Seite 55 - personalmagazin_2012_05

Basic HTML-Version

05 / 12 personalmagazin
Sekretariat der ständigen Konferenz der
Kultusminister der Länder gesteuert
wird: Eine Datenbank namens Anabil.
Auch IHK arbeiten an dem Thema.
Schonscheck:
Auf dieser technischen
Seite machen wir Fortschritte. Aber
was uns fehlt, ist die soziale Seite, die
Integration. In den Unternehmen und
besonders im gewerblichen Bereich und
in der Pflege passiert in diesem Kontext
noch zu wenig. Wir reden ja immer
vom Mangel an IT-Fachkräften und
Ingenieuren. Aber der Mangel betrifft
auch die Facharbeiter, selbst Gabelstap-
lerfahrer. Und bei denen geht es darum,
nicht nur die Nachweise anzuerkennen,
sondern in erster Linie Integrationsleis-
tungen und Service anzubieten.
personalmagazin:
Welche weiteren Wege
bieten sich an, um dem Fachkräfteman-
gel zu begegnen?
Schonscheck:
Hier ist in erster Linie das
Thema Frauen zu nennen. Ich glau-
be, wir haben bei der Beschäftigung
von Frauen schon einige Fortschritte
gemacht. Ich denke hier an die Teilzeit-
regelungen. Wenn ich aber insgesamt
die Erwerbspartizipation von Frauen
betrachte, sehe ich ein Defizit im
Vergleich mit anderen Ländern. Wir
tun uns nach wie vor schwer, prakti-
kable Lösungen zu finden. Die ersten
Unternehmen fangen an, über eine ent-
sprechende Infrastruktur, zum Beispiel
eine Kinderbetreuung, nachzudenken.
Homeoffice ist für viele mittelstän-
dische Unternehmen ein Thema, das
noch relativ neu ist. Auch hier ist der
Personalvermittler gefragt, um solche
Möglichkeiten anzusprechen.
personalmagazin:
Stark diskutiert wird
die Einführung einer Zertifizierung für
private Vermittler. Was sagen Sie dazu?
Ostermann:
Bislang kann niemand
abschätzen, wie sich die Zertifizierung
privater Personalvermittler in der
Praxis auswirken wird. Wir als Bundes-
verband können nur sagen: Wenn die
Zertifizierung der Qualität der Dienst-
leistung dient, kann sie nur sinnvoll
sein. Aber wir schränken auch ein und
sagen: Diesen Hype, der momentan um
das Thema gemacht wird, verstehen wir
nicht so recht. Denn die Zertifizierung
betrifft nur diejenigen Personalvermitt-
ler, die mit Vermittlungsgutscheinen
arbeiten. Dass die Bundesagentur für
Arbeit denjenigen, die mit staatlichen
Geldern arbeiten, eine Art Qualitätsma-
nagementsystem verordnet, mit dem
sie geordnete Prozesse nachweisen, ist
doch mehr als legitim.
personalmagazin:
Ab wann wird das
Thema aktuell?
Schonscheck:
Bei den Vermittlungsgut-
scheinen greift das Thema erst zum
1. Januar 2013. Es betrifft seit dem 1.
April 2012 Themen, die mit Bildungs-
maßnahmen zu tun haben. Zudem gilt:
Die Vermittlungsgutscheine stellen
nur einen ganz kleinen Teil des Markts
dar. Bislang wurden pro Jahr rund
50.000 Vermittlungsgutscheine einge-
löst. Sie werden regional sehr unter-
schiedlich genutzt und haben meines
Erachtens sukzessive an Bedeutung
verloren.
personalmagazin:
Was ist der Unterschied
zwischen den neuen Aktivierungs- und
Vermittlungsgutscheinen und den bis-
herigen Vermittlungsgutscheinen?
Schonscheck:
Sie sind breiter aufgestellt.
Bislang mussten die Nutzer der Gut-
scheine arbeitslos sein. Künftig können
auch Personen auf sie zugreifen, die
von Arbeitslosigkeit bedroht sind. Ob
diese Änderung notwendig war, kann
ich noch nicht beurteilen. Das werden
wir sehen. Aber es kann durchaus zu
Verschiebungen auf dem Markt kom-
men, denn ab einem bestimmten Datum
müssen die Dienstleister zertifiziert
sein. Und einige werden sich überlegen,
ob sie überhaupt zertifiziert sein wollen.
personalmagazin:
Welche Anbieter ar-
beiten überhaupt mit den Gutscheinen?
Ostermann:
Personalvermittler, die mit
Vermittlungsgutscheinen arbeiten, sind
häufig einfach strukturierte Firmen,
für die eine Zertifizierung einen großen
Kostenblock darstellt. Aus dieser Ecke
der Vermittler kommt natürlich harsche
Kritik oder der Versuch, dieses Problem
über Sammelzertifizierungen zu lösen.
Aber wenn ich über eine Sammelzerti-
fizierung nachdenke, die vielleicht über
einen Verein läuft, glaube ich nicht,
dass das zielführend ist.
personalmagazin:
Heißt das, dass es bis-
lang keine Qualitätssicherung für die
private Personalvermittlung gab?
Schonscheck:
Unsere beiden Unterneh-
men verfügen seit Jahren über detail-
lierte Qualitätsmanagementsysteme.
Auch der BPV hat sehr früh Qualitäts-
standards festgeschrieben und diese
immer wieder propagiert. Die Mit-
gliedsunternehmen fühlen sich diesen
Qualitätsstandards auch verpflichtet.
Wir zumindest arbeiten so, dass wir
nur im Erfolgsfall bezahlt werden. Das
heißt, wenn ich keinen Vermittlungs-
erfolg herbeiführe, erhalte ich auch
kein Geld.
Das Interview führte
Daniela Furkel.
VERMITTLUNG
SPEZIAL
PERSONALDIENSTLEISTER
55
ist stellvertretender Vorstandsvorsitzen-
der des Bundesverbands Personalver-
mittlung e.V. und Mitglied des Executive
Committee bei I.K. Hofmann.
Heinz Ostermann