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RECHT
_CHANGE MANAGEMENT
personalmagazin 03 / 15
lationsszenarien – etwa bei Streik oder
kommunalpolitische Protestinitiativen
– zu erstellen und mit den Funktions-
bereichen und Standorten abzustimmen.
Das interne Whitebook stellt nicht nur
ein Produkt, sondern gleichzeitig den
Abschluss eines Prozesses dar: die sorg-
fältige Vorbereitung auf die Beratungs-
phase mit den Mitarbeitervertretungen.
Das externe Whitebook ableiten
Sind Planung der Personalmaßnahmen
und Zusammenstellung der Informatio-
nen im internen Whitebook abgeschlos-
sen, erfolgt eine Informations- und
Verhandlungsphase mit den Mitarbei-
tervertretungen, wie beispielsweise mit
Konzern- oder Gesamtbetriebsrat, loka-
lem Betriebsrat, Europäischem Betriebs-
rat oder Gewerkschaften. Denn bei
Betriebsänderungen wie etwa Betriebs-
stilllegung oder Massenentlassung
sind verschiedene Informations- und
Konsultationspflichten nach §§ 111, 112
BetrVG, § 17 Kündigungsschutzgesetz
(KSchG) zu beachten. Die rechtlichen
Anforderungen und Risiken sind dabei
hoch. Diese lassen sich allerdings durch
ein externes Whitebook minimieren.
Das externe Whitebook wird aus dem
internen abgeleitet und beinhaltet alle
rechtlich notwendigen Informationen
für den Betriebsrat. Dessen Umfang und
Inhalt richtet sich nach der Komplexi-
tät der Reorganisation. Ein separates
externes Whitebook ist erforderlich, da
viele Informationen aus dem Internen
für den Betriebsrat irrelevant sind. Zum
Teil – etwa bei rechtlichen Risiken – ist
es auch wegen der Verhandlungsmacht
bei Sozialplänen nicht opportun, eigene
Bewertungen mitzuteilen.
Informationen schnell zu extrahieren
Wurde das interne Whitebook sorgfäl-
tig erstellt, lassen sich die wesentlichen
Komponenten (siehe Kasten) für das ex-
terne Handbuch schnell extrahieren. Ist
etwa eine Massenentlassungsanzeige
nach § 17 KSchG zu erstatten, so können
die hierfür notwendigen Informationen
ebenfalls aus dem internen Whitebook
übernommen werden. Die Information
der Mitarbeitervertretungen findet in
der Regel vor Unterrichtung der Mitar-
beiter, anderer Stakeholder wie Banken
und Zulieferer sowie der Medien statt.
Sickern in dieser frühen Phase konkrete
Informationen durch, kann dies das gan-
ze Projekt gefährden. In der Praxis ist
daher darauf zu achten, dass das externe
Whitebook einen Hinweis auf die Ge-
heimhaltungspflicht nach §§ 79, 120 Be-
trVG enthält. In Whitebooks muss man
zudem darauf hinweisen, dass der Inhalt
das Planungsbild der Geschäftsleitung
ist, vorbehaltlich der Mitbestimmungs-
rechte von Mitarbeitervertretungen.
Nach der Präsentation der Maßnah-
men und der Aushändigung des exter-
nen Whitebooks an den Betriebsrat,
empfiehlt sich eine Phase von einer Wo-
che bis zu zehn Tagen (auch, um den An-
forderungen des § 80 Abs. 2 BetrVG zu
genügen) für Fragen des Betriebsrats zu
dem Vorhaben und entsprechende Ant-
worten. Diese werden schriftlich festge-
halten. Die notwendigen Informationen
für die Antworten sind meist aus dem
internen Whitebook zu entnehmen. Oft
enthalten externe Whitebooks in ihren
Anlagen bereits aufbereitete Informati-
onen, die unmittelbar für einen Interes-
senausgleich und Sozialplan verwendet
werden können. Dies ist nicht zuletzt für
die Verhandlungsmacht des Arbeitge-
bers ein wichtiger Vorteil und erleichtert
die Beratungen wesentlich.
Abschließend bleibt festzustellen:
Die beschriebene sorgfältige Erstellung
eines Whitebooks kann sich für Unter-
nehmen durchaus auszahlen. Zumal
es auch in arbeitsgerichtlichen Ausein-
andersetzungen als Beweismittel einer
ordnungsgemäßen Information und hin-
reichenden Beschäftigung mit verschie-
denen Interessenlagen dienen kann.
TOBIAS NEUFELD
ist Fach­
anwalt für Arbeitsrecht und
Partner der Kanzlei Allen &
Overy LLP in Düsseldorf.
Üblicherweise besteht ein externes Whitebook aus den wesentlichen Komponenten,
die nachfolgend aufgezählt sind.
• Präambel (kurze Einleitung oder Einführung)
• Überblick über das Unternehmen oder den Konzern (Organisation, Standorte, Arbeit­
nehmerzahlen, et cetera)
• Operative Performance und Marktüberblick (inklusive aktueller Risiken und Herausfor­
derungen am Markt)
• Beschreibung des Reorganisationsprojekts (Ziele oder intendierte Maßnahmen)
• Wirtschaftliche Begründung (insbesondere, warum mögliche Alternativen ausscheiden)
• Beschreibung der Personalmaßnahmen und deren Auswirkungen mit Mikrodetails in
der Anlage zum Whitebook
• Organigramm des Unternehmens (heruntergebrochen auf Abteilungen, Teams, Voll­
zeitäquivalente (FTE) und Zeiträume) nach Durchführung der Maßnahmen
• Zeitplan
• Kommunikationsplan (inklusive „Manager Talking Points“, allgemeine Fragen und
Antworten für Mitarbeiter sowie Betriebsrat)
• Anlagen mit Details (auf Abteilungen, Teams und FTE heruntergebrochen)
Das muss ein Whitebook regeln
ÜBERSICHT