personal- und organisationsentwicklung
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wirtschaft + weiterbildung
10_2014
definiert in 59 Prozent der Unternehmen
die Führungskraft klare Lernziele für den
Mitarbeiter und führt in 47 Prozent der
Unternehmen im Vorfeld der Maßnahme
ein orientierendes Gespräch, um die Er-
wartungshaltung abzustimmen. Das
zeigen die Ergebnisse des Deutschen Bil-
dungspreises der Tüv Süd Akademie und
EuPD Research Sustainable Management.
Jedoch erkundigt sich im Anschluss an
eine Bildungsmaßnahme die Führungs-
kraft nur in 33 Prozent der Unterneh-
men beim Mitarbeiter und diskutiert den
Lerntransfer aktiv. Nur bei 39 Prozent
der befragten Unternehmen funktioniert
die Weitergabe des Gelernten an andere
Kollegen sehr gut, bei weiteren 45 Pro-
zent wird Neues zumindest teilweise
übermittelt. Konkrete Hilfestellungen
zum Praxistransfer fehlen allerdings bei
einem Großteil der Unternehmen. Bloß
28 Prozent von ihnen analysieren die Ein-
flussfaktoren auf den Transfererfolg und
nur bei 25 Prozent der Betriebe werden
Transferpläne für die Mitarbeiter oder mit
ihnen gemeinsam erstellt.
An die Firmenkultur anpassen
Generell schätzen viele Unternehmen
Transferinstrumente als wenig relevant
ein. Sie betreiben zwar oft einen hohen
Aufwand, um den Bedarf an Weiterbil-
dungsmaßnahmen zu erheben, diese
Maßnahmen zu planen oder neue Lern-
formen zu entwickeln, während der As-
pekt des Praxistransfers jedoch meist
unberücksichtigt bleibt oder ungenügend
behandelt wird. Vielen Unternehmen
ist die Bedeutung des Transferprozes-
ses nicht bewusst oder es fehlt ihnen an
Konzepten und Methoden für das rich-
tige Vorgehen. Aber einen pauschalen
Leitfaden für den Lerntransfer, der jeden
Schritt des Prozesses genau vorgibt, gibt
es weder in der Wissenschaft noch in
der Praxis. Vielmehr geht es bei der Im-
plementierung eines Transferprozesses
darum, die einzelnen Maßnahmen und
Werkzeuge strategisch einzusetzen und
an die Unternehmenskultur anzupassen.
Denn nur, wenn sie mit den Gegebenhei-
ten des Betriebs und der Arbeitsweise
der Mitarbeiter harmonieren, können
die Maßnahmen Erfolg haben. Wichtig
ist, dass der Transferprozess immer einer
nachvollziehbaren Struktur folgt und für
den Mitarbeiter die Verbindlichkeit er-
höht. Eine klare Fokussierung auf zu er-
lernende Inhalte oder Verhaltensweisen
erleichtert es dem Mitarbeiter, sich in der
Maßnahme auf das für ihn Wesentliche
zu konzentrieren und führt bei der Um-
setzung der Lerninhalte schneller zum
Erfolg.
Dabei ist sinnvoll, sowohl die Rahmenbe-
dingungen als auch die Maßnahmen vor,
während und nach der Fortbildung zu
klären. Die Rahmenbedingungen sind es-
senziell, um den Transferprozess optimal
in die Unternehmenskultur einzubetten.
Die wichtigste Voraussetzung hierfür ist
ein gut ineinandergreifendes Bildungs-
management mit einer zuverlässigen Be-
darfsanalyse, da dieses die Grundlage für
weitere Schritte darstellt. Als zusätzliche
Rahmenbedingung braucht es unbedingt
eine intakte Gesprächskultur zwischen
Führungskraft und Mitarbeiter. Dabei gibt
es keine Richtlinien, wie diese genau aus-
Kehren Mitarbeiter von einer Weiterbil-
dung in ihren Betrieb zurück, mangelt
es in der Regel nicht am guten Willen,
das neue Wissen zu nutzen. Doch viele
Unternehmen tun sich schwer, zu mes-
sen, wie ihre Mitarbeiter das Erlernte
aufnehmen und in die Praxis umsetzen,
da es in vielen Fällen keine konkreten
Kennzahlen hierfür gibt. Fehlt zudem
nach einer betrieblichen Weiterbildung
die Praxisanwendung, kann das Unter-
nehmen seine Bildungsziele nicht sicher
erreichen. Denn Teilnehmer von Weiter-
bildungen vergessen einen Großteil des
Erlernten nach kurzer Zeit wieder, wenn
sie es nicht nutzen. Da aber die Anwen-
dung in der Praxis das eigentliche Ziel
beruflicher Qualifikationsmaßnahmen
ist, sollten Unternehmen deren Nachhal-
tigkeit unterstützen und die Anwendung
des Gelernten kontrollieren.
Dies geschieht bisher allerdings noch
längst nicht in allen Unternehmen. Zwar
Wissen individuell in die
Praxis umsetzen
LERNTRANSFER.
Unternehmen investieren hohe Beträge in die Weiterbildung ihrer
Mitarbeiter. Doch wird das Erlernte nicht systematisch in die Praxis übertragen, geht
das wertvolle Wissen schnell verloren. Ein individueller Lerntransferprozess und ein
nachhaltiges Bildungscontrolling können helfen, Mitarbeiterwissen zu sichern, zu nut-
zen und zu verbreiten. Zwei Beispiele aus Unternehmen zeigen, wie das gelingen kann.
Anne Dreyer
bet reut
den
Bereich Bildungs-
management der
Tüv Süd Akademie
und ist Projektleiterin des Deutschen
Bildungspreises. Zudem ist sie Dokto-
randin der Universität Bremen.
Tüv Süd Akademie GmbH
Westendstr. 160, 80339 München
Tel. 089 5791-1180
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