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RECHT
_RECHTSPRECHUNG
A
uch acht Jahre nach seinem
Inkrafttreten hat es das Allge-
meine Gleichbehandlungsge-
setz (AGG) erneut geschafft.
Ihm wurde die zweifelhafte Ehre zuteil,
im Rechtspechungsjahr 2014 das Bun-
desarbeitsgericht (BAG) rekordverdäch-
tig häufig beschäftigt zu haben.
Aufatmen bei den Personalberatern
Begonnen hatte das AGG-Jahr mit der
Lösung eines Rechtsproblems, welches
der Personalvermittlungsbranche seit
Inkrafttreten des AGG Kopfschmerzen
bereitet hatte. Es ging um die Frage, ob
Schadensersatzansprüche wegen einer
diskriminierenden
Stellenausschrei-
bung von einem Bewerber nicht nur
gegen den Arbeitgeber, sondern auch
gegen einen Personalvermittler gerich-
tet werden können. Das BAG entschied
hier: „Ein Entschädigungsanspruch auf
immateriellen Schaden nach § 15 Abs.
2 AGG kann nur gegen den Arbeitgeber
im engeren Sinne geltend gemacht wer-
den. Ansprüche gegen Dritte sind gene-
rell ausgeschlossen.“
Urteil vom 23. Januar 2014, 8 AZR 118/13
Klage ohne schriftliche Fristwahrung
Dass es im Rahmen von Auseinander-
setzungen nach dem AGG häufig auch
darum geht, ob derartige Ansprüche
noch fristgemäß geltend gemacht wor-
Von
Thomas Muschiol
den sind, zeigt eine Entscheidung aus
demMai 2014. Hier hatte ein Arbeitneh-
mer seinen Schadensersatzanspruch
nicht – wie vom Gesetz grundsätzlich
vorgesehen – zunächst schriftlich in-
nerhalb von zwei Monaten geltend
gemacht. Vielmehr reichte er direkt
Klage beim Arbeitsgericht ein. Dieses
wiederum stellte die Klage zwar zu,
allerdings erst nach Ablauf der AGG-
Frist von zwei Monaten. Eigentlich ein
Fall von Verfristung, sollte man meinen.
Wenn es nicht die Zivilprozessordnung
(ZPO) gäbe. Dort ist in § 167 geregelt,
dass der rechtzeitige Eingang einer Kla-
ge bei Gericht fristwahrend wirkt, wenn
die Klage „demnächst“ zugestellt wird.
Das BAG entschied sich dafür, dass auch
AGG als Top-Thema in Erfurt
RÜCKBLICK.
Mit Diskriminierungsfällen hatte das Bundesarbeitsgericht auch im ver-
gangenen Jahr reichlich zu tun. Das zeigt unser jährlicher Rechtsprechungsreport.
Hier werden grundsätzliche Fälle zur Entschei-
dung gebracht: Das BAG mit Sitz in Erfurt
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