Seite 46 - wirtschaft_und_weiterbildung_2014_09

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wirtschaft + weiterbildung
09_2014
Hauptproblem. Das zentrale Problem liegt
meines Erachtens darin, dass der Autor
für den quasi-theoretischen Hintergrund
seiner Studie eine Analogie zwischen Me-
dizin und Coaching herstellt: Jedes Medi-
kament wird auf Nebenwirkungen unter-
sucht, warum also nicht auch Coaching?
Wenn es Hauptwirkungen gibt, muss es
doch auch unerwünschte Nebenwirkun-
gen geben?
„Ist der Coach ein Arzt, der
eine Diagnose stellt?“
Die strukturelle Analogie „Coach-Coa-
ching-Klient-Anliegen“ verhält sich wie
„Arzt-Medikament-Patient-Krankheit“
wird hergestellt. Wie gefährlich dieser
Analogieschluss ist und wie sehr er die
erfolgreichen Bemühungen der Professi-
ons- und Qualitätsentwicklung im Coa-
ching der letzten Jahre konterkariert,
wird einem besonders klar, wenn man
die Analogie weiterdenkt: Der „Coach
als Arzt“, der wissend seine Diagnose
stellt, die richtige Therapie auswählt und
Medizin verordnet. „Coaching als Medi-
kament“, das man verabreichen kann,
der „Klient als Patient“, der sich einer
Behandlung unterzieht und schließlich
das „Coaching-Anliegen als Krankheit“,
welche es zu heilen oder zu lindern gilt
Mit voyeuristischer Genugtuung wird von
der interessierten Coaching- und Perso-
nalergemeinde zur Kenntnis genommen,
was sowie schon jeder wusste: Interakti-
onen zwischen Menschen können nicht
linear-kausal beeinflusst werden.
Wie in jeder anderen Beziehung sind
auch in der Coaching-Beziehung die Wir-
kungen der Interventionen des Coachs
nicht planmäßig erzielbar. Was für eine
Überraschung! Und welch immensen
Erkenntnisgewinn hat uns der Autor der
Studie „Zu Risiken und Nebenwirkungen
lesen Sie … Negative Effekte von Coa-
ching“ hier beschert. Die Banalität des
Outputs dieser Studie ist jedoch nicht das
Coaching als Pille mit
„Nebenwirkungen“?
DISPUT.
In unserem Juni-Heft hatten wir eine Studie von Professor Carsten Schermuly,
Berlin, vorgestellt, die die negativen „Nebenwirkungen“ von Coaching-Sitzungen unter-
sucht. Dr. Thomas Bachmann, Artop GmbH, Berlin, kritisiert in diesem Meinungsbeitrag
nachdrücklich die strukturelle Analogie, dass sich „Coach-Coaching-Klient-Anliegen“
verhalte wie „Arzt-Medikament-Patient-Krankheit“.
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