungsverbot
In derselben Vorschrift ist jedoch auch geregelt, dass Aufzeichnungen auch bei Vorliegen
der oben genannten Voraussetzungen dann immer unzulässig sind, wenn die Überwa-
chung im Rahmen
„einer planmäßig angelegten Beobachtung, die länger als 24 Stunden
ohne Unterbrechung oder an mehr als vier Tagen“ angelegt ist, oder unter Verwendung
„technischer Mittel zum Abhören oder Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen
Worts“ beziehungsweise „sonstiger besonderer technischer Mittel, die für Beobachtungs-
zwecke bestimmt sind“ stattfindet.
Der klassische Detektiveinsatz soll erlaubt bleiben
Eine Überwachung durch herkömmliche Detektivmaßnahmen ohne Viedeoeinsatz will
der Gesetzgeber aber ausdrücklich zulassen und hat im Entwurf des Beschäftigten-
datenschutzgesetzes ausdrücklich bestimmt, dass der „Einsatz von Ferngläsern und
Fotoapparaten“ nicht als technisches Mittel zum Abhören, Aufzeichnen oder für
Beobachtungszwecke gilt.
Ein absolutes Überwachungsverbot für Sozialräume
Darüber hinaus ist ein absolutes Aufstellverbot von Überwachungskameras in der Privat-
sphäre der Mitarbeiter wie folgt gesetzlich vorgesehen:
„Eine Videoüberwachung von Teilen von Betriebsstätten, die überwiegend der privaten
Lebensgestaltung des Beschäftigten dienen, ist unzulässig. Dies gilt insbesondere für
Sanitär-, Umkleide- und Schlafräume.“