personal- und organisationsentwicklung
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wirtschaft + weiterbildung
02_2014
erfolgsrelevanter Wissensbereiche und es
fehlt eine Systematisierung und Institutio-
nalisierung der Wissensweitergabe.
Zuweilen führen auch persönliche Befind-
lichkeiten dazu, dass ein Wissenstransfer
nur teilweise erfolgt. Hierzu zählen unter
anderem
• die Angst vieler Wissensgeber, die Wei-
tergabe ihres Wissens könne den Wert
ihrer Arbeitskraft schmälern
• die Angst vieler potenzieller Wissens-
nehmer, ihre Bitte um Information
könne als Zeichen von Inkompetenz
interpretiert werden.
Deshalb ist es wichtig, den Prozess der
Wissensweitergabe durch ein neutrales
Coaching zu begleiten – auch weil den
aktuellen Stelleninhabern oft nicht be-
wusst ist, wie viel erfolgsrelevantes Wis-
sen sie haben. Die künftigen Stelleninha-
ber hingegen wissen meist noch nicht,
was das erfolgskritische Wissen bei ihrer
künftigen Tätigkeit ist. Also können sie es
nicht erfragen.
Vor diesem Hintergrund startete die Bau-
sparkasse Schwäbisch Hall im Jahr 2010
ein Pilot-Projekt zum Thema Wissens
transfer-Coaching. Nach bestandenem
Praxistest wurde dieses Coaching im Jahr
2011 offiziell als Personal- und Wissens-
managementinstrument eingeführt. Das
Wissenstransfer-Coaching soll die Fach-
bereiche dabei unterstützen, die für ihre
Aufgaben notwendige Wissensbasis stabil
zu halten. Zum Einsatz kommt es nur bei
erfolgskritischem Know-how (vor allem
bei rarem Expertenwissen).
Angestoßen wird ein Wissenstransfer-
Coaching-Prozess im Normalfall bei
den jährlich stattfindenden Personal-
managementgesprächen zwischen den
Führungskräften in den Fachbereichen
und den Vertretern des Personalbereichs.
Dabei besprechen die Beteiligten, welche
Mitarbeiter (voraussichtlich) ausscheiden
– zum Beispiel, weil sie das Rentenalter
erreichen oder eine andere Position über-
nehmen. Sie ermitteln auch, welche die-
ser Mitarbeiter Träger erfolgskritischen
Wissens sind und deshalb ein Transfer-
Coaching sinnvoll wäre.
Die acht Coaching-Schritte
beim Transfer-Prozess
Ein besonderes Augenmerk liegt dabei
auf den IT-Experten, die in ihrem Ar-
beitsleben zum Beispiel Spezialwissen zu
zentralen Anwendungsprogrammen oder
Großrechneranlagen erworben haben.
Der Wissenstransfer besteht im Einzelnen
aus acht Schritten:
Schritt 1:
Die Führungskraft des (IT-)Experten und
der Vertreter des Personalbereichs be-
leuchten die Ausgangssituation: Wann
verlässt der (IT-)Experte die Abteilung
wohin? Wer wird sein (voraussichtlicher)
Nachfolger sein? Arbeitet er bereits für
Schwäbisch Hall? Warum ist der (IT-)
Experte Träger von erfolgskritischem
Wissen? Welchen Charakter hat dieses
Wissen? Wie könnte der Wissenstransfer
erfolgen?
Schritt 2:
Nach dieser Erstanalyse beauftragt die
Führungskraft einen Coach von Schwä-
bisch Hall Training (SHT), einem Toch-
terunternehmen der Bausparkasse, den
Wissenstransfer-Prozess zu begleiten.
In jedem Unternehmen gibt es Wissen,
das nicht verloren gehen darf, wenn
das Unternehmen erfolgreich arbeiten
möchte. Dieses erfolgskritische Wissen
ist oft personengebunden. Also stellt ein
Abwandern oder Ausscheiden der Wis-
sensträger ein operatives Risiko dar. Die-
ses Risiko einer Wissenserosion wird sich
in den kommenden Jahren erhöhen, da
aufgrund der Altersstruktur ihrer Beleg-
schaften mehr Mitarbeiter aus dem Be-
rufsleben ausscheiden. Außerdem rücken
mit der viel zitierten Generation Y junge
Leistungsträger nach, die sich oft nicht so
fest und dauerhaft wie ihre älteren Kolle-
gen an einen Arbeitgeber binden.
Wachsende Herausforderung
„Wissenstransfer“
Deshalb wird es für Unternehmen zu-
nehmend wichtig sicherzustellen, dass
erfolgskritisches Wissen sich nicht „ver-
abschiedet“. Probleme treten hiermit vor
allem beim Erfahrungswissen auf. Denn
dieses Wissen ist oft nur in den Köpfen
der Wissensträger verankert und nicht
schriftlich dokumentiert.
In diesen Fällen ist ein Transfer des er-
folgskritischen Wissens von den Mit-
arbeitern, die dieses aktuell haben, auf
diejenigen, die es künftig (auch) besitzen
sollen, oft der einzig gangbare Weg, um
das Wissen in der Organisation zu be-
wahren. Ein solcher Wissenstransfer er-
folgt im Betriebsalltag häufig noch nicht
– unter anderem aus folgenden Gründen:
Es mangelt im Tagesgeschäft an Zeit, die
Notwendigkeit eines Wissenstransfers
wird zu spät gesehen, es fehlt eine Sys-
tematik beim Erkennen und Abgrenzen
Mit Coaching gegen
Know-how-Verlust
SCHWÄBISCH HALL.
Wenn Mitarbeiter den Arbeitgeber verlassen, geht oft
erfolgskritisches Wissen verloren. Coachs können das verhindern, indem sie den
Wissenstransfer planen und begleiten. Ein Beispiel der Bausparkasse Schwäbisch Hall
zeigt, wie es geht.