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04_2011
wirtschaft + weiterbildung
27
1. Trainer und Berater sind keine ge-
schützten Berufsbezeichnungen. Da gibt
es einerseits die jungen Kollegen, die
nach entsprechender Ausbildung ihre
praktischen Erfahrungen machen und
sich spezialisieren. Andererseits gibt es
den „Alleskönner“, der keine entspre-
chende Ausbildung hat, oftmals der „In-
zwei-Tagen-zum-Trainer“-Typ. Beide tre-
ten dem Kunden als Trainer und Berater
gegenüber. Anhand der Visitenkarte ist
die Kompetenz für den Kunden nicht er-
kennbar. Hier sollte jeder Kunde von den
Beratern/Trainern ein Kompetenz- und
Erfahrungsprofil fordern. Diese Skill-Pro-
file sollten konkrete Aussagen über seine
bisherigen Projekte enthalten. Auf dieser
Basis wird Transparenz für den Kunden
erst möglich.
2. Als Trainer sind mir auch folgende
Zeitgenossen begegnet: Da gibt es den
sehr gediegen daherkommenden Trainer,
der in Form einer seitlichen Arabeske
ein „Fantasienamen-Trainer“ ist. Er und
seine Kollegen haben zum Beispiel in den
70er-Jahren vier Jahre im Außendienst
gearbeitet und dann die folgenden 30
Jahre Verkäufer in Seminarhotels ausge-
bildet. Man sieht, wenn man genau hin-
schaut, den Lorbeerkranz des „Seminar-
Kings“.
Er kennt nicht mehr die tatsächlichen, ak-
tuellen Probleme und Schwierigkeiten der
Verkäufer aus dem direkten Erleben im
„Feld“. Als Ausgleich behilft er sich mit
viel Literatur, Geschichten von früher und
sehr ausführlichen Arbeits- und Übungs-
blättern. Oft ist für diesen Typus jedes De-
fizit ein Trainingsbedarf. Der muss natür-
lich in Folgeseminaren bearbeitet werden.
In dieser Art Training findet man sich in
einer „Parallel-Welt“ wieder.
3. Dann gibt es den „Das–ist-aber–toll–
was-Du-da-hast“-Typ. Meistens ist dies
ein Mensch, der alles aufsaugt, keine Ge-
genleistung bietet und nur nach Kenntnis-
sen und vor allem nach „Musterkonzep-
ten“ fragt, um sie dann fast immer 1:1 als
eigenes Gedankengut zu verwenden. Für
den Kunden ist es schwierig, hinter dieses
„Patchwork“ zu schauen und ein Konzept
zur Lösung seiner Bedarfe zu erkennen.
Der Kunde sollte auf jeden Fall nach dem
methodischen Konzept und den geistigen
Wurzeln fragen. Denn Training und Bera-
tung ist zuerst Vertrauenssache.
4. Einige dieser „Herren“ haben mich
auch als Personalchef in verschiedenen
Dienstleistungsunternehmen angespro-
chen. Das war der „Ich-habe-da-was-
ganz-Tolles-für-Sie-Typ“, ohne auch nur
im Ansatz meinen Bedarf zu erfragen,
geschweige den zu erkennen. In dem Mo-
ment, wo sie bemerkten, dass ich vom
Fach war, kam „seltsamerweise“ dann
kein Dialog zustande. Der Kunde muss
sensibilisiert werden: Wenn jemand die
Diagnose für ein „individuelles, tolles,
preiswertes Angebot“ ohne ausführliche
Klärung des Kundenbedarfs stellt, dann
ist etwas faul. Das wäre ja wie ein Maß-
anzug ohne Größen.
5. Der Schwerpunkt der Gaunereien liegt
im „Abkupfern“ von detaillierten Lehr-
plänen und in der großflächigen Samm-
lung von Teilnehmerunterlagen, die von
anderen Trainern entwickelt wurden.
Meistens tauchen diese Unterlagen dann
als Versatzstücke in anderen Kursen auf.
