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RECHT
_URTEILSDIENST
Altersgrenzen in Versorgungsordnung flexibel auszulegen
Die rechtlichen Regeln zur Betriebsrente
sind komplex. Schwierig daran ist aber
auch, dass Regeln festgelegt werden,
die recht weit in die Zukunft reichende
Sachverhalte abdecken sollen. So hatte
Betriebsrente vor, kann sich diese ver-
schieben – analog zur gesetzlichen Ren-
tenversicherung. Das BAG zog für die
Auslegung die Grundsätze für Allgemei-
ne Geschäftsbedingungen heran.
das Bundesarbeitsgericht (BAG) in ei-
nem aktuellen Fall die Vorgaben einer
Alters- und Hinterbliebenenversorgung
(AHV) auszulegen. Sieht die AHV eine
feste Altersgrenze für den Bezug der
URTEIL DES MONATS
In dem Rechtsstreit ging es darum, dass eine Mitarbeiterin bereits
ab Vollendung des 60. Lebensjahrs eine Betriebsrente von ihrem
Arbeitgeber, der Ärztekammer Nordrhein, beansprucht hat. Ihr wur-
den Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach den Regeln
zur AHV der Kammer zugesagt. Diese AHV sieht vor, dass Versor-
gungsbezüge gewährt werden, wenn der oder die Angestellte fünf
Jahre in den Diensten des Arbeitgebers gestanden hat und nach
Vollendung des 63. Lebensjahrs, bei Mitarbeiterinnen bereits nach
Vollendung des 60. Lebensjahrs, aus den Diensten bei der Kammer
ausgeschieden ist. Zudem legt sie fest, dass die Versorgungsbe-
züge um die Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen
zu kürzen sind. Im November 2010 teilte nun der Arbeitgeber der
Mitarbeiterin mit, dass sie die Betriebsrente frühestens mit Vollen-
dung des 63. Lebensjahrs erhalten könnten. Grund dafür seien die
geänderten Altersgrenzen in der gesetzlichen Rentenversicherung.
Gegen diese Änderung hatte sich die Mitarbeiterin mit ihrer Klage
gewandt und verlangte, ihr bereits nach Vollendung des 60. Lebens-
jahrs Versorgungsleistungen zu gewähren. Das BAG lehnte jedoch
ihr Begehren – im Gegensatz zum Urteil in der Vorinstanz – ab. Die
AHV sei dahin auszulegen, dass ein Anspruch auf Betriebsrente nur
bestehe, wenn der Mitarbeiter eine Rente aus der gesetzlichen Ren-
MITBESTIMMUNG BEI FACEBOOK
ZUSAMMENFASSUNG
Eine vom Arbeitgeber eingerichtete Face-
book-Seite ist keine technische Einrichtung zur Überwachung von
Leistung und Verhalten der Mitarbeiter. Der Betriebsrat hat daher
kein Recht zur Mitbestimmung.
RELEVANZ
Der Fall zeigt, wie schnell Social-Media-Aktivitäten den
Betriebsrat auf den Plan rufen. Zumal es zu Mitbestimmungsrechten
im Zusammenhang mit Facebook-Seiten noch keine umfassende
Rechtsprechung gibt. Im konkreten Fall lehnte das LAG das Mitbe-
stimmungsrecht ab, da es sich nicht um eine technische Einrichtung
zur Mitarbeiterüberwachung handle – auch wenn Kunden des
Unternehmens negative Kommentare zu Mitarbeiterleistung posten
konnten. Eventuell muss nochmals das BAG darüber entscheiden.
191 MILLIONEN SCHADENSERSATZ
ZUSAMMENFASSUNG
Ein Manager muss dem Ex-Unternehmen nicht
das Bußgeld ersetzen, das die Kartellbehörde wegen Preisabsprache
verhängt hatte. Das LAG wies die Klage über stolze 191 Millionen
Euro ab. Die Entscheidung über 100 Millionen Euro steht noch aus.
RELEVANZ
Die Klage über 291 Millionen Euro von Thyssen-Krupp
zählt vermutlich zu den höchsten Schadensersatzforderungen, die
ein Unternehmen vor einem deutschen Arbeitsgericht verlangt hat-
te. Das Bußgeld des Bundeskartellamts ist jedoch vom Ex-Manager
grundsätzlich nicht zu holen. Kartellrechtlich richtete sich die Geld-
buße an das Unternehmen, um den erzielten Vorteil abzuschöpfen.
Bleiben die restlichen 100 Millionen: Hier muss die Beweisaufnah-
me zeigen, ob der Manager tatsächlich an Absprachen beteiligt war.
tenversicherung beziehe. Daher stünden der Beschäftigten auch erst
zu diesem Zeitpunkt Leistungen der betrieblichen Altersversorgung
zu, urteilten die Richter. Zudem lege die AHV für Frauen keine fixe,
sondern eine flexible Altersgrenze auf das 60. Lebensjahr fest.
Die Altersgrenzen der Versorgungsordnung sind flexibel auszulegen.
Quelle
BAG, Urteil vom 13.1.2015, Az. 3 AZR 894/12
Quelle
LAG Düsseldorf, Teilurteile und Beschlüsse vom 20.1.2015
Quelle
LAG Düsseldorf, Beschluss vom 12.1.2015, Az. 9 Ta BV 51a