87
10|2017
WEG §§ 15, 16
Kein Anspruch auf abweichende
Gebrauchsregelung (ohne Übernahme
der Mehrkosten)
Das Gericht ist gehindert, an Stelle der Wohnungseigentümerge
meinschaft deren Ermessen gemäß § 15 Abs. 2 WEG auszuüben.
Es müsste vielmehr eine Ermessensreduzierung auf null vorliegen.
Auch der vermietende Eigentümer ist an bestandskräftige Altbe
schlüsse zu Gebrauchsregelungen gebunden.
Ein beschlossenes Ausschalten der Zirkulationspumpe für Warmwas
ser zur Nachtzeit ist wirksam. Da Duschen und Baden (mit Warmwas
ser) jeweils ein Vorgang ist, bei dem über längere Zeit heißes Wasser
benötigt wird, kann der nächtliche Vorlauf als zumutbar angesehen
werden.
AG Remscheid, Urteil vom 4.5.2017, 7 C 152/16
Bedeutung für die Praxis
Wenn nicht die Warmwasserbereitung nachts komplett abgeschaltet wird,
das heißt durch Ablaufenlassen kalten Wassers in vertretbarem Umfang
letztlich Warmwasser die Zapfstelle (an der Dusche) auch nachts erreicht,
ist es nicht ermessensfehlerhaft, das temporäre nächtliche Ausschalten
als Gebrauchsregelung zu beschließen.
Das Prozessgericht darf nicht sein Ermessen - einem Betreuer ähnlich - an
die Stelle desjenigen der Wohnungseigentümer setzen.
Wenn diese Gebrauchsregelung dem vermietenden Eigentümer Schwie-
rigkeiten macht, muss er ggf. die Mehrkosten übernehmen.
Dr. Olaf Riecke, Hamburg
WEG §§ 21 Abs. 4 und Abs. 5 Nr. 2
Herstellung eines zweiten Rettungswegs
Es gehört (vorbehaltlich weiterer vereinbarter Nutzungsbeschrän
kungen) zu dem plangerechten Zustand einer Teileigentumseinheit,
dass die öffentlich-rechtlichen Anforderungen an einen Aufenthalts
raum erfüllt sind; dafür erforderliche Maßnahmen am gemeinschaft
lichen Eigentum wie die bauordnungsrechtlich vorgeschriebene
Herstellung eines zweiten Rettungswegs entsprechen regelmäßig
ordnungsmäßiger Verwaltung und können von einzelnen Wohnungs
eigentümern gemäß § 21 Abs. 4 WEG beansprucht werden.
BGH, Urteil vom 23.6.2017, V ZR 102/16
Bedeutung für die Praxis
Hier geht es um Instandsetzung im weitesten Sinne; sie dient nicht nur
der Wiederherstellung eines beschädigten Bauteils, der Anpassung an
neue Vorschriften, sondern erfasst auch Maßnahmen zur erstmaligen
Herstellung eines teilungserklärungsgemäßen Zustands. Wohnungseigen-
tumsrechtlich wird dies zum Teil nicht mehr unter den Instandsetzungs-
begriff subsumiert.
Der einzelne Eigentümer hat einen Anspruch auf Herstellung des bau-
rechtskonformen Zustands des gemeinschaftlichen Eigentums.
Maßnahmen zur Herstellung des Soll-Zustands von Gebäuden sind
auch nach der Terminologie in DIN 31 051 bzw. DIN EN 13306, die zum
Teil erheblich abweicht (Instandhaltung ist dort Oberbegriff), Teil der
Instandsetzung.
Dr. Olaf Riecke, Hamburg
WEG-RECHT
WEG §§ 16 Abs. 2, 45 Abs. 2 und 3, BGB §§ 612 Abs. 2, 675
Kosten eines Ersatzzustellungsvertreters
1. Die Kosten eines Ersatzzustellungsvertreters sind Kosten der in
ternen Verwaltung und zählen nicht zu den Kosten des Rechtsstreits
im Sinne von § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, und zwar unabhängig davon, ob
der Ersatzzustellungsvertreter durch Beschluss der Wohnungseigen
tümer oder durch das Gericht bestellt worden ist.
2. Auch die Kosten der Unterrichtung der beklagten Wohnungsei
gentümer durch einen Zustellungsvertreter sind stets Kosten der
internen Verwaltung und nicht gemäß § 91 ZPO erstattungsfähig,
ohne dass es darauf ankommt, ob der Verwalter oder ein Ersatzzu
stellungsvertreter die Unterrichtung vornimmt (insoweit Aufgabe
des Senatsbeschlusses vom 14. Mai 2009, V ZB 172/08 Rn. 12).
3. Der gerichtlich bestellte Ersatzzustellungsvertreter kann Ausla
genersatz und ggf. eine Vergütung von der Wohnungseigentümerge
meinschaft verlangen. Ob und ggf. in welcher Höhe eine Vergütung
geschuldet ist, muss das Gericht bei der Bestellung - oder ggf.
nachträglich - festlegen, wobei es sich an der üblichen Vergütung im
Sinne der §§ 675, 612 Abs. 2 BGB orientieren kann; auch hat es die
Berechnung des Auslagenersatzes vorzugeben. In der Jahresabrech
nung sind die Kosten des Ersatzzustellungsvertreters als Kosten der
Verwaltung nach dem von § 16 Abs. 2 WEG vorgegebenen Maßstab
zu verteilen.
BGH, Beschluss vom 11.5.2017, V ZB 52/15
Bedeutung für die Praxis
Die Kosten, die durch die Tätigkeit des Ersatzzustellungsvertreters entste-
hen, wurden bisher als Kosten der Prozessführung der verklagten übrigen
Wohnungseigentümer angesehen.
Nunmehr sind diese Kosten als Verwaltungskosten der Gemeinschaft
der Wohnungseigentümer anzusehen (vgl. Riecke/Schmid/Abramenko,
WEG, 4. Aufl., § 45 Rn. 8), mit den entsprechenden Konsequenzen für die
Jahresabrechnung des Verwalters.
Da diese Kosten im Kostenfestsetzungsverfahren nicht berücksichtigt
werden, gilt im Zweifel der allgemeine Kostenverteilerschlüssel.
Es ist insoweit auch irrelevant, ob der Ersatzzustellungsvertreter vorab
und rechtzeitig durch Beschluss der Wohnungseigentümer oder durch das
Prozessgericht bestellt worden ist.
Dr. Olaf Riecke, Hamburg