Seite 43 - wirtschaft_und_weiterbildung_2014_02

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02_2014
wirtschaft + weiterbildung
43
dem Mitarbeiter und der Führungskraft
Gelegenheit, sich über all die Aspekte
auszutauschen, die im Alltag zu kurz
kommen. Hier ist die Zeit, sich mit der
kontinuierlichen Weiterentwicklung und
Optimierung der Leistung des Mitarbei-
ters auseinanderzusetzen, über Perspek-
tiven und Entwicklungsmöglichkeiten im
Unternehmen zu reden.
Der Reifegrad der Feedback-
kultur entscheidet
Will ein Unternehmen die Instrumente
Mitarbeitergespräch, Mitarbeiterbeurtei-
lung oder Zielvereinbarung als wirksame
Führungsinstrumente nutzen, lohnt es
sich, darüber nachzudenken, was getan
werden kann, um Mitarbeiter und Füh-
rungskräfte anzuregen, die zur Verfügung
gestellten Instrumente ernsthaft zu ihrem
eigenen Vorteil und zum Vorteil des Un-
ternehmens zu nutzen. Einen wichtigen
Teil zur Verbesserung der Handhabung
der Führungsinstrumente kann bereits
das Management eines Unternehmens
leisten. Das Management ist in der Ver-
antwortung, die Bedeutung und den
Nutzen der Instrumente immer wieder
herauszustellen. Das geht nicht über be-
drucktes Papier.
Die Unternehmensleitung muss das ge-
wünschte Verhalten vorleben und sich
selber befähigen, sehr gute Mitarbeiter-
gespräche zu führen. Die Bedeutung von
wertschätzenden Mitarbeitergesprächen
muss immer wieder betont und eingefor-
dert werden. Den Führungskräften muss
die notwendige Zeit gegeben werden,
womit zum Ausdruck gebracht wird, dass
das Führen von Mitarbeitergesprächen
und damit die Erfüllung des Führungsauf-
trags eine hohe Bedeutung hat. Wichtig
ist in Summe, Vorbild zu sein, das eigene
vorbildliche Handeln von den nachgeord-
neten Führungskräften zu fordern und
entsprechendes Feedback zu geben. Das
vorbildliche Handeln der Unternehmens-
leitung wird dann auch positiv auf die
Unternehmenskultur wirken.
Durch vorbildliches Handeln unterstützt
das Management seine Führungskräfte
bei der Entwicklung einer offenen Feed-
backkultur, in der es üblich ist, sich über
Leistung, Arbeitsergebnisse und Verhal-
ten offen auszutauschen. In dieser Kul-
tur werden Mitarbeitergespräche und
Beurteilungen geschätzt und aktiv ge-
nutzt. Für Unternehmen ist es wichtig,
bei der Implementierung von Mitarbei-
tergesprächen, Beurteilungen oder Ziel-
vereinbarungen zu prüfen, wie reif die
eigene Feedbackkultur ist. Inwieweit sind
Mitarbeiter und Führungskräfte vertraut
damit, offen über Leistung und Verhalten
zu sprechen? Vielleicht sind am Anfang
kleinere Schritte wie zum Beispiel ein
Mitarbeitergespräch ohne Bewertung der
richtige Weg.
Mitarbeiter und Führungskräfte haben
so die Chance, zu lernen, Feedback zu
geben und anzunehmen. Dann kann das
Instrument schrittweise in Richtung Be-
urteilung, Zielvereinbarung und sogar
Führungskräfte-Feedback ausgebaut wer-
den. Ganz sicher zum Scheitern verurteilt
ist, wenn Unternehmen feststellen, dass
ihre Führungskräfte generell zu wenig
mit den Mitarbeitern reden und dann ein
Mitarbeitergespräch mit Beurteilung und
Zielvereinbarung einführen. Ein solches
Vorgehen überfordert Führungskräfte und
Mitarbeiter gleichermaßen.
