04_2012
wirtschaft + weiterbildung
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Schmidt:
In der Regel kommen die Men-
schen nicht von sich aus in den Burn-out,
sondern nur in Wechselwirkung mit be-
sonders stressigen Außenbedingungen.
Wenn es diese Außenbedingungen nicht
gäbe – zum Beispiel die Forderung, noch
mehr Umsatz zu machen, obwohl gerade
eine Wirtschaftskrise herrscht, dann wür-
den diese Menschen nicht oder nicht so
stark in eine Burn-out-Phase hineinschlit-
tern. In so einer Situation fragen sich die
Mitarbeiter: Was kann ich ändern? Viele
merken dann schmerzhaft, dass eine
Kündigung nicht infrage kommt und dass
ihr Einfluss auf die Verhältnisse gegen-
über ihrem Arbeitgeber auch begrenzt
ist. Trotzdem dürfen sich die Betroffenen
nicht in Zynismus, Resignation und
Selbstaufopferung flüchten.
Worin besteht dann die Aufgabe einer
Burn-out-Behandlung?
Schmidt:
Die zentrale Aufgabe in der
Burn-out-Behandlung besteht darin, klar-
zumachen, dass es nicht stimmt, dass
Menschen chancenlos und nur Opfer
sind. Wenn wir das System nicht ändern
können, dann hilft es nur zu schauen,
wie wir optimale Umgangsformen mit der
stressigen Situation finden. Das Ziel ist,
eben gut umzugehen mit belastenden Si-
tuationen und trotzdem leistungsfähig zu
bleiben. Das, was wir als Grundthese auf-
stellen und was die Hirnforschung bestä-
tigt, ist folgende Erkenntnis: Der Außen-
reiz allein ist es nicht, der in den Burn-out
führt. Der Außenreiz wird dadurch erst
zum Stressfaktor, dass er mit einer inne-
ren Verarbeitungsdynamik zusammen-
trifft, sodass man sagen kann, dass sich
die Leute selbst unter Druck setzen. Die
Leute erleben es aber so, dass sie sagen,
die Situation setze sie unter Druck. Die
Menschen machen sich innerlich selbst
Druck und da kann man ansetzen mit be-
freienden Strategien. Anschließend kön-
nen sie auch mit mehr Kraft versuchen,
die Verhältnisse am Arbeitsplatz zu än-
dern.
Wie erklären Sie es sich, dass Burn-outs
so sprunghaft zugenommen haben?
Schmidt:
Stress gab es schon immer, das
kann also nicht der Grund sein. Aber ich
sehe, dass in der heutigen Arbeitswelt
viele Menschen weder ein Gefühl von
Zugehörigkeit zu ihrem Arbeitgeber noch
von Sinnhaftigkeit in Bezug auf ihre Ar-
beit haben. Hinzu kommt diese wahnwit-
zige Veränderungsdynamik, die in unser
Wirtschaftsleben gekommen ist und die
die Leute massiv verunsichert. Das gab es
früher nicht. Aus dieser Situation heraus
entsteht auch eine stärkere Konkurrenz
untereinander. Dieses Konkurrenzklima
macht auch anfälliger für Burn-out.
Und es gibt sehr energieverzehrende in-
nere Kämpfe. Ein Arbeitnehmer spürt
zum Beispiel, dass seine Arbeit für ihn
keinen Sinn mehr macht. Gleichzeitig
gibt es aber das Gefühl, ich muss bei
meinem Arbeitgeber ausharren, weil ich
zum Beispiel zu alt zum Wechseln bin.
Und dann will etwas in diesem Menschen
wegrennen und etwas will unbedingt be-
harren. Dieser innere Kampf zwischen
Bleiben und Weichen kann einen Men-
schen richtig zermürben. Einen inneren
Kampf gibt es auch, wenn ein mittlerer
Manager von der Geschäftsleitung Ent-
scheidungen vorgesetzt bekommt, die er
nach unten vertreten muss, obwohl er mit
ihnen überhaupt nicht einverstanden ist.
Loyalitätskonflikte können direkt in den
Burn-out führen. Als Ursache nicht ver-
gessen sollten wir die modernen Kommu-
nikationsmittel. Viele Manager haben den
Ehrgeiz, dass sie jeden Abend ihr E-Mail-
Konto aufgeräumt haben – was meist erst
kurz vor 23 Uhr der Fall ist. An ihren ei-
genen Ansprüchen gemessen, schaffen
solche Leute nie genug. Das macht sie
fertig.
Was tun gegen solche inneren Treiber?
Schmidt:
Heute ist es so, dass wir 72
Stunden pro Tag bräuchten, um allem
gerecht zu werden. Das schafft kein
Mensch. Wir brauchen deshalb mehr Ab-
grenzungskompetenz. Wir ermutigen die
Menschen, dass sie es als eine erlaubte
Kompetenz und als eine Leistung anse-
hen, wenn sie sagen können: „Ich könnte
noch, aber jetzt braucht mein Organismus
Ruhe.“ Es geht um die optimale Lebens-
balance. Um die zu finden, müssen wir
mehr auf unseren Körper hören. Unsere
Klienten lernen zum Beispiel, wie sie ihre
Körpersignale als Rückmeldung nutzen.
Dann bekommen sie automatisch mit,
wenn sie in guter Balance sind.
Interview: Martin Pichler
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