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MANAGEMENT
_FÜHRUNG
personalmagazin 02 / 15
S
tändiger Wandel, beschleu-
nigte Innovationszyklen und
aufweichende Organisations-
grenzen: Die Herausforderun-
gen moderner Unternehmensführung
sind bekannt. In diesem Kontext wird
der Ruf nach agilen Organisationsfor-
men laut: Arbeitswelten sollen durch
kurze Planungs- und Umsetzungszyk-
len, schnelle Entscheidungswege und
unmittelbare Anpassungsmöglichkeiten
gekennzeichnet sein. Zunächst verbrei-
tete sich die Idee agiler Strukturen in
Software-Unternehmen und kleineren
Firmen. Inzwischen ist sie in der Mitte
der Unternehmenswelt angekommen.
Auch große Organisationen versuchen,
ihre Prozesse zu verschlanken und für
die Kunden zu öffnen, Hierarchien abzu-
bauen und Produktentwicklungszyklen
zu verkürzen. Dafür müssen HR und die
Führungskräfte im gesamten Unterneh-
men ein radikales Umdenken anstoßen,
Von
Benedikt Hackl, Fabiola Gerpott,
Matthias Malessa
und
Peter Jeckel
wie dieser Beitrag am Beispiel des Sport-
artikelherstellers Adidas aufzeigt.
Die Adidas-Gruppe begegnet den Ver-
änderungen mit der Vision eines agilen
Unternehmens, das auf zwei Bausteinen
basiert: flexible Strukturen zur Um-
setzung eines kundenorientierten Ge-
schäftsmodells sowie die Veränderung
des Personalmanagements zur Realisie-
rung einer innovationsförderlichen Ar-
beitsumgebung. Agilität – die Fähigkeit
zur permanenten Anpassung und Gestal-
tung sich wandelnder Marktstrukturen
– ist das Ergebnis einer gleichwertigen
Fokussierung auf Struktur- und Einstel-
lungsänderung: Eine agile Architektur
führt in Verbindung mit einer agilen Füh-
rungskultur zu gelebter Agilität.
Agilität beginnt bei den
Führungskräften
Die strategische Zielsetzung der Adidas-
Gruppe zeugt von einer neuen Denk-
weise. Es reicht nicht aus, Hierarchien
verschwinden zu lassen und selbstge-
steuerte Teams einzuführen, wenn Mitar-
beiter weiterhin in alten Routinen verhaf-
tet sind und Führungskräfte nach wie vor
auf Standardisierung statt Flexibilisie-
rung setzen. Der Wirkungsgrad offener
Organisationsstrukturen ist untrennbar
mit der Agilitätskultur des Unterneh-
mens verknüpft. Die zentrale Vermitt-
lerfunktion kommt in diesem Prozess
den Führungskräften zu. Ihr Verhalten
ist entscheidend dafür, ob die Möglich-
keiten flexibler Strukturen genutzt wer-
den. Adidas hat dies frühzeitig erkannt
und die Umwandlung hin zu einer agilen
Organisation bei den Führungskräften
begonnen. In einer „Leadership Journey“
diskutieren Manager in einem kontinu-
ierlichen Prozess Umsetzungsmöglich-
keiten der neuen Denkweise.
Das Unternehmen kann dabei kaum
auf belastbare Forschungs- und Praxis-
erfahrungen zurückgreifen. Bis jetzt
fehlen umsetzbare Konzepte zur Ausge-
staltung agiler Unternehmens- und Füh-
rungslandschaften. Um diese Lücke zu
schließen, entwickelte das Forschungs-
und Beratungsinstitut HR-Impulsgeber
ein Modell vier agiler Führungskompe-
tenzen (siehe Abbildung auf Seite 32).
Durch eine repräsentative Befragung
von 655 Erwerbstätigen aus Organisa-
tionen unterschiedlicher Größen und
Branchen wurde die positive Wirkung
auf zentrale Stellhebel des Unterneh-
menserfolgs belegt. Die Wissenschaftler
stellten jedoch auch fest, dass die Kom-
ponenten bis jetzt nur in wenigen Un-
ternehmen ausreichend gelebt werden.
Im Folgenden werden die vier Bausteine
beschrieben und es wird aufgezeigt, wie
die Umsetzung gelingen kann.
Baustein „Kompetenzerhöhung“
Das „Empowerment“ der Mitarbeiter,
das heißt die Übertragung von Hand-
lungs- und Entscheidungsspielräumen,
ist zentral für das Funktionieren agi-
ler Organisationsformen. Nur so kann
schnell und vor Ort auf Marktverände-
rungen reagiert werden. Lediglich 24
Prozent der untersuchten Unternehmen
weisen hier einen hohen Erfüllungsgrad
auf. Der Großteil der Führungskräfte be-
findet sich in einem mittleren Bereich:
Es fällt ihnen nach wie vor schwer,
Auf dem Weg zur Agilität
PRAXIS.
Immer mehr Organisationen stellen sich agil auf. Um das dafür notwendige
Umdenken in der Belegschaft anzustoßen, setzt Adidas bei der Führungskultur an.
Bis jetzt fehlen um-
setzbare Konzepte zur
Ausgestaltung agiler
Unternehmens- und
Führungslandschaften.
Nur wenige Unterneh-
men leben Agilität.