Seite 31 - wirtschaft_und_weiterbildung_2013_05

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in ihren Führungsleitlinien verankert,
ihre Führungskräfte sollten Coachs ihrer
Mitarbeiter sein, also Lern- und Entwick-
lungsprozesse bei ihnen fördern und so
dazu beitragen, dass sie die erforderliche
Kompetenz aufbauen.
Das ist ein richtiger Ansatz. Unter den
gegebenen Bedingungen führt er aber
meist bei den ohnehin stark belasteten
Führungskräften zu einer weiteren Mehr-
belastung. Denn zum einen sind sie nicht
hinreichend für diese Aufgabe qualifi-
ziert, und zum anderen haben ihre Mitar-
beiter häufig noch nicht das Bewusstsein
verinnerlicht, dass sie ihre Kompetenz
kontinuierlich weiterentwickeln müssen,
um gute Mitarbeiter zu bleiben.
Möglicher Lösungsweg
Diesen Zusammenhang haben einige
Unternehmen erkannt. Deshalb stellen
sie neben ihren Führungskräftekonzep-
ten auch ihre Personalentwicklungskon-
zepte grundlegend infrage und feilen an
neuen Konzepten. Dabei orientieren sie
sich zunehmend am Lean-Leadership-
Development-Modell. Dieses Modell un-
terscheidet in der Kompetenzentwicklung
von Führungskräften vier Stufen.
Stufe 1: Sich als Führungskraft selbst
entwickeln.
Dahinter steckt die Annahme, dass künf-
tig eine Kernkompetenz von Führungs-
kräften ist, das eigene Verhalten und Wir-
ken zu reflektieren und die eigene Perfor-
mance systematisch zu erhöhen.
Stufe 2: Andere Menschen coachen
und entwickeln.
Die zweite Kompetenz-Stufe besteht in
der Fähigkeit, als Führungskraft andere
Personen so zu entwickeln, dass diese ih-
rerseits die Kompetenz erwerben, ihr Ver-
halten und ihr Wirken zu reflektieren und
eigene Lernprozesse zu initiieren.
Stufe 3: Das tägliche Sich-Verbessern
(Kaizen) unterstützen.
Hier geht es darum, Gruppen von Mitar-
beitern (Teams, Abteilungen, Bereiche)
in eine Richtung auszurichten und den
kontinuierlichen Verbesserungsprozess
zu sichern.
Stufe 4: Eine Vision schaffen und die
Ziele abstimmen.
In die letzte Entwicklungsstufe sind ide-
alerweise alle Führungskräfte und die
gesamte Organisation eingebunden.
Nun geht es darum, das „Silo-Denken“
zu überwinden und alle Aktivitäten so
aufeinander abzustimmen, dass die über-
geordneten Unternehmensziele erreicht
werden.
Hin zur lernenden Organisation
Von einer Führungskräfteentwicklung,
die sich an diesem Kompetenzmodell
orientiert, versprechen sich die Unter-
nehmen, dass sich die Innovationskraft
ihrer Organisation erhöht; des Weiteren,
dass sie sukzessiv zu einer Entlastung der
Führungskräfte führt – und zwar in dem
Maße, wie ihre Mitarbeiter die Kompe-
tenz entwickeln, eigenständig ihr Verhal-
ten und Wirken zu reflektieren und sich
zu entwickeln. Insofern sehen die Un-
ternehmen hierin auch eine Maßnahme,
einem Burn-out ihrer Führungskräfte vor-
zubeugen. Denn eine Fiktion ist es, an-
zunehmen, dass der Veränderungsdruck,
der auf den Unternehmen und ihren Mit-
arbeitern lastet, in den kommenden Jah-
ren sinken wird.
Also gilt es, die Resilienz, sprich die Fä-
higkeit der Mitarbeiter, mit dem Druck
umzugehen, zu erhöhen – jedoch nicht
durch ein, zwei Stressmanagement-Se-
minare oder vergleichbare Work-Life-Ba-
lance-Angebote. Denn ein solcher Ansatz
greift zu kurz. Das haben inzwischen
viele Unternehmen erkannt.
Zentrales Ziel muss es vielmehr sein, den
Mitarbeitern das Bewusstsein zu ver-
mitteln, dass die Notwendigkeit, sich zu
verändern und regelmäßig die eigenen
Denk- und Handlungsmuster zu überden-
ken, künftig ein integraler Bestandteil des
Arbeitsalltags ist; des Weiteren, ihnen das
Selbstbewusstsein zu vermitteln, „irgend-
wie schaffe ich …“ beziehungsweise „…
schaffen wir das schon“, sodass sie neue
Herausforderungen
• beherzt und eigeninitiativ angehen und
• sich eigenständig die erforderlichen
Kompetenzen aneignen, um auch künf-
tig Qualität zu produzieren.
Je mehr die Mitarbeiter hierzu bereit und
fähig sind, umso stärker werden auch ihre
Führungskräfte entlastet, da sie seltener
korrigierend, steuernd und unterstützend
eingreifen müssen. Und das Unterneh-
men? Es hat seine Innovationsfähigkeit
und -kraft und somit Wettbewerbsfähig-
keit erhöht, da es sich zu einer lernenden
Organisation entwickelt hat.
Daniela Kudernatsch
Foto: John T Takai / shutterstock.com
Fließband.
Das Konzept
des Lean Manage-
ments stammt aus der
Optimierung von
Produktionsabläufen.