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DATENSCHUTZ
Die Grenzen der Kontrolle beachten
ÜBERBLICK. Für den Einsatz von Überwachungskameras fehlen gesetzliche
Regeln. Daher gelten auch künftig die Grundsätze der Rechtsprechung.
Heimliche Überwachung oder genehmigte Aufzeichnung, davon hängt die rechtliche Einordnung ab.
gleich aus der Welt geschaffen haben.
Dass sich das BAG nicht mehr zur Sache
äußern konnte, ist aus fachlicher Sicht
bedauerlich, denn es wurde die Gelegen-
heit verpasst, mehr Klarheit zu einer für
die Praxis wichtigen Frage zu erlangen.
Dem Verfahren lag folgender Fall
zugrunde: Ein Einzelhandelsunterneh-
men (Beklagte) hatte einer Filialleiterin
(Klägerin) wegen der Entwendung von
Zigaretten gekündigt. Ausschlaggebend
für die Kündigung war eine heimliche
Videoüberwachung der Arbeitsstätte
der Klägerin. Bedingt durch hohe Inven-
turdifferenzen hatte die Beklagte mit
Zustimmung des Betriebsrats Videoka-
meras installiert und – im Beisein des
Betriebsrats – ausgewertet. Die Auf-
nahmen zeigten, dass die Klägerin im
Kassenbereich einen Zigarettenträger
geöffnet, einige Zigarettenschachteln
entnommen und in den Ablageflächen
für Einkaufstüten verstaut hatte. Einige
Zeit später versteckte sie die Zigaret-
ten in ihrer Bluse. Nach Anhörung des
Betriebsrats sprach die Beklagte die
fristlose Kündigung aus. Im Arbeitsge-
richtsprozess trug die Klägerin nun vor,
dass die heimliche Videoüberwachung
gegen ihr Recht auf informationelle
Selbstbestimmung verstoße und die
Aufnahme damit einem Beweisverwer-
tungsverbot unterliege.
Da das BAG wegen der vergleichswei-
sen Prozessbeendigung in der Sache
nicht entscheiden konnte, stellt sich
jetzt die Frage, ob nach der bisherigen
Rechtsprechung derartige Videoüberwa-
chungen einer rechtlichen Überprüfung
standhalten, insbesondere ob sie als zu-
lässige Beweise in einem Kündigungs-
rechtsstreit verwertet werden können.
Verwertungsentscheidung des BVerfG
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG)
hat sich in zwei Entscheidungen vom 9.
Oktober 2002 (Az. 1 BvR 1611/96 und 1
BvR 805/98) zum prozessualen Verwer-
tungsverbot geäußert. Danach darf eine
unzulässig erhobene Tatsache nur dann
als Beweis verwertet werden, wenn wei-
tere Aspekte ergeben, dass das Interesse
an der Beweiserhebung trotz der Beein-
trächtigung des Persönlichkeitsrechts
schutzbedürftig ist. Dies kann etwa dann
der Fall sein, wenn sich der Beweisfüh-
Von
Wolfgang Huck
U
nter welchen Vorausset-
zungen können Arbeitgeber
heimliche Videoaufnahmen
im Kündigungsschutzverfah-
ren heranziehen, um eine Kündigung zu
begründen und zu beweisen? Über die-
se umstrittene Frage sollte unlängst im
Rahmen eines beim BAG anhängenden
Verfahrens entschieden werden. Ver-
gebens wartete allerdings die Fachwelt
auf den für 22. März 2012 vorgesehenen
Richterspruch. Dieser wurde durch die
Mitteilung des Gerichts ersetzt, dass
die Parteien den Streit durch einen Ver-