DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 7/2015 - page 80

78
7|2015
RECHT
BGB §§ 305b, 307 Abs. 1, 307 Abs. 2 Nr. 1, 550
Schriftformheilungsklausel in
Gewerberaummietvertrag
1. Nicht in den Schutzbereich des § 550 BGB einzubeziehen ist ein
in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Mietvertragspartei
neu eintretender Gesellschafter. Hierin liegt kein Wechsel der
Vertragspartei selbst.
2. Eine Schriftformheilungsklausel in einem Gewerberaummietver-
trag ist wirksam ungeachtet des Umstandes, dass ein Grund-
stückserwerber durch diese Klausel nicht an einer ordentlichen
Kündigung wegen Nichteinhaltung der gesetzlichen Schriftform
gehindert wäre.
OLG Frankfurt, Urteil vom 27.2.2015, 2 U 144/14
Bedeutung für die Praxis
In einem Wechsel des Gesellschafterbestandes liegt keine Änderung des Inhalts
des Mietvertrages, welcher dem Schriftformerfordernis unterliegen könnte.
Hinsichtlich eines neu in eine Gesellschaft Eintretenden, die Partei eines Mietver-
trages ist, mag es zwar sein, dass dieser sich in gleicher Weise aus dem schriftlich
niedergelegten Mietvertrag nicht vollständig über den Inhalt des Mietvertrages
vergewissern und er damit nicht vollständig beurteilen kann, welche Rechte
und Pflichten er mit seinem Eintritt in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts
übernimmt. Dies betrifft aber allein sein Verhältnis zu der Gesellschaft und gege-
benenfalls zu seinen Mitgesellschaftern. Ein Informationsaustausch zwischen den
Vertretern der Gesellschaft und dem neu eintretenden Gesellschafter ist dabei
jedenfalls möglich und geboten.
Die Schriftformheilungsklausel ist wirksam ungeachtet des Umstandes, dass die
Klägerin als Grundstückserwerberin ihrerseits durch diese Klausel nicht an einer
ordentlichen Kündigung gehindert wäre. Die Klausel ist jedenfalls im geschäft-
lichen Bereich nicht überraschend, sondern wird inzwischen häufig vereinbart,
insbesondere da sie im Hinblick auf die Regelung des § 550 BGB einem berech-
tigten Bedürfnis beider Mietvertragsparteien entspricht, die Einhaltung der
gesetzlichen Schriftform für den Mietvertrag und damit die vereinbarte Laufzeit
sicherzustellen. Eine solche Klausel benachteiligt aus diesen Gründen auch den
Vertragspartner des Verwenders grundsätzlich nicht entgegen den Geboten von
Treu und Glauben. Die Verpflichtung beider Vertragspartner, im Verlauf des Ver-
tragsverhältnisses getroffene Vereinbarungen in einer dem Schriftformerforder-
nis des § 550 BGB genügenden Weise festzuhalten, erscheint in Anbetracht der
Bedeutung einer langfristigen vertraglichen Bindung der Mietvertragsparteien
nicht als unangemessen.
RA Heiko Ormanschick, Hamburg
behaupteten Gesundheitsgefährdung der übrigen Mieter hat das Beru-
fungsgericht im Übrigen ebenso wenig getroffen wie nähere Feststellun-
gen zur Intensität und Beständigkeit der behaupteten Geruchsbelästigun-
gen. Auch bei der gemäß § 543 Abs. 1 BGB erforderlichen Abwägung aller
Umstände des Einzelfalls hat das Berufungsgericht, soweit es überhaupt
abgewogen hat, nicht bedacht, dass etwaige Beeinträchtigungen der üb-
rigen Mieter (bzw. Mitarbeiter der im Gebäude befindlichen Büros) durch
Zigarettengerüche aus der Wohnung des Beklagten nur jeweils kurzzeitig
andauern, weil sie lediglich das Treppenhaus betreffen, das typischerwei-
se nur zum Verlassen und Betreten des Hauses und nicht zum längeren
Aufenthalt benutzt wird. Konkrete Feststellungen dazu, welche Mieter
sich überhaupt und in welchem Umfang beeinträchtigt fühlen und/oder
beschwert haben, hat das Berufungsgericht ebenfalls nicht getroffen.
RA Heiko Ormanschick, Hamburg
BGB § 259
Formell ordnungsgemäße Betriebskos-
tenabrechnung, bereinigte Gesamtkosten
Die Einstellung bereinigter und damit unvollständiger Gesamtkosten
in die Betriebskostenabrechnung stellt keinen formellen Abrech-
nungsmangel dar.
LG Itzehoe, Urteil vom 27.2.2015, 9 S 89/13 (Revision zugelassen)
Bedeutung für die Praxis
Die Einstellung bereinigter und damit unvollständiger Gesamtkosten in die
Abrechnung ist nicht als formeller Mangel anzusehen, der ihre Wirksamkeit
im Hinblick auf die betreffende Kostenposition berühren könnte. Zwar hat
der BGH dem Vermieter bislang in ständiger Rechtsprechung abverlangt,
die Gesamtkosten vollständig anzugeben, und zwar auch dann, wenn
einzelne Kostenanteile nicht umlagefähig oder nicht an der zugrunde
gelegten Abrechnungseinheit angefallen sind. Allerdings hat der BGH
angedeutet, dass an dieser Rechtsprechung künftig möglicherweise nicht
mehr festzuhalten sei. Auch die Kammer ist der Auffassung, dass die bes-
seren Gründe dafür sprechen, für die formelle Wirksamkeit der Betriebs-
kostenabrechnung auf das Erfordernis einer Mitteilung der unbereinigten
Gesamtkosten zu verzichten. Die bislang vom BGH vertretene Auffassung
führt dazu, dass eine für sich genommen nachvollziehbare und den
Mindestangaben genügende Abrechnung später aus formellen Gründen
als unwirksam erachtet wird, nämlich nachdem der Mieter Einsicht in die
Belege genommen und entdeckt hat, dass bei den Gesamtkosten bereits
Vorwegabzüge erfolgt sind. Schon das erscheint systemwidrig. Im übrigen
hat der BGH in anderen Entscheidungen betont, dass eine Abrechnung
bereits dann formell ordnungsgemäß ist, wenn sie prüffähig ist. Prüffähig
sind die Gesamtkosten aber bereits dann, wenn sie in der Abrechnung
aufgeführt sind. Denn dann kann der Mieter im Rahmen der ihm zuste-
henden – aber von ihm auch verlangten – Belegeinsicht kontrollieren, ob
die in der Abrechnung dokumentierten Gesamtkosten mit denjenigen,
die dem Vermieter für die betreffenden Kostenart tatsächlich angefallen
sind, übereinstimmen. Hingegen muss die Abrechnung nicht bereits aus
sich heraus eine vollständige Überprüfung auf ihre materielle Richtigkeit
erlauben, sondern nur so detailliert sein, dass der Mieter ersehen kann,
welche Gesamtbeträge dem Vermieter in Rechnung gestellt worden sind
und mit welchen Rechenschritten er daraus den auf den einzelnen Mieter
entfallenden Betrag errechnet hat. Mehr ist für die formelle Wirksamkeit
des Betriebskostenansatzes nicht zu verlangen.
RA Heiko Ormanschick, Hamburg
1...,70,71,72,73,74,75,76,77,78,79 81,82,83,84
Powered by FlippingBook