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TITEL
_DEMOKRATIE
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E
s gibt sie: Die Unternehmen,
die schon heute erfolgreich auf
demokratische Strukturen oder
zumindest eine demokratische
Unternehmenskultur setzen. Doch wer-
den sie künftig Vorbild sein für einen
Großteil der Unternehmen? Oder ist das
nur ein Hype unter Start-Ups, die kurz-
fristig für die benötigten Fachkräfte Auf-
merksamkeit erhaschen wollen?
Die Meinungen über die Sinnhaf-
tigkeit und Praxistauglichkeit der de-
mokratischen Unternehmen gehen
unter HR-Experten weit auseinander.
So sieht Dr. Alexander Böhne, Referent
für betriebliche Personalpolitik bei
der Bundesvereinigung der deutschen
Arbeitgeberverbände (BDA), die Zu-
kunft von demokratischen Unterneh-
men sehr kritisch. „Dass Unternehmen
nicht basisdemokratisch funktionieren
können, ist einleuchtend: Wie wollen
Sie innerhalb einer großen Belegschaft
bei allen Entscheidungen einen Kon-
sens herbeiführen und gleichzeitig be-
triebswirtschaftlich sinnvoll handeln?
Grundsätzliche Fragen muss die Ge-
schäftsführung entscheiden können“,
erläutert der BDA-Referent.
Digitalisierung sorgt für Mitsprache
Dem widerspricht Dr. Andreas Boes, Vor-
standsmitglied es Instituts für sozialwis-
senschaftliche Forschung e.V. München
(ISF), und betont die Bedeutung des The-
mas „Demokratische Unternehmen“: „Es
ist ein sehr realistisches Thema. Denn
der Wunsch nach mehr Beteiligung und
Einflussnahme wird insgesamt relevan-
ter – in der Gesellschaft wie auch in der
Wirtschaft“, erklärt der Wissenschaftler.
Vorangetrieben werde die Demokratisie-
rung der Arbeitswelt auch und vor allem
durch die Digitalisierung. Möglichkeiten
zur Mitentscheidung seien heute schon
rein praktisch gesehen viel leichter zu
realisieren und zu „liken“. „Außerdem
entstehen im Informationsraum neue
Arbeitsformen und Produktionskonzep-
te, die nicht dem Muster klassischer
hierarchischer Unternehmen folgen“,
ergänzt Boes. „Hier schließen sich Men-
schen freiwillig zusammen, die sich fle-
xibel in Communities engagieren und
auf Transparenz, Beteiligung und Ko-
operation in Netzwerken setzen.“ In den
Unternehmen sei durchaus Bereitschaft
vorhanden, sich mit diesen demokrati-
schen Strukturen auseinanderzusetzen
– gerade in Jung-Unternehmen.
Generation Y zählt zu den Treibern
Für kleine Start-Up-Unternehmen, die
vor allem jüngere Arbeitnehmer anzie-
hen, hält auch BDA-Referent Alexander
Böhne die Demokratisierung der Unter-
nehmensstruktur nicht für ganz unre-
alistisch: „Start-Ups beschäftigen sich
derzeit mit solchen Fragen – auch um
für Berufseinsteiger attraktiv zu sein,
die eher autark arbeiten wollen. Inner-
halb von kleinen Teams können flache
Hierarchien motivierend wirken.“
Andreas Boes, der als Mitinitiator die
Konferenz „Das demokratische Unter-
nehmen“ am 12. Februar in München
unterstützt, ist zudem davon überzeugt,
dass vor allem für die jüngere Genera-
tion die Möglichkeit zur Mitgestaltung
ein zentrales Kriterium bei der Wahl
ihres Arbeitgebers sei. Dass das Thema
vor allem von der Generation Y getrie-
ben wird, bestreitet jedoch ein weiterer
Mitinitiator der Konferenz zum demo-
kratischen Unternehmen: Thomas Sat-
telberger, ehemaliger Personalvorstand
der Deutschen Telekom AG. Er meint,
dass der derzeitige Wertewandel „schräg
durch die Generationen“ gehe. In allen
Generationen gebe es den Wunsch nach
mehr Mitentscheidung zu Führung,
Teilhabe an Strategie und Souveränität
– Grundelemente einer demokratischen
Verfasstheit.
Genauso wenig sei die Demokratisie-
rung der Unternehmen ein Thema, das
einen Wettbewerb zwischen kleinen und
großen Unternehmen fördere. „Es geht
hier um einen Wettbewerb zwischen
traditionellen Unternehmen, die den
Zwischen Vision und Ablehnung
MEINUNG.
Die Debatte um demokratische Unternehmen wird sehr konträr geführt.
Die HR-Experten sind uneins darüber, ob eine solche Firmenstruktur wirklich trägt.
Von
Kristina Enderle da Silva
(Red.)
VIDEO
In einem Video in der App beziehen der
Blogger Sascha Lobo sowie Partake-CEO
Dr. Hans Jürgen Erbeldinger, Professor
Wolfgang Jäger und Hermann Arnold
von Haufe-Umantis Stellung zur Demo-
kratiedebatte.