Seite 60 - DIE_WOHNUNGSWIRTSCHAFT_2015_01

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1|2015
Corporate Social Responsibility
Stakeholderbefragung
für ökonomisch nachhaltige Unternehmensziele
Wohnungsunternehmen sind aufgrund gesellschaftlicher Herausforderungen und zahlreicher
Anspruchsgruppen einer Vielzahl teils widersprüchlicher Erwartungen ausgesetzt. Eine systematische
Befragung der Stakeholder hilft dabei, die Kommunikationsstrategie zu optimieren und vor allem Ziele
klarer zu priorisieren sowie den lokalen Anforderungen besser gerecht zu werden. Eine Fokussierung
auf die wichtigen Aktivitäten ermöglicht somit eine ökonomisch nachhaltige Unternehmensführung,
bei der Ressourcen effizienter eingesetzt werden.
Die Bauverein AG Darmstadt hat in Kooperation
mit demFachgebiet Immobilienwirtschaft der TU
Darmstadt ihre Stakeholder systematisch nach de-
ren Erwartungen an das Unternehmen befragt. Das
Unternehmen engagiert sich bereits seit Jahren
im sozialen und ökologischen Bereich und doku-
mentiert diese Aktivitäten seit 2008 jährlich in
einem CSR-Bericht.
Interessenpluralismus erfordert klare Ziele
Aktivitäten im sozialen und ökologischen Bereich
sind von Bestandshaltern dabei nicht per se als
freiwillige Leistungen zu betrachten. Sie sind in
einemgewissen Umfang erforderlich, um imKern-
geschäft langfristig und ökonomisch erfolgreich
agieren zu können. Aufgrund dieser Bedeutung
sollten auch relevante soziale und ökologische
Ziele zur Sicherung der langfristigen Überlebens-
fähigkeit des Unternehmens explizit imZielsystem
von Wohnungsunternehmen verankert werden.
In der Praxis fehlt es allerdings häufig an klaren
Zielen. Bestehende Zielkonflikte zwischen den
Nachhaltigkeitsdimensionen und unterschiedli-
che Interessen der verschiedenen Akteure füh-
ren dazu, dass meist nur finanzielle Ziele konkret
vorgegeben werden. Fehlen klare nachhaltige
Ziele, wird das Management ggf. ausschließlich
danach bewertet, ob es die kurzfristig orientierten
finanziellen Ziele erreicht hat, während sich die
tatsächliche Leistung schwer objektiv beurteilen
lässt.
Doch wie erhält man nun ein nachhaltiges Ziel-
system, wenn die Eigentümer aufgrund der zu-
nehmenden Komplexität keine klaren Vorgaben
machen?
Alle Anspruchsgruppen systematisch befragt
Ziele können nur dann als ökonomisch nachhaltig
gelten, wenn sie den spezifischen Anforderungen
vor Ort gerecht werden. Eine systematische Ausei-
nandersetzungmit den Anspruchsgruppen ermög-
licht es, Transparenz über die lokalen Interessen
und Bedürfnisse zu erhalten. Im Tagesgeschäft
kann es jedoch leicht zu einer verzerrten Wahr-
nehmung kommen: Gehört werden Stakeholder
im nahen Umfeld, mit denen man sich regelmä-
ßig austauscht, sowie organisierte Gruppen, die
aktiv ihre Interessen artikulieren. Die Interessen
weiterer Stakeholder werden so oft unbeabsich-
tigt vernachlässigt. Deshalb entschloss sich die
Bauverein AG dazu, ihre Stakeholder systematisch
Stephanie Heitel
Rechts- und Wirtschaftswissen-
schaften, Immobilienwirtschaft
und Baubetriebswirtschaftslehre
TU Darmstadt
Prof. Dr. Andreas Pfnür
Rechts- und Wirtschaftswissen-
schaften, Immobilienwirtschaft
und Baubetriebswirtschaftslehre
TU Darmstadt
MARKT UND MANAGEMENT
interne Eigentümer
Aufsichtsratsmitglieder
Mitarbeiter
Vorstand und Bereichsleiter, Geschäftsführer der Tochterunter-
nehmen, sonstige Führungskräfte, Mitarbeiter im Aufsichtsrat,
sonstige Mitarbeiter
direkte
externe
Mieter
Mieterbeirat, Mieter in freifinanzierten sowie in öffentlich
geförderten Wohnungen, Generalmieter, Senioren in Wohnanla-
gen, Studierende in Studentenwohnheimen, Gewerbemieter
Käufer
Kapitalanleger, Selbstnutzer
Geschäftspartner
Nebenkostenrelevante Geschäftspartner, Dienstleister,
Architekten & Ingenieure, Handwerker, Banken
indiekte
externe
Politik
Magistrat, Stadtverordnete
Behörden
relevante Behörden in Darmstadt und Umgebung
Sonstige Interes-
sengruppen
NGOs, Stadtteilgruppen, Sponsoringnehmer, lokale Arbeitgeber,
Wettbewerber, EURHONET-Partner, Medien, Wissenschaft und
Experten
BEFRAGTE ANSPRUCHSGRUPPEN DES UNTERNEHMENS
Quelle: TU Darmstadt