editorial
3
6.2015
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
„Handelsblatt“-Tagung, Hamburg. Ein Referent erzählte von einem Senfladen. Den
gibt es in Bautzen schon seit Jahren. Bemerkenswert. Nicht nur, weil sich der Laden in
einer Immobilie befindet. Aber
ein
Produkt für
einen
Laden? Wenn es Smartphones
sind – klar, das läuft. Aber Senf? Die Aktualität eines Jahrtausende alten Erzeugnisses
kommt mir in digitalen Zeiten exotisch vor. Werden Produkte und ihre Zyklen nicht
immer kurzlebiger? Megamarken verschwinden. Muss nicht überhaupt jeder Unter-
nehmer ständig auf der Hut davor sein, dass ihm ein disruptives Start-up den Rang
streitig macht? Klar, jeder! Es sei denn, er arbeitet in der Immobilienbranche.
Hier läuft‘s wie von selbst. Der Vergleich zum Senf drängt sich auf. Immobilien sind
mindestens genauso alt. Und auch ohne
Senf
ist vieles nichts. In Zeiten, in denen,
um erfolgreich zu sein, alles – ob Medium, Produkt oder Strategie – „agil“ werden zu
müssen scheint, scheint Senf die Ausnahme. Nicht blinkend. Aus Saaten. Läuft! Und
wie. Von selbst. – Von selbst? Frau Neumann (vom Senfladen) schüttelt den Kopf.
Von wegen. Hundert Arten, Kreationen, Maßnahmen braucht es, um auf sämtliche
Wünsche des Kunden einzugehen. Es macht die, die mit ihm umgehen, höchst agil,
dieses langweilige Erzeugnis. Und ich lerne: Derjenige, der mit Unspektakulärem
hantiert, kann sich ein träges Wesen überhaupt gar nicht leisten!
Auch viele Immobilien sind unspektakulär. Die Branche wird agil sein müssen, um sie
weiter zu entwickeln und zu vertreiben. Ansatzweise ist sie es schon. Es gibt Smart-
homes, Hybridhäuser, Shoppingcenter-Ideen. Mehr Innovatives ist angedacht, woh-
nungswirtschaftliche Dienstleistungen, Urlaubsreisen über die Wohnungsgesellschaft
– mal sehen, was noch kommt. Ich freue mich derweil auf neue Senfladen-Konzepte.
Ihr
„Ich hörte von einem Senfladen.
Und ich fand: Es gibt einen Bezug
zu Immobilien und ihrer Branche.“
Dirk Labusch
, Chefredakteur
Lernen vom Senf