Seite 26 - wirtschaft_und_weiterbildung_2013_04

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wirtschaft + weiterbildung
03_2014
titelthema
zeitlich zu verteilen. Dadurch kann man
mit weniger Lernzeit mehr lernen, als
wenn man en bloc durchbüffelt. Damit
man Wissen längerfristig behält, ist es
wichtig, Pausen zu machen – und damit
sind Pausen von Tagen gemeint. Eine
Regel lautet: zehn Prozent der verbleiben-
den Zeit bis zur Prüfung als Pauseninter-
vall zwischen zwei Lernzeiten einlegen.
Das heißt, wenn ich noch zehn Tage bis
zur Prüfung habe, sollte ich einen Tag
Pause zwischen den Lernphasen einle-
gen. Wer 100 Tage vorher anfängt, kann
sogar zehn Tage lang Pause machen. Das
ist effektiver, als jeden Tag zu büffeln.
Stimmt es eigentlich, dass der Schlaf
beim Lernen hilft?
Worauf kommt es beim Lernen an?
Prof. Dr. Frank Fischer:
Das Wichtigste
beim Lernen ist, die Lerninhalte so zu
verarbeiten, dass die neuen Informa-
tionen verknüpft werden mit bereits
vorhandenem Wissen, das im Langzeit-
gedächtnis gespeichert ist. Das ist das
A und O, wenn es um den Erwerb von
Wissen geht. Alles, was nicht mit Wis-
sen verknüpft werden kann, das schon
im Gedächtnis ist, wird vergessen. Und
zwar so, als hätte man es nie gehört. Es
gibt Lerntechniken, die dabei helfen, sein
Vorwissen zu aktivieren.
Welche Lerntechniken helfen beispiels-
weise Studenten gut?
Fischer:
Die Testing-Strategie, bei der
Prüfungsaufgaben geübt werden, ist zum
Beispiel nachweislich erfolgreich. Gut ist
es auch, auf einem weißen Blatt aufzu-
schreiben, woran man sich erinnert.
Baut man damit nicht Wissenslücken
auf? Was ist mit den Inhalten, die nicht
auf dem Blatt stehen?
Fischer:
Der Witz bei effektiven Lern-
strategien ist: Alles, was man macht, um
die neue Information überhaupt mit be-
stehendem Wissen zu verknüpfen, hilft
beim Lernen. Bei der Testing-Strategie übt
man darüber hinaus, Wissen abzurufen.
Und beim Abrufen strukturiert sich das
Wissen sogar noch um und man lernt da-
durch besser.
Manche lernen zehn Stunden am Tag.
Kann man so viel Lernstoff behalten?
Fischer:
Besser ist es, über einen langen
Zeitraum zu lernen und die Lerneinheiten
Wer sein Vorwissen aktiviert,
lernt deutlich besser
INTERVIEW/LERNFORSCHUNG.
Frank Fischer, Professor für Empirische Pädagogik und
Pädagogische Psychologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München, erklärt das
A und O beim Erwerb von Wissen: „Effektive Lerntechniken helfen Lernenden dabei,
an das Vorwissen anzuknüpfen.“ Seit dem Jahr 2009 koordiniert Fischer auch das
Munich Center of the Learning Sciences.
Foto: Christoph Olesinski, LMU
Professor Frank Fischer.
Seine Erkenntnisse zum
Thema Lernen helfen nicht
nur seinen Studenten.