Seite 35 - wirtschaft_und_weiterbildung_2014_02

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02_2014
wirtschaft + weiterbildung
35
Gemeinsam durchleuchten sie die Kom-
petenzen und Aufgaben des (IT-)Exper-
ten: Über welche speziellen Fähigkeiten
verfügt er zum Beispiel aufgrund seines
beruflichen Werdegangs, seiner Tätigkeit,
seiner (Zusammen-)Arbeit mit anderen
Bereichen und Organisationen? Welche
dieser Kenntnisse sind erfolgskritisch?
Schritt 3:
Die Führungskraft bespricht mit dem (IT-)
Experten das geplante Coaching und holt
sein Commitment hierzu ein. Mit dem
Coach analysieren sie, über welches Spe-
zialwissen der (IT-)Experte im Detail ver-
fügt. Die Leitfragen dabei sind:
• Auf welchen Quellen basiert Ihr Wis-
sen?
• Welche Kompetenzen befähigen Sie für
Ihre Aufgaben?
• Welche Aufgaben erfüllen Sie aktuell?
Basierend auf diesem Gespräch erstellen
sie einen sogenannten Wissensbaum,
dessen Wurzeln die Quellen des Wis-
sens, der Stamm die Kompetenzen und
die Krone die aktuellen Aufgaben dar-
stellen. Diese Systematisierung hilft beim
Strukturieren des weiteren Prozesses und
versinnbildlicht das Lebenswerk des Wis-
sensgebers.
Schritt 4:
Auf Basis dieser Übersicht verständigen
sich die Führungskraft und der Coach da-
rüber, welches Wissen dem Nachfolger
des (IT-)Experten mit welcher Priorität
vermittelt werden soll. Entscheidend ist
dabei vor allem die Relevanz des Wissens
für das Unternehmen oder für eine rasche
Einarbeitung des Nachfolgers.
Schritt 5:
Nachdem dieser Rahmen feststeht, be-
ziehen die Führungskraft und der Coach
den Nachfolger des (IT-)Experten in das
Wissenstransfer-Coaching ein. Er wird
darüber informiert, wie der Transfer ab-
läuft, wozu er dient und um welche In-
halte es geht.
Schritt 6:
Die Führungskraft, der Coach sowie der
(IT-)Experte als Wissensgeber und sein
Nachfolger als Wissensnehmer treffen
sich zum Wissenstransfer-Auftakt. Ge-
meinsam erstellen sie einen Transferplan,
in dem auch steht, wie oft sich der (IT-)
Experte und sein Nachfolger (voraus-
sichtlich) treffen, welche Themen jeweils
behandelt werden und was beide zur Vor-
bereitung tun sollten.
Schritt 7:
In den Folgemonaten treffen sich der (IT-)
Experte und sein Nachfolger regelmäßig,
zum Beispiel alle drei Wochen, um das er-
folgskritische Wissen zu „transferieren“.
In diesen von dem Coach moderierten
Dialogen befassen sich der Wissensgeber
und der Wissensnehmer systematisch mit
den im Transferplan definierten Themen.
Dabei liegt der Fokus außer auf dem fach-
lichen Spezialwissen vor allem auf dem
Erfahrungswissen, das sich nur bedingt
verschriftlichen lässt. Solche Punkte kön-
nen sein:
• Stolperdrähte, über die man beim all-
täglichen Wahrnehmen der Funktion
schnell stürzt
• Faktoren, denen der künftige Stellen-
inhaber zum Beispiel aufgrund der
Historie eines Projekts ein besonderes
Augenmerk schenken sollte
• Faktoren, die es bei der Zusammenar-
beit mit anderen Bereichen und Organi-
sationen zu beachten gilt.
Schritt 8:
Nach dem eigentlichen Transferprozess
treffen sich die Führungskraft und der
Coach erneut mit dem Wissensgeber und
dem Wissensnehmer, um den Prozess zu
evaluieren. Vereinbart wird auch, inwie-
weit der Wissensgeber den Wissensneh-
mer weiterhin unterstützt – zum Beispiel,
indem er ihm als Tipp- und Ratgeber zur
Seite steht.
Bei planbaren Stellenwechseln erstreckt
sich der beschriebene Prozess über circa
ein halbes Jahr. Zuweilen ist ein so struk-
turiertes Vorgehen nicht möglich – zum
Beispiel, wenn das Unternehmen unter-
jährig vom geplanten Ausscheiden eines
Mitarbeiters erfährt. Dann wird das Pro-
zess-Design den jeweiligen Rahmenbe-
dingungen angepasst.
Inzwischen wird das Transfer-Coaching
seit drei Jahren bei Schwäbisch Hall prak-
tiziert – mit durchweg positiven Erfah-
rungen. Die Praxis hat gezeigt: Durch das
Transfer-Coaching erfolgt die Vermittlung
von erfolgskritischem Wissen in einer
deutlich systematisierteren Form, wo-
durch die Einarbeitung neuer Stelleninha-
ber schneller und reibungsloser gelingt.
Die Effizienzverluste bei Stellenwechseln
werden so in der überwiegenden Mehr-
heit der Fälle minimiert.
Die Erfahrung hat zudem gezeigt: Wis-
sensgeber und Wissensnehmer erfahren
das Transfer-Coaching als Zeichen der
Wertschätzung ihrer Person und Arbeit.
Den Wissensgebern wird vermittelt, dass
sie …
• in den zurückliegenden Jahren eine
wertvolle Arbeit für das Unternehmen
geleistet haben und
• dabei ein Know-how erwarben, das
Schwäbisch Hall nicht verlieren
möchte.
Den Wissensnehmern hingegen wird ver-
mittelt, dass
• es ihrem Arbeitgeber bewusst ist,
welch komplexe Aufgabe sie überneh-
men und
• er ihnen deshalb die erforderliche Un-
terstützung gewährt.
Gezeigt hat sich auch: Durch die gezielte
Reflexion, welches Wissen erfolgskritisch
ist, wird es allen Prozess-Beteiligten oft
erst bewusst, was zentrale Erfolgsfakto-
ren der Arbeit in ihrem Bereich sind. Das
führt häufig dazu, dass Abläufe neu defi-
niert und neue Standards für die (Zusam-
men-)Arbeit formuliert werden, wodurch
die Qualität der Leistung insgesamt steigt.
Bernadette Imkamp
Bernadette
Imkamp
ist Abteilungslei­
terin Personalbe­
treuung und Per­
sonalmarketing bei Schwäbisch Hall.
Sie betreut unter anderem das acht­
stufige Wissenstransfer-Coaching.
Schwäbisch Hall AG
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