Seite 33 - wirtschaft_und_weiterbildung_2013_05

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05_2014
wirtschaft + weiterbildung
33
Erwartungen.
Die Studierenden wissen, dass sie beim Berufsein-
stieg auch die Anforderungen an ihre Soft Skills erfüllen müssen.
Seminar.
Debatten, Rollenspiele und Feedbackrunden helfen den
Studierenden und Doktoranden, die Kenntnisse zu verinnerlichen.
einen stärkeren Hinweis dafür, dass diese
Fähigkeiten beim Kandidaten vorhanden
sind. Der Nachweis allein ist aber noch
keine Garantie dafür, dass der Kandidat
diese Fähigkeit in der Praxis auch wirk-
lich einsetzen kann. Vielmehr kommt
es darauf an, inwiefern die erworbenen
Kenntnisse schon verinnerlicht und an-
gewendet werden. Darum gehören auch
Authentizität und lebenslange Lernbereit-
schaft zu den Erfolgskriterien.
Studierende erkennen Bedarf
Bei dieser lebenslangen Lernbereitschaft
setzen auch die Trainings an, die AEC
an der Uni Bamberg, Erlangen und der
Hochschule Coburg durchführt. Als die
ersten Vorlesungen im Jahr 2005 gehalten
wurden, hatten cirka 90 Prozent der Stu-
dierenden die Bedeutung von Soft Skills
noch deutlich unterschätzt. Heute hat das
Interesse an der persönlichen Weiterent-
wicklung bei Studierenden wesentlich zu-
genommen. Auch sie haben erkannt, dass
ihnen der Nachweis von Soft Skills und
damit der Nachweis von großer Lernbe-
reitschaft beim Berufseinstieg weiterhilft.
Über 800 Studierende haben inzwischen
die Vorlesungen besucht.
Wie lassen sich nun diese Soft Skills ver-
mitteln? Unabhängig von der späteren
Aufgabe und Rolle, die ein Absolvent in
einem Unternehmen wahrnimmt, spielt
immer die eigene Persönlichkeit eine
große Rolle. Einfluss auf das Verhalten
nehmen innere Einstellungen, Werte und
Motive. Wer sich seiner Persönlichkeit
bewusst ist, seine Stärken und Begren-
zungen kennt und akzeptiert, der kann
seine Erfolgskriterien wesentlich effizien-
ter nutzen als andere. Um dies den Stu-
dierenden zu verdeutlichen, führen diese
schon vor der Vorlesung einen Test zur
Potenzialanalyse durch. Damit lernen
sie in der Vorlesung die Ausprägungen
ihrer persönlichen Verhaltenspräferen-
zen kennen. Zusätzlich erweitern sie
ihre Menschenkenntnisse und lernen zu
verstehen, dass andere Menschen un-
terschiedlich beobachten, wahrnehmen
sowie interpretieren und Wert auf andere
Verhaltensweisen legen.
Um diese Persönlichkeitsausprägungen
zu erleben, führen die Studierenden ge-
zielte Kommunikationsübungen in Form
von Rollenspielen durch, die mit einer
Videokamera aufgezeichnet werden. In
einer anschließenden Nachbetrachtung
werden Sprach- und Verhaltensmuster
bewusst gemacht.
Weiterhin stellen die Studierenden in
Übungen konfliktbehaftete Projektma-
nagement-Szenarien aus realen Praxis-
beispielen nach, um zu lernen, wie man
Konflikte löst. Dabei stellt sich oft her-
aus, dass die Studierenden versuchen,
die Konflikte auf der reinen Sachebene
zu lösen – was nur selten gut gelingt.
In einer gemeinsamen Reflexion lernen
sie dann, ihre Menschenkenntnisse an-
zuwenden und zu vertiefen. Sie werden
dafür sensibilisiert, die verborgenen
Bereiche des sogenannten „Kommuni-
kations-Eisbergs“ zu beachten und ihre
Gesprächspartner dort abzuholen. Das ist
für viele Teilnehmer ein Aha-Erlebnis.
Gerade bei technischen Unternehmen ist
Team- und Projektarbeit sowie Kunden­
orientierung immer ein wichtiges Thema.
Auf diese Aufgabenstellung werden die
Studierenden in der Vorlesung „Führung
ohne disziplinarische Personalverant-
wortung“ gezielt vorbereitet. Sie lernen,
wie sie aus der Rolle des Projektleiters ihr
Team zusammenstellen und führen kön-
nen. Zu wissen, was Kriterien guter und
schlechter Führung sind, soll ihnen hel-
fen, Anfängerfehler möglichst zu vermei-
den. Dabei wird viel in Kleingruppen mit
Ergebnispräsentationen sowie gemeinsa-
men Reflexionen gearbeitet.
Lerntransfer sicherstellen
Wenn die Studierenden in das Arbeitsle-
ben eintreten, können sie auf Basis der
Vorlesungen schon einige soziale Fähig-
keiten anwenden. Die Personalentwickler
sind an dieser Stelle gefordert, den Trans-
fer der erlernten Soft Skills in die Pra-
xis zu fördern. Eine bewährte Methode
dafür, die sich einfach realisieren lässt,
sind Selbst- und Fremdbildeinschätzun-
gen. Unternehmen können zum Beispiel
die Jobeinsteiger zu Beginn der Tätigkeit
eine Selbsteinschätzung über unterneh-
mensrelevante Soft Skills vornehmen
lassen. Nach sechs bis zwölf Monaten
kann der Vorgesetzte aus Beobachtungen
eine Fremdeinschätzung durchführen. In
einem Mitarbeitergespräch haben dann
Vorgesetzter und neue Mitarbeiter die
Gelegenheit, über die Ergebnisse zu spre-
chen, konstruktives Feedback zu geben
und weitere Lernfelder und Aktivitäten
zu vereinbaren. Dies sollte dann natürlich
in eine Skill-Datenbank einfließen, die die
Personalarbeit unterstützt.
Norbert Seifert, Sandro Wartzack
Foto: Uni Erlangen