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05_2014
wirtschaft + weiterbildung
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US-Neuerscheinung: Feedback besser „verdauen“
Feedback sorgt laut Heen und Stone bei den meisten
Menschen für zwei ganz unterschiedliche Reaktionen.
Zum einen wollen sie sich weiter entwickeln und freuen
sich über jede Rückmeldung. Zum anderen haben sie
das Bedürfnis, so akzeptiert zu werden, wie sie sind und
empfinden Feedback als Angriff auf ihr Selbstbild. Um
Feedback besser verarbeiten zu können, sollte man diese
unterschiedlichen Gefühle einfach vergessen.
Besser sollte man sich fragen, welche Reaktionsmuster
man sich im Laufe seines Lebens angewöhnt habe, um
Feedback von sich zu weisen. Manche Menschen blieben
zum Beispiel sachlich: „Das bin ich nicht“. Andere reagier-
ten auf der Beziehungsebene und schlügen zurück mit
Sätzen wie: „Du hast es gerade nötig. Für wen hältst du
dich eigentlich?“. Die dritte Möglichkeit, auf Feedback zu
reagieren, bestehe darin, sich auf übertriebene Art selbst
anzuklagen: „Ich mache wirklich alles falsch.“
Erstmal hinterfragen
Sheila Heen und Douglas Stone, Mitbegründer der Triad
Consulting Group, empfehlen, keine dieser drei Abwehr-
oder Verdrängungsmuster zu nutzen. Die einzig sinnvolle
Art, auf Feedback zu reagieren, besteht ihrer Meinung nach
darin, vertiefende Fragen zu stellen, um nach brauchba-
ren Informationen zur eigenen Entwicklung zu suchen. Wer
sich auf der Inhaltsebene angegriffen fühle, sollte gelas-
sen reagieren mit Fragen wie: „Können Sie mir ein Beispiel
geben?“. Auf der Beziehungsebene könnte man in Ruhe
zurückfragen: „Helfen Sie mir bitte zunächst, Ihr Feedback
zu verstehen. Geht es um Dinge, die unser Verhältnis zuei-
nander betreffen?“. Wer sich auf der Identitätsebene ver-
letzt sieht, sollte das Feedback konkretisieren: „Können
Sie mir helfen, Ihr Feedback einzugrenzen, damit ich es
aus dem richtigen Blickwinkel betrachten kann?“
Den Autoren zufolge setzt der richtige Umgang mit Feed-
back eine möglichst genaue Analyse voraus. Es gilt her-
auszufinden, was den Feedback-Geber zu seiner Aussage
verleitet hat, auf welche Situation er sich konkret bezieht
und was er vom Feedback-Empfänger erwartet. Sinnvoll
sei es, wenn man einen Feedback-Geber um einen (und
nur einen) konkreten Ratschlag bitte. Dann tue man sich
leichter mit der Umsetzung des Feedbacks. Wenn man in
jedem Quartal zwei oder drei Personen anspräche und sie
um eine kurze Kritik bitte, dann sei das auf mittlere Sicht
Buchtipp.
Am 4. März erschien im New Yorker Verlag Viking Adult (Penguin Group) das Buch
„Thanks for the Feedback: The Science and Art of Receiving Feedback Well”. Es stammt von den
Harvard-Verhandlungsexperten Sheila Heen und Douglas Stone und beschreibt, wie Menschen
Feedback besser nutzen können.
der beste Weg, sich selbst zu entwickeln und die Zusam-
menarbeit mit anderen reibungsloser werden zu lassen.
Untersuchungen haben laut Sheen und Stone gezeigt,
dass Mitarbeiter, die ausdrücklich um ein konkretes, kri-
tisches Feedback gebeten hatten, von ihren Kollegen und
ihren Chefs für ernsthafter und ehrgeiziger als der Rest der
Belegschaft gehalten wurden. So sei es kein Wunder, dass
deren Beförderung schneller gekommen sei.
Selbstbild erweitern
Douglas Stone und Sheila Heen forschen und unterrich-
ten an der berühmten Harvard Law School. Die Autoren
sind außerdem seit Jahren als Berater für Kommunikation
und Verhandlungstechniken in Politik und Wirtschaft tätig.
Zusammen mit Bruce Patton, dem Co-Autor des ameri-
kanischen Bestsellers „Getting to Yes“ („Das Harvard-
Konzept“), haben sie im Jahr 2000 auch ein Buch auf
Deutsch veröffentlicht. Es trägt den Titel „Offen gesagt!“
und erschien damals im Verlag Goldmann.
Das Buch „Offen gesagt“ bearbeitete schon damals Kom-
munikationsprobleme auf drei Ebenen: 1. Sachebene
(„Was ist passiert?“), 2. Gefühlsebene (eigene und
fremde Gefühle ohne Werturteile unter die Lupe nehmen),
3. Identitätsebene (Selbstbild durch gezieltes Nachfragen
erweitern). Mit diesen und anderen Strategien haben die
Autoren in vielen Fällen verhindert, dass Verhandlungen in
einem Streit über die „Wahrheit“ endeten.
Beleidigt.
„Du bist hier
das Problem, nicht
ich“, scheint die Ant-
wort dieses Herren auf
ein Kollegen-Feedback
zu sein.