Neu: Feedback an den Chef
zum Beurteilungsgespräch
Ein weiterer wesentlicher Erfolgsfak-
tor besteht in der Qualifizierung der
Führungskräfte. Selbst wenn ein Unter-
nehmen eine grundsätzliche Führungs-
kräftequalifizierung etabliert hat, ist es
gut beraten, mit Blick auf die wichtige
Vorbildfunktion die Führungskräfte aller
Ebenen in der Gesprächsführung zu schu-
len. Es geht um das aktive Trainieren von
Gesprächsführungskompetenzen und
um das Verständnis, dass die Gespräche
wesentlicher Teil des Führungsauftrags
sind. Ein halber Tag reicht hier nicht. Es
ist durchaus verständlich, dass Unterneh-
men vor den hiermit verbundenen Inves-
titionen zurückschrecken. Werden aber
die Folgekosten schlechter Gespräche
dagegengerechnet, lohnt sich die Inves-
tition.
Einen Schritt weiter ist ein Unternehmen
gegangen, welches nach anfänglichen
Schwierigkeiten bei der Einführung von
Mitarbeiterbeurteilungen einen Neustart
für die erfolgreiche Etablierung der Mit-
arbeiterbeurteilung erreichen wollte. Im
Kommunikations- und Feedbackverhal-
tens. Die Umfrage des Instituts Konflikt-
management und Führungskommuni-
kation (IKuF) in Köln, in der etwa 160
Angestellte mehrerer Unternehmen und
ihre Vorgesetzten befragt wurden, zeigte,
dass Führungskräfte häufig ein verzerrtes
und vor allem zu positives Bild von ihrem
eigenen Kommunikations- und Feedback-
verhalten haben. Während 77 Prozent der
Führungskräfte überzeugt davon waren,
dass sie „gut“ oder „sehr gut“ in der Lage
sind, konstruktiv mit ihren Mitarbeitern
zu kommunizieren, bewerteten die Mit-
arbeiter ihre Vorgesetzten deutlich kriti-
scher: Jeder dritte Vorgesetzte erhielt für
das Feedbackgeben die Schulnote 4,0
oder schlechter. Die IKuF-Untersuchung
ergab auch, dass die befragten Führungs-
kräfte wiederum jedem Vierten ihrer di-
rekten Vorgesetzten die Noten 4, 5 oder
6 erteilten.
Eine weitere Umfrage vom Personaldia-
gnostikexperten „Metaberatung“ ergab,
dass 58 Prozent von den 1.100 befragten
Arbeitnehmern regelmäßige Feedback-
Gespräche und Zielvereinbarungen mit
ihrem Vorgesetzten als wichtig bewerte-
ten. Das Problem dahinter: Die Beurtei-
lung durch die Führungskräfte wurde von
55 Prozent der Arbeitnehmer als Fehlein-
schätzung aufgefasst, die der tatsächli-
chen Leistung nicht entsprechen würde.
Besonders gravierend: 61 Prozent der
Arbeitnehmer hatten den Eindruck, dass
ihre Vorgesetzten die jährlichen Mitarbei-
tergespräche als reines Pflichtprogramm
betrachteten. 47 Prozent der befragten
Arbeitnehmer kritisierten außerdem die
Unverbindlichkeit der Gespräche und er-
klärten, dass die Treffen zu nichts geführt
hätten. Das eigentliche Ziel sowie der
Nutzen von Mitarbeitergesprächen wur-
den deutlich verfehlt.
Grundsätzlich sind Mitarbeitergespräche,
Beurteilungen und Zielvereinbarungen
wertvolle Instrumente, die es Führungs-
kräften und Mitarbeitern ermöglichen,
sich über wichtige Themen auszutau-
schen, die im Arbeitsalltag zwischen
„Tür und Angel“ nicht genügend Berück-
sichtigung finden können. Die Kommu-
nikation ist hier häufig rein aufgabenbe-
zogen. Auch deswegen hat das jährliche
Mitarbeiter- oder Beurteilungsgespräch
einen besonderen Stellenwert: Es gibt