Darüber hinaus „begegneten“ mir meine
eigenen Unterlagen auch bei Bildungsträ-
gern, zu denen ich vor diesem Zeitpunkt
noch keine Geschäftsbeziehungen hatte.
6. Abschließend möchte ich noch auf
eine spezielle Kategorie eingehen, die
„Du-hastja-so-viel-Erfahrung“-Abzocker,
die meistens am Telefon agieren. Zuerst
gibt es Elogen über die Erfahrungen und
Kenntnisse des Angesprochenen. Dann
kommt die Bitte um einen Ratschlag, oft
verbunden mit dem Verweis auf einen
kurzfristigen Termin. „Du hast doch ga-
rantiert eine Idee.“ Die Idee wird erläu-
tert und entsprechende Fragen zur me-
thodischen und inhaltlichen Umsetzung
beantwortet. Im Nachhinein habe ich er-
fahren, dass ich ein Sponsor für eine Aus-
schreibung oder für ein Trainingskonzept
des anrufenden Kollegen war.
7. Dr. Stiefel kommt das Verdienst zu, die-
sen untragbaren, Berater und Kunden be-
lastenden Zustand thematisiert zu haben.
Er hat auch bei mir einen Nerv getroffen.
Viele Kollegen setzen in ihrer Beratungs-
praxis hohe ethische Standards um. Das
Auftreten der „Anständigen“ zeigt, dass
die Gauner in der Minderzahl sind und
dass nicht die ganze Branche „verseucht“
ist. Doch den Virus sollten die Kunden
kennen.
Michael Wenzel,
Berater & Trainer, München
„Stiefel ist zu negativ“
Den Artikel fand ich grundsätzlich gut,
damit Trainer und Trainingsnachfrager
etwas (selbst-) kritischer werden. Ins-
gesamt war er mir aber doch zu nega-
tiv beziehungsweise einseitig. Das Wort
„Trainingsgauner“ kam gefühlt zu oft vor.
Etwas pikant finde ich, dass direkt neben
dem Artikel auf die Angebote von Herrn
Stiefel (Konferenz) hingewiesen wurde.
Ähnliche „Maschen“ kritisiert er in sei-
nem Artikel selbst.
Uwe Hafner, Accenture GmbH,
Düsseldorf,
„Viele hinterlassen verbrannte Erde“
Leider sind viel zu viele Trickser und Täu-
scher unterwegs. Ich hoffe jedes Mal in
der Akquise, dass die Kunden erkennen
mögen, wer es gut mit ihnen meint, und
wer sein Geld nicht wert ist. Schlimm ist
nur, dass so viele „verbrannte Erde“ hin-
terlassen.
Manfred Gebler, Trainer & Coach,
Kempten,
„Dr. Stiefels Homepage irritiert“
Dr. Stiefels Tipps zur Erkennung der „Trai-
ningsgauner“ sind ungefähr so hilfreich,
wie wenn man einem Schäferhund sagen
würde, er soll in einer Herde schwarzer
Schafe insbesondere auf die mit dem
schwarzen Fell achten. Die meisten von
Dr. Stiefel genannten Erkennungskrite-
rien sind doch eigentlich keine. Und dazu
kommt noch, dass Dr. Stiefel viele Nega-
tivkriterien selbst erfüllt. Welches Bild
soll sich denn zum Beispiel ein Personaler
von einem Managementtrainer machen,
dessen offiziell angegebene Website sich
noch im Aufbau befindet? Der Doktortitel
und die Veröffentlichung von Büchern al-
lein – so Dr. Stiefel – sind ja bei Weitem
keine Garantie dafür, dass es sich nicht
um ein Wohnzimmer-Institut handelt.
Und die Bemerkung „(…)war mehrere
Jahre Hochschullehrer an einer Business
School in Genf (…)“? Welche Garantie
gibt denn diese Information, dass der
Hochschullehrer die PS auch aus dem
Elfenbeinturm wirklich auf die Straße be-
kommt?
Gianni Liscia, Marcello Liscia,
Paderborn,