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seminarmarkt
04_2011
wirtschaft + weiterbildung
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bensarbeitszeit und die Erschwerung der
Frühverrentung insbesondere die älteren
Arbeitnehmer in den Fokus der beruf-
lichen Weiterbildung rücken sollten. Es
wurde gezeigt, dass sich die Leistungs-
und Lernfähigkeit bei älteren Erwerbstä-
tigen verändern kann und sich altersspe-
zifische Stärken entwickeln, welche für
die Unternehmen unentbehrlich werden.
Dies hat zur Folge, dass andere Lernan-
gebote als bei Jüngeren benötigt werden.
Weiterhin wurde festgehalten, dass die
geringe Weiterbildungsbeteiligung der äl-
teren Mitarbeiter eine Ausgangsbasis für
spezielle Weiterbildungsmaßnahmen für
ältere Belegschaften darstellt.
Gegenwärtig beziehen sich Maßnahmen
für die Förderung älterer Mitarbeiter
mehr auf eine flexible Arbeitszeitgestal-
tung, Gesundheitsförderung und alters-
gerechte Arbeitsplatzgestaltung, als auf
der Erarbeitung von Weiterbildungsplä-
nen, speziell für die ältere Zielgruppe.
Die älteren Arbeitnehmer gehören nach
verschiedenen Studien jener Gruppe an,
welche heutzutage tendenziell weniger
an Weiterbildungsmaßnahmen partizi-
pieren als Jüngere. Dabei fällt die Weiter-
bildungsabstinenz insbesondere bei sol-
chen Mitarbeitern gering aus, die bereits
in frühen Phasen ihrer individuellen und
beruflichen Sozialisation nicht für diesen
Bereich sensibilisiert wurden. Wie die
Ergebnisse der Studie zeigen, ist ein ein-
deutiger Bedarf an beruflichen, altersho-
mogenen Weiterbildungsmaßnahmen
vorhanden, welcher jedoch in Bezug auf
altersspezifische Konzepte einem starken
Verbesserungsprozess unterworfen ist.
Optimierungsvorschläge
Nach Auswertung dieser Studie können
folgende Optimierungsvorschläge be-
züglich eines Personalentwicklungspro-
zesses für die ältere Zielgruppe gegeben
werden:
1. Vorbereitung.
Im Vorfeld einer Weiterbil-
dungsmaßnahme ist sicherzustellen, dass
die Teilnehmer ein ähnliches Vorwissen
haben, indem zum Beispiel multimediale
Medien vor Qualifizierungsbeginn ver-
sendet werden, sodass ein ähnlicher Wis-
sensstand gewährleistet ist. Aber auch die
Abstimmung bezüglich der Zusammen-
stellung der Teilnehmer ist sehr bedeu-
tend, da ein ähnliches Ausgangswissen,
ein analoges Lerntempo sowie eine glei-
che Zielvorstellung für die entsprechende
Ausrichtung der Inhalte sehr wichtig
sind. Im Rahmen der organisatorischen
Aspekte haben die Befragten angegeben,
dass Weiterbildungsmaßnahmen für Äl-
tere besser in den Arbeitsalltag integriert
werden und nicht abends oder am Wo-
chenende stattfinden sollten, da die Kon-
zentrationsfähigkeit deutlich abnimmt
und die Regenerationspausen (an Wo-
chenenden) insbesondere für die älteren
Mitarbeiter sehr wichtig sind.
2. Durchführung.
Dem Verpuffen von
Lerneffekten könnte entgegengewirkt
werden, indem Qualifizierungsmaß-
nahmen häufiger stattfinden, die dafür
aber von einer kürzeren Dauer sind.
Zudem würden sich die älteren Mitarbei-
ter von ihren Führungskräften ein regel-
mäßiges Feedback nach Abschluss der
Maßnahmen wünschen, um den Nutzen
widergespiegelt zu bekommen. Zu den
inhaltlichen Aspekten regten die älteren
Befragten an, dass eine bessere Abstim-
mung zwischen den aktuellen und zu-
künftigen Anforderungen in der Arbeit
mit den Weiterbildungsinhalten stattfin-
den müsse und dass diese Maßnahmen
nicht nur „pro forma“ durchgeführt wer-
den dürften – getreu dem Motto „Haupt-
sache wir bieten auch für diese Zielgruppe
einige Maßnahmen an“.
