Seite 33 - wirtschaft_und_weiterbildung_2014_02

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02_2014
wirtschaft + weiterbildung
33
Das deutsche Ausbildungssystem gilt
inzwischen als Exportschlager …
Niggemann:
Ja, das stimmt. Seit einiger
Zeit ist es in China auf hoher politischer
Ebene gewollt, die duale Ausbildung flä-
chendeckend einzuführen. Inzwischen
gibt es Vereinbarungen zwischen der chi-
nesischen und deutschen Regierung.
Kann man das deutsche System denn
einfach so auf die Gegebenheiten in
China übertragen?
Niggemann:
Es muss natürlich an die
Gegebenheiten in China angepasst wer-
den. Das ist nicht ganz einfach, da das
Ausbildungssystem dort ein ganz anderes
ist. In China gibt es zwar berufliche Schu-
len; die sind jedoch sehr theoretisch ori-
entiert. Noch wird eine solche praktische
Ausbildung nicht als wertig wahrgenom-
men. Aber wir sind auf einem guten Weg.
Jedes Jahr stellen wir vier bis fünf Azubis
ein. Das sind noch nicht viele. Doch es
braucht Zeit, um Akzeptanz zu schaffen
und die jungen Leute dafür zu begeistern.
Bieten Sie neben der Ausbildung auch
duale Studiengänge an?
Niggemann:
Nein, die gibt es bisher noch
nicht. Wir bieten Studenten dafür die
Möglichkeit, in dreimonatigen Praktika
bei uns Praxiserfahrung zu sammeln.
Das ist in China bisher noch nicht die
Regel. Zudem zeichnen wir chinesische
Studenten aus und unterstützen diese.
Außerdem stellen wir Verbindungen und
Kooperationen zwischen deutschen und
chinesischen Hochschulen her, um den
Austausch zu fördern. Uns ist es dabei
wichtig, Wissen ins Unternehmen zu
holen und so die Innovation zu steigern.
Unser Fokus ist nicht die Rekrutierung
nach dem Studium. Es ist bei uns fast
eher eine Art erfolgreiches Abfallprodukt,
wenn wir gute Studenten nach einer Ab-
schlussarbeit übernehmen.
Und welche Weiterbildungsmaßnahmen
bieten Sie in der Akademie an?
Niggemann:
Im Trainingscenter werden
Soft Skills genauso geschult wie pro-
duktspezifisches Know-how. Wir bieten
zum Beispiel interkulturelle Trainings an,
um die Zusammenarbeit zwischen chine-
sischen und deutschen Mitarbeitern zu
fördern und zu stärken. Daneben gibt es
auch Führungskräfteseminare oder Excel-
Schulungen. Der fachliche Trainingsbe-
reich wird mit hauptamtlichen Trainern
durchgeführt. Sie vermitteln unseren
Mitarbeitern die Komplexität unserer Pro-
dukte und deren Applikationen. Wir pro-
duzieren schließlich 40.000 verschiedene
Artikel und beliefern unterschiedlichste
Branchen.
Wie schwierig ist es, dafür gute Trainer in
China zu finden?
Niggemann:
Das ist nicht einfach. Denn
die Trainer müssen einerseits die wesent-
lichen Fachqualifikationen besitzen und
die Produkte und Anwendungen kennen.
Andererseits brauchen sie natürlich auch
didaktische Kompetenzen. Solche Trai-
ner sind aber auch in Deutschland nicht
leicht zu finden. Wir schulen neue Trainer
oft noch im fachlichen wie didaktischen
Know-how. Dafür nutzen wir Präsenztrai-
nings und web-basierte Schulungen – in
Richtung eines Blended Learnings.
Wie viele Trainer beschäftigen Sie derzeit
in China?
Niggemann:
Im Moment sind es haupt-
amtlich drei Trainer in China, plus etwa
15 Teilzeittrainer – das sind Mitarbeiter
aus den Unternehmensbereichen, die
einen Teil ihrer Arbeitszeit für Trainings
aufbringen. So halten zum Beispiel un-
sere IT-Spezialisten auch Software-Schu-
lungen ab. Soft Skills oder Sprachkurse
werden von externen Trainern geleitet.
Dafür haben wir ein Netzwerk aufgebaut.
Wie sehen die Zukunftspläne aus? Soll
die Akademie künftig noch ausgebaut
werden?
Niggemann:
Die grundlegenden Heraus-
forderungen haben sich in den letzten
Jahren nicht wesentlich verändert. Da wir
ein global agierendes Unternehmen sind
und kontinuierlich wachsen, werden wir
unser Bildungsangebot und unser Netz-
werk auch in Zukunft bedarfsorientiert
weiter ausbauen – und das weltweit, kon-
tinuierlich und nachhaltig.
Kristina Enderle da Silva
Foto: Weidmüller
Dr. Eberhard Niggemann.
Neben der Akademie in
Detmold leitet er nun auch
die Weidmüller Academy
Asia in Shanghai.