Seite 51 - wirtschaft_und_weiterbildung_2013_05

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05_2014
wirtschaft + weiterbildung
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seines Planspiels lautete: „Versuch eines
aufs Schachspiel gebaueten taktischen
Spiels von zwey und mehreren Personen
zu spielen“. Das Planspiel wurde von
Prof. Dr. Rolf Nohr, Braunschweig Univer-
sity of Art, Institut für Medienforschung,
und seinem Team rekonstruiert. Hellwigs
schachbasiertes Kriegsspiel von 1780
steht im engen Zusammenhang mit vie-
len anderen Strategie- und Taktikspielen.
„Das Hellwig‘sche Spiel besteht aus einer
Spielanleitung in Buchform, einem Spiel-
brett sowie aus durch den Benutzer noch
selbst herzustellenden Spielfiguren“, er-
klärt der Medienwissenschaftler Nohr.
„Die Spielanleitung ist als eine Form des
Algorithmus der Spielstärke, Mobilität
und Effektivität der Spielfiguren zu ver-
stehen, die wiederum als Platzhalter für
Infanteriebataillone, Kavallerieeska­drone
oder Artilleriebatterien stehen.“ Das
Spielbrett stellt variable unterschiedliche
Geländeformen dar und kann mithilfe
von Brücken oder brennenden Gebäuden
variabel gestaltet und fiktiven wie realen
Geländeformen angepasst werden. Der
Anspruch von Hellwig war es, eine kos-
tengünstige und spielbare Kriegssimula-
tion zu erschaffen. Zu diesem Planspiel
wird es für die Besucher einen Workshop
auf der ISAGA 2014 in Dornbirn geben
und einige Demo-Runden sollen es er-
fahrbar machen.
Auch verschiedene Spiele, die heute als
„Gesellschaftsspiele“ bekannt sind, orien-
tieren sich ursprünglich an einem päda-
gogischen Zweck und sind durchaus als
„brettbasierte haptische Planspiele“ zu
begreifen. Elizabeth Magie entwickelte
1903 „The Landlord Game” zu Grundbe-
sitz und Steuern. Es stellt die Urversion
des heute sehr bekannten Spiels „Mono-
poly” dar.
Urform des Monopoly war
recht gesellschaftskritisch
Magie entwickelte es als Lernspiel mit
durchaus gesellschaftskritischem Hin-
tergrund. Sie wollte die „Macht“ und die
negativen Auswüchse des Monopols und
des kapitalistischen Prinzips in Bezug auf
Land- und Immobilienbesitz demonstrie-
ren. Die Spieler sollten diese Ungerechtig-
keiten am eigenen Leib erfahren – zum
Beispiel durch das frühe Ausscheiden aus
dem Spiel durch Bankrott, als Analogie
zur Arbeits- und Wertlosigkeit von Men-
schen, die nicht mehr „Teil des Spiels“
sein können, weil sie nicht mehr genug
Reichtum besitzen.
So gesehen ist das Spiel durchaus in Teil-
aspekten eine Abbildung und Simulation
eines Wirtschaftssystems. 1934 wurde
das Patent an Parker Brothers verkauft,
die es als „Monopoly” ab 1935 weltweit
populär machten. Die erste österreichi-
sche Version von „Monopoly“ erschien
1936 unter dem Namen „Spekulation“
bei Stomo in Wien. Es zeigt verschiedene
Straßen und sehenswerte österreichische
Orte wie auch den Bodensee und die Vor-
arlberger Landeshauptstadt Bregenz.
Ein weiteres Ausstellungs-Highlight mit
unmittelbarem Regionalbezug zum Kon-
ferenzort ist „Topsim Petrol“. Es stellt
das erste deutsche Wirtschaftsplanspiel
für Personalcomputer aus den 1980er-
Jahren dar. Dieses Planspiel wurde von
Unicon (später Topsim, heute Tata Inter-
active Systems) für den Mineralölkonzern
Aral enwickelt. Im Spielszenario geht es
um das Management einer Tankstelle in
Lindau am Bodensee, nur wenige Kilome-
ter entfernt von Dornbirn.
„Topsim Petrol“ wird auf dem Kongress
auf authentischen Computern der 1980er-
Jahre spielbar gemacht werden (MS-Dos).
Prof. Dr. Nils Högsdal, früherer Geschäfts-
führer von Topsim, pflegt das Spiel mit
folgenen Worten zu eröffnen: „Stellen Sie
sich vor, Sie wachen eines Morgens als
neuer Manager einer Tankstelle in Lindau
auf. Ihre Aralstation ist nur zwei Kilome-
ter von der österreichischen Grenze ent-
fernt. Damals war das noch eine echte
Grenze! Sie müssen verschiedenste Ent-
scheidungen treffen, um Ihre Tankstelle
profitabel zu führen. Sollen Sie in ein an-
geschlossenes Restaurant, eine Waschan-
lage oder einen Laden investieren? Wie
entlohnen Sie ihre Mitarbeiter? Wie ge-
stalten Sie Preise von Reifen, Motorölen
und Straßenkarten?“
Als Abbild der damaligen Zeit werden im
Planspiel noch Produkte angeboten, die
es heute gar nicht mehr gibt. Aber auch
hinsichtlich des „Genderaspekts“ ist die-
ses Planspiel interessant: Die Ehefrau des
Managers bekommt für ihre Arbeitskraft
den geringsten (wenn überhaupt einen)
Schachspiel.
Das
Spiel der Könige
schult Denk- und
Handlungskompe-
tenzen, die in jeder
Führungssituation
nützlich sein können.