3. Seminarinhalte.
Die Inhalte sollten pri-
mär auf relevante Praxisfälle Bezug neh-
men, da der Lernprozess älterer Mitarbei-
ter mit Praxisübungen positiv beeinflusst
wird, da anschauliches Lernen besser
aufgenommen und verinnerlicht wer-
den kann. Die erlernten Inhalte sollten
nach der Weiterbildungsmaßnahme im
Rahmen der beruflichen Tätigkeit ange-
wendet und umgesetzt werden, um die
Motivation und den Sinngehalt zu beto-
nen. Besonders fachspezifische Qualifi-
zierungen sollten für ältere Mitarbeiter
ausgeweitet werden, um mit innovativen
Entwicklungen in den Unternehmen mit-
halten zu können. Die älteren Befragten
gaben in der durchgeführten Studie wei-
terhin an, dass der Motivationsimpuls zur
Weiterbildungsteilnahme von der Füh-
rungskraft vorgelebt werden sollte, damit
diese Unternehmenskultur auch auf ältere
Mitarbeiter übertragen wird.
4. Internes Marketing.
Die Unternehmen
sollten altersspezifische Weiterbildungs-
maßnahmen auch besser beziehungs-
weise positiver im Unternehmen kom-
munizieren und vermarkten, sodass eine
höhere Akzeptanz solcher Maßnahmen
erreicht, aber auch eine Art Stigmatisie-
rung der älteren Zielgruppe unterbun-
den wird. Alle diese Verbesserungsan-
regungen der Befragten könnten die At-
traktivität altersspezifischer Maßnahmen
erhöhen – falls solche Angebote bereits
im Unternehmen vorhanden sind –, so-
dass die Weiterbildungsbeteiligung älterer
Mitarbeiter gesteigert werden könnte. Na-
türlich ist nicht zu vernachlässigen, dass
auch ein gewisses Eigeninteresse seitens
der älteren Teilnehmer vorhanden sein
sollte, aber auch Impulse und Unterstüt-
zung des Vorgesetzten durch Perspektiven
im Hinblick auf berufliche Veränderung
oder Aufstieg gegeben werden sollten.
5. Heterogenität.
Befunde aus einer Reprä-
sentativstudie weisen darauf hin, dass die
Gruppe der älteren Mitarbeiter sehr he-
terogen ist und neben dem Alter weitere
Aspekte wie das Bildungsniveau oder das
Geschlecht für die Gestaltung der Maß-
nahmen bedeutend sind. Zudem gilt es
die Erwartungen und Befürchtungen der
älteren Interessenten zu eruieren, um die
Konzepte entsprechend zu erstellen. Den
Ergebnissen der Studie zufolge, wurden
Bedarfe in der fachlichen, methodischen,
technischen sowie informationsspezi-
fischen Kompetenz wahrgenommen, aber
auch im Bereich Gesundheit.
Neben formalen Weiterbildungsmaß-
nahmen ist für ältere Mitarbeiter insbe-
sondere selbst gesteuerte Wissensan-
eignung am Arbeitsplatz vorteilhaft, da
diese flexibel in den Arbeitsalltag inte-
griert werden kann und einen hohen
Praxisbezug darstellt. Der zügige Trans-
fer des Gelernten in die Praxis und der
sichtbare Nutzen führen zu einem hohen
Lerneffekt. Die berufliche Weiterbildung
für ältere Mitarbeiter sollte zukünftig so
gestaltet werden, dass neben der Berück-
sichtigung der individuellen Lernvoraus-
setzungen und -potenziale der älteren
Mitarbeiter auch die Unternehmensziele
integriert sind, um eine erfolgreiche Um-
setzung zu forcieren.
Peter Schettgen