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Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
der Geschäftsleitung. Diese kann wirt-
schaftliche, organisatorische, techni-
sche oder personalpolitische Gesichts-
punkte beinhalten und führt regelmäßig
zu einem veränderten Stellenzielbild.
Im Anschluss daran gilt es, einen be-
triebswirtschaftlichen
Business-Plan
auf einer Metaebene zu entwickeln und
vor allem die finanzielle Situation des
Konzerns oder Unternehmens, die von
der Reorganisation betroffenen Stand-
orte oder Betriebe, den Anteil der Per-
sonalkosten sowie die Potenziale der
geplanten Erwägungen samt wirtschaft-
licher Begründung darin abzubilden.
In der Praxis ist es jedoch für Personal-
und Rechtsabteilungen oft schwierig,
lediglich anhand dieses Business-Plans
konkrete Personalmaßnahmen rechtssi-
cher zu entwickeln, dabei jederzeit den
Überblick über das Projekt zu wahren
und eventuelle Alternativkonzepte oder
-maßnahmen ebenfalls abzubilden. An
diesem Punkt kommt das Whitebook
ins Spiel. Das betriebswirtschaftliche
Konzept wird mit einem arbeitsrecht-
lichen Konzept hinterlegt, insbesondere
werden die rechnerisch ermittelten Voll-
zeitstellen (FTE) in konkrete Maßnah-
men transformiert. Damit erhalten die
verschiedenen Stakeholder einer HR-
Reorganisation eine verlässliche Bedie-
nungsanleitung zur Umsetzung der im
Business-Plan abgebildeten Projektziele.
Ein internes Whitebook erstellen
Inhalt und Komplexität des Whitebooks
hängen wesentlich davon ab, ob das ge-
plante Projekt auf Deutschland begrenzt
ist oder international ausgerollt wird
und wie viele Standorte betroffen sind.
Sinnvoll ist es in allen Fällen, Projekt-
gruppen oder ein Projektmanagement
aus Vertretern der HR- und Rechtsabtei-
lung sowie den Managern der betroffe-
nen Geschäftsbereiche zu bilden.
In einem ersten Schritt ist ein spe-
zifischer Soll-Ist-Vergleich („Business
Case“) auszuarbeiten. Konkret geht es
darum aufzuzeigen, wie der Konzern
oder das Unternehmen nach der erfolg-
reichen Reorganisation aussehen soll
und welche Maßnahmen dafür maßgeb-
lich sind. Im Whitebook gilt es hierbei,
die Erkenntnisse, die vorher im Busi-
ness-Plan durch intensive Analyse ge-
wonnen wurden, und daraus abgeleitete
strategische Ziele in spezifische HR-Re-
organisationsmaßnahmen samt Auswir-
kungen zu transformieren und zunächst
auf Konzern- oder Unternehmensebene
detailliert zu beschreiben.
Im Anschluss erfolgt die operationali-
sierte, auf nachgelagerte Unternehmens­
ebenen, -einheiten, -abteilungen in den
verschiedenen Standorten herunterge-
brochene Definition der Maßnahmen
und der konkreten Folgen hieraus. Für
alle Bereiche wird im Whitebook eine
Aufgaben-Bewegungs-Bilanz sowie eine
Mitarbeiter-Bewegungs-Bilanz erstellt.
Konkret bedeutet dies, die Anpas-
sung und Verteilung der Aufgaben und
Funktionen allgemein sowie die Zuord-
nung der Mitarbeiter auf die einzelnen
Aufgaben und Standorte. Wesentliche
Bestandteile des internen Whitebooks
sind dementsprechend ein Organisa-
tions-, Standort-, Funktionen-, Stellen-
und Überführungsplan. Anschließend
hat auf lokaler Ebene eine detaillierte
arbeitsrechtliche Machbarkeitsanalyse
zu erfolgen, zum Beispiel zu der Frage,
ob Arbeitsplatzgarantien oder Standort-
sicherungsvereinbarungen den inten-
dierten Maßnahmen entgegenstehen.
Fragen des Betriebsrats antizipieren
Wichtig ist zudem, eine überzeugen-
de wirtschaftliche Begründung für die
jeweils geplanten Maßnahmen in den
nachgelagerten operativen Ebenen auch
in das interne Whitebook aufzunehmen.
Denn diese werden für die anstehenden
Verhandlungen mit dem Betriebsrat und
das externe Whitebook benötigt. Insbe-
sondere muss eindeutig dargelegt wer-
den, warum ausschließlich die geplan-
ten Maßnahmen in Betracht kommen
und Alternativkonzepte ausscheiden.
Dabei gilt es vor allem, mögliche Strate-
gien und Einwände des Betriebsrats und
der Gewerkschaften in den anschließen-
den Interessenausgleichs- und Sozial-
planverhandlungen zu antizipieren und
diese plausibel zu widerlegen.
Wird indieser Planungsphasenicht auf
eine akribische Ausarbeitung aller (Al-
ternativ-)Szenarien sowie Hinterlegung
mit einer stringenten Argumentation
geachtet, so gerät man in der Beratungs-
phase mit den Mitarbeitervertretungen
in Bedrängnis. Denn der Betriebsrat darf
in größeren Unternehmen gemäß § 111
BetrVG zu den Verhandlungen Berater
hinzuziehen, welche regelmäßig ein ei-
genes Gutachten zum geplanten Perso-
nalabbau oder Change-Projekt erstellen
lassen. Dies kann Wochen dauern und
die Beratungsphase einer Betriebsän-
derung substanziell verzögern. Ist die
Gutachtenerstellung vertretbar, so sind
Arbeitgebern die Hände gebunden.
Deshalb müssen alle Modalitäten des
Change-Prozesses bereits im Vorfeld
eruiert, antizipiert und argumentativ im
Whitebook dargestellt werden, sodass
eine zügige und rechtssichere Informa-
tions- und Verhandlungsphase mit der
Mitarbeitervertretung durchlaufen wer-
den kann.
Das interne Whitebook gibt im Ergeb-
nis also das Zielbild des Unternehmens
oder Konzerns nach der Reorganisation
wieder. Es zeigt auf, wie die Zieldimen-
sionierung arbeitsrechtlich erreicht
werden kann. Ein unbeteiligter Externer
muss aus dem Whitebook Status und
Schicksal sowie Zielstrukturen eines
jeden Arbeitsplatzes oder FTE ablesen
können. Ebenfalls in das interne White-
book aufgenommen wird ein detaillierter
Zeitplan, welcher die Durchführung der
einzelnen HR-Maßnahmen zeitlich koor-
diniert. Darüber hinaus ist als Teil des
internen Whitebooks noch ein Kommu-
nikationsplan inklusive möglicher Eska-
Muster
Interessenausgleich zu einer ge­
planten Betriebsänderung (HI726183)
Die Arbeitshilfe finden Sie im Haufe
Personal Office (HPO). Internetzugriff:
ARBEITSHILFE