Seite 28 - wirtschaft_und_weiterbildung_2013_11-12

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personal- und organisationsentwicklung
28
wirtschaft + weiterbildung
11/12_2013
betont Ostermann auch, dass es keine
Rolle spiele, ob jemand jung oder alt,
männlich oder weiblich, Führungskraft
oder Sachbearbeiter sei. Seiner Erfahrung
nach könnten psychische Belastungen in
allen Lebensphasen im Beruf oder auch
im privaten Umfeld auftreten. Ostermann
erklärt dazu: „Wir arbeiten seit vielen
Jahren mit externen Sozialberatern zu-
sammen, da die Anzahl langzeiterkrank-
ter Mitarbeiter zugenommen hatte. Psy-
chische Erkrankungen nahmen ebenfalls
zu. Die Krankheiten wurden erst sehr
spät oder gar nicht erkannt.“
Des Weiteren sei es für die Führungs-
kräfte sehr schwer gewesen, die Betrof-
fenen richtig anzusprechen und mit der
Situation angemessen umzugehen.
Betriebliche Gesundheit ist
Führungsaufgabe
Zahlreiche Studien belegen, dass das Füh-
rungsverhalten einen relevanten Einfluss
auf das psychische Wohlbefinden und
die körperliche Gesundheit der Mitarbei-
ter hat. Gleichzeitig sind Führungskräfte
auch eine Gruppe von Beschäftigten,
deren Job mit hohen Anforderungen und
einer oft erheblichen Stressbelastung ver-
bunden ist.
Insofern liegt es nahe, Führungskräfte in
bestimmte Maßnahmen des betrieblichen
Gesundheitsmanagements mit einzube-
ziehen. Ostermann kommt zu folgendem
Schluss: „Die Gesunderhaltung der Mit-
arbeiter ist zunehmend auch eine Füh-
rungsaufgabe geworden. Die Führungs-
kräfte kennen ihre Mitarbeiter (und deren
Belastungen) meist durch eine langjäh-
rige Zusammenarbeit am besten. Anhand
von realitätsnahen Beispielen konnte im
Führungskräftetraining bei West-Lotto
das Thema ‚Gesundheit‘ gezielt geschult
werden.“ Bei der Vorbereitung der hier
beschriebenen Workshopreihe kristalli-
sierten sich zwei wichtige Ziele heraus:
1.
Die Sensibilisierung und Achtsamkeit
der Führungskräfte für das Thema
„psychosoziale Gesundheit“ war zu
verstärken (Stichwort: Wie erkenne ich
das?).
2.
Die Sicherheit im Umgang mit betroffe-
nen Mitarbeitern war zu erhöhen (Wie
kann ich das Thema ansprechen? Wel-
che weiteren Handlungsmöglichkeiten
habe ich?). Denn: Gesundheitsbewuss-
tes Führen ist mehr als das Angebot
einer Rückenschule.
Es wurde folgende Vorgehensweise be-
schlossen: Ein eintägiges Seminar sollte
der Reflexion, Sensibilisierung und der
Analyse der eigenen Denk- und Verhal-
tensmuster zum Thema „Gesundheit“
dienen, bevor die Führungskräfte sich
diesem Thema in Bezug auf ihre Mit-
arbeiter widmeten. Zudem bekam das
Projekt dadurch einen Prozesscharakter,
denn nach dem eintägigen Impulstag
zum Thema „Sich selbst gesund führen“
und einem Zeitabstand von rund zwei
Monaten folgte das Training zum Thema
„Andere gesund führen“. Dieser Prozess-
charakter unterstützt die Nachhaltigkeit
einer solchen Maßnahme.
Bei der gesundheitsbewussten Führung
geht es vor allen Dingen darum, wie
genau Mitarbeiter geführt werden – wie
sie mit Informationen versorgt werden,
wie die Mitarbeiter gefördert werden
und in welchem Maße sie Unterstützung,
Wertschätzung und ehrliche Anerken-
Der Stellenwert des Themas „psychische
Gesundheit im Unternehmen“ hat auch
bei West-Lotto in den vergangenen zwei
Jahren an Bedeutung zugenommen, be-
richtet Klaus Ostermann, der Referats­
leiter Personal bei West-Lotto. Aus diesem
Grund hat auch die Geschäftsführung die
Einrichtung einer „Arbeitsgemeinschaft
Gesundheitsmanagement“ genehmigt,
die ihrerseits einen Dreijahresplan rund
um das Thema „Gesundheit im Betrieb“
erarbeitet hat.
Mit der Einrichtung dieser Arbeitsgemein-
schaft ist auch die Akzeptanz des Themas
bei den Mitarbeitern gestiegen. Dabei
Gesund führen im Mittelstand
Fallbeispiel.
Das Unternehmen West-Lotto in Münster mit seinen 340 Mitarbeitern
hat sich frühzeitig dem betrieblichen Gesundheitsmanagement geöffnet und ein zwei-
stufiges Programm („Sich selbst gesund führen“ und „Andere gesund führen“) auf-
gelegt. Heidrun Vössing, Trainerin beim IME Institut für Management Entwicklung in
Bielefeld, hat die Workshops konzipiert. Sie fasst die Erfahrungen zusammen.
Heidrun Vössing,
Diplom-Pädago-
gin, Lehrtrainerin
und Lehrcoach
DVNLP. Die Kom-
munikations- und Führungstrainerin
gehört zu den ersten Coaching-Aus-
bildern in Deutschland. Im Januar
2014 erscheint ihr neues Buch mit
dem Titel „Chefsache Gesundheit:
Wie Sie sich selbst und Ihre Mitarbei-
ter gesundheitsorientiert führen“. Für
das IME in Bielefeld führt sie unter
anderem das offene Seminar „Chef-
sache Gesundheit“ durch.
IME Institut für Management-
Entwicklung
Sunderweg 4, 33649 Bielefeld
Tel. 0521 94206-0
Autorin