Seite 63 - DIE_WOHNUNGSWIRTSCHAFT_2015_01

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Eignungsdiagnostik bei der Personalauswahl
Treffsicher und machbar:
Potenzialanalysen für kleine Unternehmen
Sind Personalfehlentscheidungen in kleinen Unternehmen riskanter als in großen Organisationen?
Kleine Unternehmen verkraften einen Fehlgriff in der Personalauswahl von Führungskräften
höchstwahrscheinlich nicht so gut wie große; Fehler können sogar existenzielle Schäden verursachen.
Welche Modelle und Methoden eignen sich aber für kleine Wohnungsgenossenschaften oder
-gesellschaften? Wie kann die Personalauswahl fundiert und praktikabel gestaltet werden?
„Wir besetzen doch kaum Stellen im Jahr – das
lohnt sich nicht.“ Dieses Argument wird in kleine-
ren Unternehmen imBereich Personalauswahl oft
vorgebracht, wenn es um den Einsatz fundierter
Eignungsdiagnostik geht. Der Gedanke dahinter:
Die Investition in Instrumente zur Analyse von
Potenzialen lohnt sich nicht, wenn diese Instru-
mente dann doch nur ein paar Mal im Jahr zum
Einsatz kommen. Allerdings: Verkraftet ein klei-
nes Unternehmen einen Fehlgriff in der Personal-
auswahl auch so gut wie ein Großunternehmen?
Lassen sichMinderleistung des neuenMitarbeiters
und Störungen bestehender Teamgefüge in einem
Unternehmen mit vierzig Mitarbeitern genauso
gut abpuffernwie in einemGroßunternehmenmit
40.000 Beschäftigten?
Die Erfahrung zeigt, dass Personalfehlent-
scheidungen in kleinen Unternehmen oftmals
riskanter sind als in großen Organisationen, die
schlicht über mehr Ressourcen verfügen. Eine
kleine Wohnungsgenossenschaft beispielsweise
kann bestimmte Fehlentscheidungen in der Per-
sonalauswahl schon deshalb nicht kompensieren,
da es für einige Funktionen und Rollen nur eine
einzige Person gibt. Passt deren Kompetenzpro-
fil nicht zu den Anforderungen der Stelle, kann
kein Kollege einspringen und durch Mehrleistung
ausgleichen. Fehler bei der Auswahl von Füh-
rungskräften können sogar existenzielle Schä-
den verursachen. Ferner sind weder Maßnahmen
noch große Weiterbildungsbudgets vorhanden,
um Kompetenzdefizite überhaupt zu ermitteln
und entsprechend nachzuschulen. Vor allem je-
doch fehlt es kleinen Unternehmen oftmals an
der nötigen Kapitaldecke, um die Aufwendungen
für Personalbeschaffung sowie die Einarbeitung
immer neuer Mitarbeiter zu finanzieren. Es gilt:
Je kleiner das Unternehmen, desto gravieren-
der die Schieflage aufgrund von Personalfehl-
entscheidungen.
Schlüsselaufgabe Personalentwicklung
Der Personalauswahl und -entwicklung kommt
jedoch gerade auch in den schwierigen Zeiten des
Fachkräftemangels eine Schlüsselfunktion zu: Es
sollten strategisch zentrale Kompetenzprofile für
Mitarbeitergruppen definiert werden und Instru-
mente Anwendung finden, mit denen unterneh-
mensrelevante Kompetenzen diagnostiziert und
entwickelt werden können.
Unstrukturierte Instrumente zur Potenzialanaly-
se und der Fokus auf die eigene Intuition bei der
Personalauswahl sind vielfach jedoch die Regel
(siehe DW9/2014, S. 70). Und dies insbesondere
in kleinen und mittelständischen Unternehmen
– also dort, wo die Folgen von Fehlbesetzungen
besonders verheerend sind. Personelle Auswahl-
entscheidungen werden in diesen Unternehmen
aus genannten Gründen zu wenig professionell
getroffen. Die Organisationen dürfen sich nicht
vor notwendigen Investitionen scheuen, um ihre
personellen Einstellungsentscheidungen zu pro-
fessionalisieren und Standards zu entwickeln;
denn diese Investitionen sind bestens angelegtes
Geld.
Eignungsdiagnostik
Naheliegend ist nun die Frage, was kleinere Un-
ternehmen, konkret Wohnungsgesellschaften und
-genossenschaften, tun können. Vorweg: Der Ruf
nach einem klassischen Assessment Center mit
einer Dauer von mindestens zwei Tagen und min-
destens vier Beobachtern ist in kleinen Unterneh-
men deplatziert. Dieses Instrument zur Potenzial-
beurteilung ist zwar eines der leistungsstärksten
Standardverfahren, jedoch schlichtweg zu teuer
und konzeptionell wie operativ zu aufwendig, um
es bei Unternehmen mit weniger als 100 Mitar-
beitern sinnvoll einsetzen zu können.
Wie aber lassen sich Risiken in der Personalaus-
wahl durch fundierte Eignungsdiagnostik mi-
nimieren und zugleich Kosten und personeller
Aufwand verhältnismäßig gering halten? Was ist
hierbei ein angemessener Aufwand? Wie lassen
sich Fehler bei der Auswahlentscheidung und Be-
setzung vermeiden?
Als Lösungsansatz für kleine Unternehmen hat
sich vielmehr das „Rosinenpicken“ bewährt: Das
Beste aus allen Instrumentenklassen der berufli-
chen Eignungsdiagnostik clever kombiniert, er-
höht die Sicherheit bei Personalentscheidungen,
spart Kosten und lässt sich auch ohne große Per-
sonalabteilung abbilden. Folgende drei Schritte
sind hierbei mindestens zu beachten:
Doreen Liebenow
Projektmanagerin
IQP Privat-Institut für Qualitäts-
sicherung in Personalauswahl
und -entwicklung GmbH
Berlin
Prof. Dr. Jens Nachtwei
Institut für Psychologie,
Humboldt-Universität zu Berlin,
Hochschule für angewandtes
Management, IQP
Berlin