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ORGANISATION
_PERSONALKOSTEN
personalmagazin 01 / 15
P
ersonalkosten stellen in fast
allen Unternehmen einen der
bedeutendsten Kostenblöcke
dar. Gut geführte Unterneh-
men nutzen ein breites Spektrum an
Finanzcontrolling-Instrumenten, um
Betriebskosten zu steuern. Ebenfalls
werden detaillierte Prognosen und Pla-
nungen von Kosten sowie ein Abgleich
mit tatsächlichem Verbrauch eingesetzt.
So können die Kostenauswirkungen
von Investitionen in Sachgüter, Dienst-
leistungen oder Immobilien über den
Zeitablauf genau untersucht werden. In
vielen Unternehmen werden sogar bar-
wertige Ansätze – zum Beispiel bei der
Bewertung von langfristigen Verpflich-
tungen wie Mietverträgen – verwendet.
Vor diesem Hintergrund ist es über-
raschend, dass – obwohl Personalkosten
ein zentraler Kostenfaktor sind – in die-
sem Kostenblock kaum analoge Über-
wachungs- und Prognosemechanismen
genutzt werden. Im Folgenden wird eine
Vorgehensweise zur Berechnung von
Personalprognosen vorgestellt. Zentral
ist neben der Tarifentwicklung auch die
Berücksichtigung von Faktoren wie der
Personalstruktur und der Tarifgruppen-
migration.
Probleme der Personalkostenprognose
Insbesondere für Unternehmen, die in
Staaten mit einem rigiden Arbeitsmarkt
tätig sind (zum Beispiel in Deutsch-
land, Italien oder Spanien), kann eine
fehlerhafte, unvollständige oder nicht
vorhandene Personalkostenplanung zu
ernsthaften Problemen führen. In einem
Umfeld, welches geprägt ist von niedri-
ger Fluktuation, hohem Kündigungs-
schutz sowie Tarifbindung mit Automa-
tismen und einer hohen Bedeutung von
Gehaltsnebenkosten, sind Versäumnis-
se mittel- bis langfristig kaum mehr kor-
rigierbar – anders als zum Beispiel in
Staaten mit liberalem Arbeitsrecht (wie
zum Beispiel USA, England, Schweiz).
Erschwerend im Falle von Deutschland
kommt hinzu, dass Tarifverträge nach
dem Senioritätsprinzip aufgebaut sind
und Mitarbeiter Bestandsschutz genie-
ßen. Faktorkosten reagieren daher sehr
sensibel auf Veränderungen der Unter-
nehmensdemografie sowie sinkende
Anforderungen in Positionen.
Personalkostenplanung häufig
unstrukturiert und lückenhaft
Trotz der offensichtlich hohen Relevanz
einer sorgfältigen Personalkostenplanung
erfolgt diese in den meisten Unternehmen
bestenfalls unstrukturiert, lückenhaft
und ohne Berücksichtigung verschiede-
ner Szenarien. Mit einem strukturierten
Vorgehen lassen sich Personal- und Per-
sonalfaktorkosten mit hoher Zuverlässig-
keit über den Zeitverlauf prognostizieren.
Erfolgsfaktoren einer akkuraten Planung
sind entsprechende Organisation und sys-
tematisiertes Vorgehen.
Eine Personalkostenprognose mag auf
den erstenBlick als einfaches Unterfangen
erscheinen, da diese, vereinfacht gesagt,
nur das Produkt der Mitarbeiteranzahl
und der durchschnittlichen Mitarbeiter-
personalkosten pro Jahr zum Zeitpunkt
t
n+x
darstellt (siehe Gleichung 1­im Kasten
rechts). Eine tiefer gehende Analyse der
Einflussfaktoren zeigt jedoch, dass die
Erstellung einer Personalkostenprogno-
se umfangreicher ist, als unmittelbar
ersichtlich.
Mitarbeiteranzahl
In den meisten Unternehmen wird be-
reits eine umfangreiche Personalbe-
darfsplanung in Form von Sollstellen-
plänen erstellt, die je nach Qualität der
Ermittlungsbasis einen schnellen Über-
blick über die Personalbedarfs- und so-
mit die Personalentwicklung über den
Zeitverlauf ermöglicht. Die im Sollstel-
lenplan hinterlegten Kapazitäten sollten
für eine qualitativ hochwertige Perso-
nalkostenprognose auch einen starken
fachlichen Bezug aufweisen, der jedoch
auch hinterfragt werden muss. So wird
in der Praxis häufig beobachtet, dass die
definierten Sollstellenpläne nicht einge-
halten werden können und signifikante
Überhänge über den Zeitablauf bestehen
bleiben.
Gut geplant ist halb gewonnen
RECHENBEISPIELE.
Mit belastbaren Personalkostenprognosen kann sich die Personalab-
teilung als strategischer Partner im Planungsprozess des Unternehmens positionieren.
Von
Roger Stettler, Nicolas Chazal
und
Liza C. Fessner
Trotz der hohen Rele-
vanz einer sorgfältigen
Personalkostenplanung
erfolgt diese in den
meisten Unternehmen
bestenfalls unstruktu-
riert und lückenhaft.