Seite 52 - wirtschaft_und_weiterbildung_2015_02

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training und coaching
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wirtschaft + weiterbildung
02_2015
standsvorsitzenden erreichen heute noch
das Ende ihrer zweiten Amtszeit. Und
immer öfter werden aus Top-Managern,
die vor Kurzem noch von den Wirt-
schaftsmagazinen und Aktionären gefei-
ert wurden, scheinbar über Nacht „Versa-
ger“. Warum? Die Aufgaben der Top Exe-
cutives in den Unternehmen sind heute
aufgrund der Globalisierung der Wirt-
schaft und Internationalisierung der Kapi-
talmärkte so komplex und vielfältig, dass
sie nur noch bedingt „gemanagt“ werden
können. Die Top-Entscheider können
häufig nur noch eine Risikominimierung
betreiben, indem sie die Dilemmata, vor
denen sie bei ihrer Arbeit stehen, stets
neu ausbalancieren.
Dasselbe gilt für die oft widersprüch-
lichen Interessen der Stakeholder wie
Anteilseigner und Banken, Kunden und
Mitarbeiter. Hierfür müssen die Top-Ent-
scheider sicherstellen, dass in ihrer Orga-
nisation die richtigen Leute in den Füh-
rungspositionen sitzen. Außerdem müs-
sen sie mit ihren Kollegen im Top Team
sowie den Leitern der Unternehmens-
einheiten ein Hochleistungsteam bilden.
Denn allein können sie die Erwartungen
der Stakeholder nicht erfüllen. Und hier
beginnt oft das Problem. In die Top-Eta-
gen zumindest der großen Kapitalgesell-
schaften gelangen in der Regel nur „Al-
pha-Tiere“ – Menschen also, die …
• aktiv eine große Führungsverantwor-
tung suchen
• auf ihrem Weg nach oben wiederholt
bewiesen haben, dass sie Organisati-
onen erfolgreicher führen können als
ihre Mitbewerber um Top-Positionen
– aufgrund ihrer analytischen Intelli-
genz, ihrer Leistungsfähigkeit und -be-
reitschaft sowie Durchsetzungsstärke.
Das prägt ihr Selbstbild, ihre Sicht auf
Menschen, Situationen und Konstellatio-
nen sowie ihr Verhalten. Alpha-Männer
und -Frauen lieben Zahlen, Daten und
Fakten. Die weichen Faktoren im Ma-
nagement hingegen lenken, so ihre innere
Überzeugung, nur vom Wesentlichen,
dem Geschäftserfolg, ab. Und als bril-
lante Analytiker haben sie oft schon ihre
Lösung für ein Problem parat, während
ihr Gegenüber dieses noch „studiert“.
Entsprechend ungeduldig reagieren sie
zuweilen. Und entsprechend einschüch-
ternd ist oft ihr Auftritt.
Doch dann befinden sie sich an der
Spitze. Und ihre engsten Mitstreiter sind
wie sie „Alpha-Tiere“. Das heißt, sie ver-
fügen weitgehend über dieselben Persön-
lichkeitsmerkmale und zeigen dieselben
Leitwolf-Attitüden. Und mit diesen Män-
nern und Frauen müssen sie kooperieren
und ein High-Performance-Team bilden,
um die Erwartungen der Stakeholder
zu erfüllen. Das erfordert von den Top
Executives teils andere Fähigkeiten, als
diejenigen, die sie auf dem Weg nach
oben zeigten. Denn statt wie bisher pri-
mär dafür zu sorgen, dass die aus dem
Tagesgeschäft sich ergebenden Aufgaben
erfüllt werden, müssen sie nun andere
Menschen inspirieren. Und statt wie bis-
her weitgehend das Erreichen der opera-
tiven Ziele zu überwachen, müssen sie
nun andere Menschen dazu motivieren,
sofern nötig, gewohnte Pfade zu verlas-
sen, damit Quantensprünge möglich sind.
Das haben die Top Executives zwar auch
in der Vergangenheit getan – zum Beispiel
als Leiter einer Unternehmenseinheit.
Doch nun ist dies eine ihrer Kernaufga-
ben. Und ihre Gegenüber sind wie sie
„Alpha-Tiere“, die ihnen nicht vorbehalt-
Wer wird zum Beispiel Vorstandsmitglied
oder gar -vorsitzender eines multinatio-
nalen Konzerns? Nur ein brillanter Kopf.
Personen also, die extrem schnell im Auf-
nehmen, Strukturieren, Analysieren und
Verarbeiten von Informationen sind und
entschlossen entscheiden; Männer und
Frauen zudem, die in ihrer beruflichen
Biografie schon oft bewiesen haben, dass
sie Außergewöhnliches leisten können.
Entsprechend selbstbewusst sind die Top-
Entscheider in den Unternehmen. Meist
zu Recht! Trotzdem scheitern zum Bei-
spiel immer mehr Vorstände. Das heißt,
sie müssen entweder vorzeitig ihren Hut
nehmen oder ihr Kontrakt wird nicht
verlängert. Nur etwa die Hälfte der Vor-
„Alpha-Tiere“ coachen
COACHING.
An die Spitze von Großunternehmen gelangen nur Personen, die auf dem
Weg nach oben bewiesen haben, dass sie leistungsfähiger sowie durchsetzungsstärker
als die meisten ihrer Mitbewerber sind. Entsprechend selbstbewusst sind sie. Deshalb
lassen sie sich nicht von jedem Berater oder Coach ein Feedback geben.
Dr. Georg Kraus
ist geschäftsfüh-
render Gesell-
schaf ter
der
Unternehmensbe-
ratung Dr. Kraus & Partner, Bruchsal.
Der diplomierte Wirtschaftsingenieur
ist unter anderem Autor des „Change
Management Handbuch“ (Cornelsen
Verlag) und zahlreicher Projektma-
nagement-Bücher. Er ist seit 1994
Lehrbeauftragter an der Universität
Karlsruhe, der IAE in Aix-en-Provence
und der technischen Universität
Clausthal.
Dr. Kraus & Partner
Werner-von-Siemens-Str. 2-6
76646 Bruchsal
Tel. 07251 989034
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