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RECHT
_VERTRAGSKLAUSELN
personalmagazin 02 / 15
I
n der Praxis finden sich häufig
Vertragsklauseln, in denen sich
die Parteien verpflichten, wechsel-
seitig keine Arbeitnehmer abzu-
werben. Die Erscheinungsformen sind
vielfältig: Typisch sind Abwerbeklau-
seln etwa in Verträgen mit IT-Dienstleis-
tungsunternehmen, die Mitarbeiter zu
Projektarbeiten für längere Zeit in den
Betrieb des Auftraggebers entsenden,
oder in Joint-Venture-Verträgen. Auch
Arbeitsverträge enthalten oft die Ver-
pflichtung des Arbeitnehmers, während
des Arbeitsverhältnisses und auch über
seine Beendigung hinaus keine Mitar-
beiter des Arbeitgebers abzuwerben.
Aber sind diese Klauseln auch wirksam?
HGB: Abwerben nicht durchzusetzen
Häufig übersehen wird in diesem Zu-
sammenhang die Vorschrift des § 75f
Handelsgesetzbuch (HGB). Hiernach
sind Vereinbarungen, durch die sich ein
Unternehmer gegenüber einem anderen
verpflichtet, dessen aktuelle oder frü-
here Arbeitnehmer nicht einzustellen,
rechtlich nicht durchsetzbar. Die feh-
lende Durchsetzbarkeit erstreckt sich
auf sämtliche mit der Vereinbarung in
Zusammenhang stehenden Rechte. So
können etwa auch keine auf einen Ver-
stoß gestützten Vertragsstrafen geltend
gemacht werden. Dahinter steckt der
Gedanke, dass ansonsten die Berufs-
freiheit der betroffenen Arbeitnehmer
unangemessen beeinträchtigt würde.
Wäre ein zwischen Unternehmen ver-
einbartes Einstellungsverbot (auch
Von
Hanna Karl
Sperrabrede genannt) durchsetzbar, wä-
ren die davon erfassten Arbeitnehmer
gehindert, nach einer Beendigung des
Arbeitsverhältnisses mit ihrem jetzigen
Arbeitgeber bei dem anderen Unterneh-
men eine Beschäftigung aufzunehmen.
In welchem Umfang § 75f HGB anzu-
wenden ist, war lange unklar. So wurde
vertreten, dass die Norm nur Sperrab-
reden im engeren Sinne (also generelle
Einstellungsverbote) erfasst. Ein Beispiel
dafür (nicht durchsetzbare Sperrabrede)
wäre etwa: „Den Vertragsparteien ist es
für die Dauer der Kooperation und einen
Zeitraum von einem Jahr ab deren Be-
endigung nicht gestattet, Arbeitnehmer
anzustellen, die in den letzten zwölf Mo-
naten in einemArbeitsverhältnis zum je-
weils anderen Vertragspartner standen.“
Abwerbeverbote, also Klauseln, die es
verbieten, aktiv auf die Arbeitnehmer
des Vertragspartners zuzugehen, um sie
zum Wechsel zu veranlassen, wurden
vielfach dagegen für zulässig gehalten.
Zum Bleiben anhalten
URTEIL.
Der BGH hat entschieden, wann Abwerbeverbote wirksam sind und wie sie
gestaltet werden können. Welche Grundsätze auf Arbeitsverträge zu übertragen sind.
Verlockend, beispielsweise mit
mehr Geld einen Arbeitgeber-
wechsel erleichtern zu wollen.