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10_2014
wirtschaft + weiterbildung
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Vorbereitung.
Lerntransfer
beginnt nicht erst bei der
Weiterbildung: Vorab sollten
Führungskräfte mit ihren
Mitarbeitern genau die
Zielsetzung klären.
zusehen hat. Wichtig ist, dass sie im Be-
trieb fest etabliert ist und einer gewissen
Regelmäßigkeit folgt. Die Art der Maß-
nahmen um die Fortbildung herum sowie
den Zeitabstand zwischen ihnen sollte
jedes Unternehmen selbst bestimmen.
Daneben braucht es eine gewisse Feh-
lertoleranz, um den Teilnehmern einer
Weiterbildung Raum zu geben, sich aus-
zuprobieren. Denn zum einen können sie
neu Erlerntes nicht von Anfang an perfekt
anwenden. Zum anderen dauert es seine
Zeit, eingefahrene Prozesse zu ändern.
Probleme treten immer wieder auf, wenn
Unternehmen ihren Mitarbeitern nicht ge-
nügend Zeit dafür einräumen.
Zielsetzung genau klären
Doch der Transfer des Erlernten in die
Praxis beginnt nicht erst nach der Wei-
terbildung. „Neben dem Training ist vor
allem die Vor- und Nachbereitung für
einen nachhaltigen Erfolg entscheidend“,
weiß Andreas Materne, Inhaber von Ma-
terne Training. „Veränderungen brauchen
Zeit zumWachsen. Manchmal tun sie das
relativ langsam. Deshalb benötigen Ler-
ner immer wieder neue Impulse“, so Ma-
terne. Mit entsprechenden Maßnahmen
vor dem Seminar und währenddessen
können Unternehmen den Weg bereits
ebnen. Aus diesem Grund sollten Füh-
rungskräfte vor einer Bildungsmaßnahme
mit den teilnehmenden Mitarbeitern da-
rüber sprechen, welche Arbeitsabläufe
oder welches Verhalten sie durch die Bil-
dungsmaßnahme verändern und optimie-
ren können. Je genauer die Zielsetzung
erfolgt, desto besser ist es.
Der Fokus der Bildungsmaßnahme sollte
dabei auf fallbezogenen, praxisnahen
Übungen liegen. Idealerweise nimmt ein
Mitarbeiter an Maßnahmen teil, die ent-
weder sein aktuelles Problem lösen oder
ihm helfen, künftige Herausforderungen
zu meistern. Denn wenn der Teilnehmer
einen individuellen Nutzen bei seiner
Weiterbildung erkennt, wird er auch ver-
suchen, die Erkenntnisse am Arbeitsplatz
einzusetzen. Gleiches gilt, wenn die Maß-
nahme optimal auf seinen Kenntnisstand
abgestimmt ist, er also nicht doppelt oder
auf Vorrat lernt. „Sinnvoll ist, wenn der
Mitarbeiter am Ende des Trainings für
sich persönlich drei Umsetzungsziele
formuliert und konkrete Maßnahmen
entwickelt, wie er diese erreichen kann“,
empfiehlt Materne. Im Anschluss an die
Bildungsmaßnahme sollten Unternehmen
Mitarbeiter zudem mit Transfer-Tools wie
Checklisten, Leitfäden, Umsetzungsplä-
nen oder Lerntagebüchern bei der Um-
setzung unterstützen. Welche Werkzeuge
hier zum Einsatz kommen, kann das
Unternehmen entsprechend der eigenen
Kultur und nach Präferenzen des Mitar-
beiters entscheiden.
Doch nicht nur der Teilnehmer selbst,
sondern auch Kollegen und somit das
ganze Unternehmen können von der
Bildungsmaßnahme profitieren. Dazu
sollten geschulte Mitarbeiter ihr Gelern-
tes direkt weitergeben – etwa, indem sie
ihr neues Wissen im Teammeeting vor-
stellen. Alternativ können Mitarbeiter die
neuen Erkenntnisse auch in eine Wis-
sensdatenbank eintragen oder in einer
Mitarbeiterakademie Vorträge für die
Kollegen halten. Denkbar sind auch soge-
nannte Lerntandems, bei denen sich zwei
Mitarbeiter gegenseitig auf den neuesten
Stand bringen.
Erfolg messen – nur wie?
Ob ein Mitarbeiter letztlich etwas ge-
lernt hat und auch anwendet, ist jedoch
schwer zu beurteilen und noch schwe-
rer zu messen. Denn das Lernen pas-
siert auf einer persönlichen Ebene, die
einer Steuerung und Einsicht von außen
schwer zugänglich ist. Das Bildungsma-
nagement kann allerdings, zum Beispiel
mithilfe von Fragebögen, die Übertra-
gung des Gelernten in den Arbeitsalltag
ermitteln. Alternativ können Vorgesetzte
den Transfererfolg beurteilen. Dort, wo
es möglich und machbar ist, sollten Un-
ternehmen konkrete Kennzahlen für den
Transfererfolg nutzen. Diese Vorgehens-
weise funktioniert jedoch nur im Einzel-
fall – abhängig von den jeweiligen Zielen
der Maßnahme. Bietet ein Unternehmen
beispielsweise einen Excel-Kurs mit der
Zielsetzung an, dass die Teilnehmer im
Anschluss an das Seminar Pivot-Tabellen
mit einer Zeitersparnis von zehn Prozent
erstellen können, ist der Erfolg messbar.
Das Bildungsmanagement kann in dem
Fall ermitteln, wie lange der Mitarbeiter
dafür braucht und gegebenenfalls ein
Einzeltraining ansetzen, falls die Maß-
nahme nicht den gewünschten Erfolg
gebracht hat. Wichtig ist dabei, vor der
Bildungsmaßnahme einen Messpunkt
einzurichten. Denn um eine Verände-
rung festzustellen, benötigt man einen
Vergleichswert. Nur wenn Informationen
von Verhalten oder Kenntnisstand vorher
Foto: Tüv Süd