Seite 15 - wirtschaft_und_weiterbildung_2012_04

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04_2012
wirtschaft + weiterbildung
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übernimmt. Die Kommandos gibt der Steuermann. Hier muss
man klar unterscheiden zwischen Training und Regatta. Wäh-
rend einer Regatta herrscht absolute Hierarchie. Da wird nicht
mehr diskutiert, sondern nur noch ausgeführt. Das Team hat
zweieinhalb Jahre Zeit, sich auf diesen Moment vorzuberei-
ten. Jeder kennt seine Fähigkeiten und Aufgaben. In der Vor-
bereitungszeit sind Diskussionen allerdings erlaubt. In dieser
Phase der Vorbereitung gibt es keine Hierarchie, da zählt jede
Meinung.
Was ist mit Stolz und Eitelkeiten?
Neidhart:
Eitelkeiten sind in jedem Fall zurückzustellen, Stolz
ist aber wichtig. Wir brauchen alle extrinsische Motivierung in
Form eines Gehaltsschecks am Ende des Monats, aber das ist
nicht die Motivation, die uns jeden Tag aufs Neue zu Höchst-
leistungen animiert. Es ist Aufgabe des Managements, eine at-
traktive Mannschaft aufzubauen, die ihre Mitglieder mit Stolz
erfüllt. In einer solchen Mannschaft reißen sich natürlich alle
stärker am Riemen als in einem Team, dem sie nur ungern
angehören.
Wie entsteht ein eingeschworenes Team?
Neidhart: Das ist eine Frage der Teamkultur, aufbauend auf den
vier „K“: Kommunikation, Koordination, Kooperation und Kri-
senmanagement. Gute Kommunikation hieß bei Alinghi, dass
in Diskussionsrunden jeder sagen kann, was er denkt, verbun-
den mit einer hohen Wertschätzung und Respekt. Und darauf
vertrauen kann, dass man ihm zuhört. Aber auch wenn alle
ganz schnell einer Meinung sind, sollten Alternativen durch-
gespielt werden, um Fehlentscheidungen zu vermeiden. Gute
Koordination bedeutet, die Infrastruktur optimal an die Team-
bedürfnisse anzupassen. Dazu gehören kurze, direkte Wege
und klare Zuständigkeiten. Das erhöht zugleich das Verantwor-
tungsgefühl jedes Einzelnen für seinen Job. Was mit Koopera-
tion gemeint ist, haben wir schon beim Stichwort „Teampla-
yer“ angesprochen: Alle Mitglieder fühlen sich dem Teamerfolg
verpflichtet und teilen ihr Wissen miteinander. Beim Krisen-
management denke ich vor allem an den Umgang mit dem
vielfach angstbesetzten Thema „Change“. Im Segelsport gehört
Wandel allerdings zum Alltag, da sich das Wetter stündlich
ändern kann. Für Stabilität sorgen hingegen die inneren Werte
einer Mannschaft wie Vertrauen und Transparenz.
Woher weiß der Steuermann, wo es langgeht?
Neidhart:
Die Funktion des Steuermanns ist letztlich, das Schiff
möglichst schnell und die Manöver richtig zu segeln. Dazu
erhält er Informationen von anderen Teammitgliedern. Wann
er das Manöver segeln muss, sagt ihm der Taktiker, der di-
R
Dominik Neidhart,
ehemaliger Spitzen-
sportler beim Schweizer Segelteam
Alinghi, coacht und trainiert heute Teams
aus unterschiedlichsten Unternehmen –
zum Beispiel indem er mit ihnen segeln
geht und sie dabei erleben lässt, wie gute
Zusammenarbeit gefördert werden kann.