Seite 28 - wirtschaft_und_weiterbildung_2014_02

Basic HTML-Version

personal- und organisationsentwicklung
28
wirtschaft + weiterbildung
02_2014
Einzel- und Gruppeninterviews neben
umfangreicheren Online-Befragungen
hilfreich sein. Wichtig ist es, sowohl Mit-
arbeiter wie Führungskräfte zu befragen
und geschlechterbezogen auszuwerten.
Analyseergebnis sind die individuellen
Aufstiegsbarrieren im Unternehmen und
die sich daraus ableitbaren Handlungsfel-
der (siehe Abbildung auf Seite 29).
Neben der qualitativen Evaluation ist eine
umfangreiche Datenanalyse notwendig,
um mögliche Gender-Unterschiede bei
der Rekrutierung, der Personalentwick-
lung, den Entgeltstrukturen, den Arbeits-
zeiten und Arbeitszeitunterbrechungen
zu ermitteln. Diese Auswertungen sind
für das gesamte Unternehmen, aber
auch für jeden Unternehmensbereich zu
machen, um bereichsspezifische Unter-
schiede herauszuarbeiten.
Phase 2:
Konzept
Auf Basis der erhobenen Informationen
und Daten kann ein Konzept zur Erhö-
hung der Frauenanteile in Führungspo-
sitionen entwickelt werden. In diesem
Konzept sollte die Ist-Situation des Un-
ternehmens umfassend beschrieben sein.
Hierzu sollten wichtige Kennzahlen und
Gender-Gaps hervorgehoben werden. Da-
neben ist es wichtig, ein realistisches Ziel
mit einem angemessenen Zeitfenster vor-
zuschlagen. Diesem Ziel ist eine detail-
lierte Nutzenbeschreibung für das Unter-
nehmen gegenüberzustellen. Von großer
Relevanz ist schließlich eine Empfehlung
zur Einbindung in die Unternehmensstra-
tegie. Zu diesem Zeitpunkt ist es noch
nicht sinnvoll, konkrete Maßnahmen
vorzuschlagen. Diese sollten in jedem
Fall unter Mitwirkung des Managements
entwickelt werden. Orientierung für die
mögliche Umsetzung kann im Konzept
die Beschreibung der Handlungsfelder
geben, die Ergebnis der qualitativen
Analyse sind. Entscheidend ist, dass das
Konzept durch die Geschäftsleitung be-
ziehungsweise den Gesamtvorstand ver-
abschiedet wird.
Phase 3:
Kommunikation
Die anschließende unternehmensinterne
Kommunikation ist top down durch den
Vorstand beziehungsweise die Geschäfts-
führung zu initiieren. Das Commitment
und die Einbindung des Topmanagements
stehen dabei an erster Stelle. Neben einer
allgemeinen Bewusstseinsschärfung,
warum Frauenförderung sinnvoll und
notwendig ist, muss das Topmanagement
für die Veränderungen motiviert werden.
Dies gelingt am ehesten, indem man den
Nutzen für das Unternehmen und die
einzelnen Geschäftsbereiche transparent
darstellt. Aufgabe des Topmanagements
ist es dann, individuelle Ziele für den
Verantwortungsbereich zu formulieren
und den Kommunikationsprozess mit
den Führungskräften im eigenen Bereich
fortzusetzen. Um die Verbindlichkeit der
angestrebten Ziele zu erhöhen, bietet es
sich an, diese in die individuellen Ziel-
vereinbarungen der Führungskräfte auf-
zunehmen. Dabei sollten aber nur solche
Ziele vereinbart werden, die vonseiten
der Führungskräfte beeinflussbar sind
und die direkt auf die Erhöhung der Frau-
enanteile im Management wirken.
Die Kommunikation der Ziele zum Thema
„Frauen in Führungspositionen“ ist ein
hochsensibler Prozess. Ohne Transparenz
und ohne konkrete Beschreibung, wie die
Ziele erreicht werden sollen, kann es zum
Beispiel passieren, dass die Förderung
von Frauen als „Karriereaus“ für Män-
ner missverstanden wird. Männer haben
dann gegebenenfalls die Vorstellung, dass
ausschließlich Frauen gefördert werden
und Frauen haben vielleicht die Sorge,
eine Sonderbehandlung zu bekommen.
Ziel sollte es daher sein, von Beginn an
deutlich zu machen, dass alle Talente im
Unternehmen gebraucht und gefördert
werden: Frauen und Männer.
Daneben ist es wichtig, dass unterneh-
mensindividuell unterschiedliche Infor-
mationswege und -möglichkeiten genutzt
werden. Ideal ist es, wenn das Konzept
in bestehende Programme für Führungs-
kräfte integriert wird und dort praxisnah
der Nutzen und die Umsetzung bespro-
chen werden. Der Umsetzungsprozess
wird unterstützt, wenn regelmäßig über
aktuelle Fortschritte berichtet wird. Kon-
krete Beispiele unter Einbindung des Vor-
stands und des Topmanagements unter-
streichen die Relevanz des Themas und
schaffen Nachhaltigkeit.
Phase 4:
Maßnahmen
In der nächsten Phase steht die Konzep-
tion und Umsetzung der Maßnahmen
an, die sich aus den individuellen Auf-
stiegsbarrieren und Handlungsfeldern
ergeben. Um die für das Unternehmen
passenden Maßnahmen zu entwickeln,
bietet es sich an, dass die Ideen und Vor-
schläge aus den Unternehmensbereichen
kommen. Dadurch kann sehr schnell
festgestellt werden, wo die gemeinsame
Schnittmenge ist und welche Angebote
mit einer höheren Priorisierung möglichst
zügig für das gesamte Unternehmen um-
zusetzen sind. Andere Maßnahmen sind
gegebenenfalls nur für wenige oder even-
tuell nur für einen einzelnen Unterneh-
mensbereich relevant. Dieses Vorgehen
vermeidet nicht nur das Gießkannen-
prinzip, sondern erhöht die Ideenfindung
und das Commitment des Managements.
Ein geeigneter Weg, um den Prozess der
Maßnahmenfindung und Konzeption zu
R
Jutta Wolf
absolvierte nach
ihrem BWL-Stu-
dium eine Trainee-
Ausbildung bei der
Commerzbank AG. Sie ist in der Per-
sonalabteilung des Unternehmens für
das Diversity Management zuständig,
unter anderem für das Handlungsfeld
„Frauen in der Bank“ und „Frauen in
Führungspositionen“.
Jutta Wolf
Mainzer Landstraße 37
60329 Frankfurt am Main
069 136 42380
AUTOR
Quelle.
Der Artikel ist im Fachbuch „Perso-
nalentwicklung“ (Haufe 2013) erschienen,
das jährlich von Karlheinz Schwuchow und
Joachim Gutmann herausgegeben wird.