Seite 14 - wirtschaft_und_weiterbildung_2012_04

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14
wirtschaft + weiterbildung
04_2012
„Wenn mein Beitrag
etwas zählt, dann
motiviert das sehr.“
INTERVIEW.
Der Segler Dominik Neidhart hat im Jahr 2003
mit dem Schweizer Team Alinghi Geschichte geschrieben:
Als erstes europäisches Team gewann die Mannschaft den
America’s Cup, die „Formel 1 des Segelns“. Neidhart
analysiert in diesem Interview die entscheidenden
Erfolgsfaktoren des Teams Alinghi und zeigt anhand dieser
exemplarischen Crew, wie Höchstleistungen auch in der Welt
der Wirtschaft erreicht werden können.
Was muss man als Personalchef beachten, wenn man
hervorragende Teamplayer einstellen will?
Dominik Neidhart:
Im Teamsport können Sie nicht allein, son-
dern nur gemeinsam Ziele erreichen. Da nützt es Ihnen nichts,
wenn Sie Talente haben, die alles an sich reißen, um persönlich
weiterzukommen. Sie brauchen stattdessen Leistungsträger,
die den Teamgedanken unterstützen. Daher sollten Unterneh-
men schon bei der Einstellung auf die charakterliche Eignung
achten. Denn Sie können einen Menschen fachlich aufbauen
und beruflich weiterentwickeln, aber nicht seinen Charakter
verändern. Hinzu kommt die Frage der Mentalität. Menschen
mit Verlierermentalität geben bei einer Niederlage immer dem
Umfeld die Schuld. Wir kennen das aus dem Fußball. Da heißt
es dann beispielsweise: „Wir konnten nicht gut spielen, weil
wir auf Kunstrasen antreten mussten.“ Diese Argumentation
blendet völlig aus, dass der Gegner auch auf Kunstrasen ge-
spielt hat. Wenn man stets dem Umfeld die Schuld gibt, kann
man sich nicht verbessern.
Wie lässt sich feststellen, dass jemand den richtigen
Charakter mitbringt?
Neidhart:
Bei Alinghi lief die Auswahl der Teammitglieder
über Empfehlung. Dies wurde zugegebenermaßen dadurch
erleichtert, dass es weltweit nicht so viele Top-Segler wie bei-
spielsweise gute Manager gibt. Man kennt sich einfach. Der
Weg über die Empfehlung hat den Vorteil, dass er Vertrautheit
schafft, etwas sehr Wichtiges in Hochleistungsteams. In der
Probephase merkt man dann sehr schnell, ob die charakter-
liche Eignung gegeben ist.
Es gibt also den Typ Teamplayer?
Neidhart:
Ja, definitiv. Es gibt den Einzelkämpfer, der allein
nach oben kommen will, und es gibt den Teamplayer. Eine
Crew gewinnt immer nur gemeinsam. Deshalb ist es sehr wich-
tig, dass das Management Teamfähigkeit wertschätzt, statt Ein-
zelleistungen hervorzuheben.
Gibt es denn innerhalb des Teams keine herausgehobenen
Positionen?
Neidhart:
Doch, die gibt es schon. Der Steuermann, der Tak-
tiker und der Navigator bilden die Top-Crew, plus die Leute,
die die Segel einstellen. Aber auch der Steuermann kann allein
kein Rennen gewinnen. Jeder weiß: Wir sind nur so gut wie
das schwächste Glied im Team.
Ich dachte immer, der Kapitän hat das Sagen?
Neidhart:
Der Kapitän heißt bei den Seglern Skipper. Aber das
ist nur eine Rechtsperson, die im Notfall die Verantwortung
Der kleinste Fehler
in der Zusammen-
arbeit eines Teams hat beim
Hochleistungssegeln gravierende Folgen:
Hier das Team Artemis aus Schweden,
das während des America´s Cup 2011
vor Plymouth (Südengland) gegen das
Kentern ankämpft.
Foto: K. Doherty/Reuters