R
            
            
              10_2014
            
            
              wirtschaft + weiterbildung
            
            
              37
            
            
              Brigitte Seibold,
            
            
              Trainerin und
            
            
              „Visual Facilitator“, reduziert
            
            
              die komplexen Körperformen
            
            
              von Menschen auf Kopf und
            
            
              Korpus. Pfeile weisen auf
            
            
              den Diskussionsverlauf oder
            
            
              auf bestimmte Schlussfolge-
            
            
              rungen hin.
            
            
              tümliche Vertrautheit damit. Visualisierer
            
            
              knüpfen einfach an diese Fähigkeiten an.
            
            
              Wir denken in Bildern. Unser Gehirn pro-
            
            
              duziert sie, ohne dass wir das bewusst
            
            
              kontrollieren können. Visuell wahrneh-
            
            
              men und Wahrnehmungen verarbeiten
            
            
              – das übt und entwickelt unser Gehirn
            
            
              evolutionsgeschichtlich schon seit Mil-
            
            
              lionen von Jahren. Der Teil des Gehirns
            
            
              dagegen, der Sprache verarbeiten kann,
            
            
              ist schätzungsweise erst seit 100.000 bis
            
            
              150.000 Jahren aktiv. Die Hirnforschung
            
            
              kann bestätigen: Bilder werden schneller
            
            
              und direkter erfasst und verarbeitet als
            
            
              Sprache.
            
            
              Fallbeispiel Chemiefabrik:
            
            
              Zusammenarbeit optimieren
            
            
              Immer öfter unterstützen „Visual Facilita-
            
            
              tors“, visuelle Moderatoren, die Kommu-
            
            
              nikation in den Unternehmen mit ihrer
            
            
              modernen Bildsprache. Zum Beispiel bei
            
            
              der Optimierung der Zusammenarbeit
            
            
              verschiedener Abteilungen. Ein großer
            
            
              Chemiekonzern beschäftigt über 1.000
            
            
              Mitarbeiter, die in Produktionsstätten und
            
            
              Laboren nicht nur in Europa, sondern
            
            
              auch in Asien, Nord- sowie Südamerika
            
            
              arbeiten. Aufgrund der Vielfalt der her-
            
            
              gestellten Erzeugnisse ist der Prozess bei
            
            
              der Einführung neuer Produkte und Roh-
            
            
              stoffe langwierig und vielschichtig. Eine
            
            
              echte Herausforderung, Kooperation,
            
            
              Abläufe und Kommunikation effektiv zu
            
            
              gestalten!
            
            
              Ein neuer Rohstoff beispielsweise muss
            
            
              vor seiner Verwendung zahlreiche Prüf-
            
            
              verfahren durchlaufen. Erst wenn der
            
            
              Stoff ausreichend getestet und zugelassen
            
            
              wurde, wird er für die Produktion freige-
            
            
              geben. Involviert sind hierbei unter ande-
            
            
              rem der Einkauf, die Logistik, die Buch-
            
            
              haltung, das Qualitätsmanagement, die
            
            
              Rechtsabteilung.
            
            
              Die Mitarbeiter in den verschiedenen
            
            
              Fachabteilungen müssen nicht nur ihr
            
            
              Aufgabengebiet bearbeiten, sondern auch
            
            
              gleichzeitig darüber informiert sein, was
            
            
              die Kollegen machen und warum sie es
            
            
              tun. Zahlreiche Schnittstellen, eine hohe
            
            
              Spezialisierung, lange Bearbeitungszeiten
            
            
              und nicht zuletzt ein ausgeprägtes Res-
            
            
              sortdenken waren in der Vergangenheit
            
            
              Grund für Missverständnisse, Konflikte
            
            
              und Frustration. In solchen Fällen bietet
            
            
              Visualisierung eine wirkungsvolle Un-
            
            
              terstützung, um Komplexität zu bewälti-
            
            
              gen. Wenn der Verstand an eine Grenze
            
            
              kommt, sich Zusammenhänge vorzustel-
            
            
              len und Detailaspekte zu merken, ist es
            
            
              hilfreich, das Wesentliche eines Themas
            
            
              auf Papier sichtbar zu machen. Dazu
            
            
              können Zeichen, Symbole, Formen, Pfeile
            
            
              und natürlich auch Begriffe genutzt wer-
            
            
              den. So entsteht eine Landkarte, die Über-
            
            
              blick und Orientierung bietet und eine
            
            
              Basis für die gemeinsame Verständigung
            
            
              und Weiterentwicklung schafft. Die Visu-
            
            
              alisierung ermöglicht dabei sowohl den
            
            
              Blick auf den Gesamtzusammenhang als
            
            
              auch den Fokus auf die Teilaspekte. Der
            
            
              Verstand kann zwischen den verschiede-
            
            
              nen Ebenen hin und her springen, ohne
            
            
              den Überblick zu verlieren. Nützlich
            
            
              ist das vor allem in Gruppendiskussio-
            
            
              nen, um ein strukturiertes Vorgehen zu
            
            
              erleichtern. Der „Visual Facilitator“ ist
            
            
              dabei nicht nur Zeichner, sondern fun-
            
            
              giert auch als Moderator.
            
            
              Verständnis für den
            
            
              Ist-Zustand
            
            
              Im genannten Beispiel werden alle Ak-
            
            
              teure aus den unterschiedlichen Abtei-
            
            
              lungen, die an diesem anspruchsvollen
            
            
              Produktentwicklungsprozess beteiligt
            
            
              sind, zu einemWorkshop eingeladen. Ge-
            
            
              meinsam und vor den Augen aller wird
            
            
              ein Bild des aktuellen Prozessablaufs ent-
            
            
              wickelt. Im Dialog mit der Gruppe wer-
            
            
              den die einzelnen Schritte gezeichnet:
            
            
              • Wer ist verantwortlich?
            
            
              • Wie funktionieren derzeit Schnittstel-
            
            
              len und Übergaben?
            
            
              • Wer behält den Überblick und die Kon-
            
            
              trolle?
            
            
              Unklarheiten werden unmittelbar deut-
            
            
              Foto: Prozessbilder