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ORGANISATION
_AUSLANDSKRANKENSCHUTZ
personalmagazin 03 / 15
K
onstantin T. traute seinen Au-
gen nicht, als er das Schreiben
seiner Versicherung öffnete:
Im Zuge einer Prämienan-
passung, so wurde ihm mitgeteilt, sehe
sich der Auslandskrankenversicherer
gezwungen, die monatliche Beitragsrate
um 100 Prozent, von monatlich 500 Euro
auf 1.000 Euro, zu erhöhen. Grund: Die
Gesundheitskosten im asiatischen Raum
würden drastisch zu Buche schlagen.
Der 39-jährige Konstantin T. lebt seit
zwei Jahren als Expat in Shanghai, wo er
für einen deutschen Verlag eines Asien-
Wirtschaftsmagazins tätig ist und bis-
lang nicht ein einziges Mal erkrankte.
Aus Versicherersicht hatte er also noch
keinen einzigen Schaden verursacht.
Der Verlag hatte sämtliche Auslands-
korrespondenten weltweit beim selben
Anbieter versichert, die immense Bei-
tragserhöhung betraf jedoch ausschließ-
lich die Journalisten im Raum Asien.
Wie kommt es zu solch exorbitanten
Erhöhungen? „Offenbar hat ein Expat
einen sogenannten Großschaden verur-
sacht, etwa durch eine schwere Erkran-
kung oder einen schlimmen Unfall. Die
Behandlung eines Schädel-Hirntraumas
kann in China schnell mal 120.000 Euro
kosten – ohne noch folgende Kranken-
hausaufenthaltstage. In der Konsequenz
muss die Schadenquote die Beitragsein-
nahmen im Auslandskrankenversiche-
rungstarif deutlich überstiegen haben,
sodass der Anbieter seine Verluste
durch eine Beitragssteigerung ausglei-
chen will“, erläutert Claus-Helge Groß,
Von
Anne-Katrin Schulz
Tücken beim Schutz von Expats
ÜBERBLICK.
Auslandspolicen für entsandte Mitarbeiter gibt es mehr als benötigt.
Wer sich an einen Anbieter bindet, sollte jedoch genau prüfen, was dieser verspricht.
Versicherungsspezialist bei der BDAE
Gruppe und Asienexperte. Solche Situ-
ationen sind laut Groß keine Seltenheit,
denn oftmals kalkulierten Auslandsver-
sicherer sehr knapp, um die lukrativen
Expats internationaler Unternehmen der
DACH-Regionen bei sich zu versichern.
Ein Beispiel, wie schnell und drastisch
die Versicherungsprämien steigen kön-
nen, wenn die Risikogruppe zu klein ist:
Im Jahr 2013 versicherte ein deutsches
Maschinenbauunternehmen seine sieben
Expats bei einem bestimmten Anbieter.
Im Laufe des Jahres wurde eine Aus-
landsentsandte schwanger und ein Expat
brach sich das Bein. Die Folge: Im Jahr
2014 erhöhte der Anbieter die Beiträge für
die Police um satte 50 Prozent – für jeden
einzelnen Versicherten.
Gesunde Expats bei Anbietern gefragt
Für gewöhnlich gelten Auslandsent-
sandte als Klientel mit einem äußerst
geringen Risiko, zu erkranken. „Firmen,
die Mitarbeiter für einen längeren Auf-
enthalt ins Ausland schicken, wählen
meistens junges und leistungsstarkes
Personal aus, das auch unter erschwer-
ten Lebensbedingungen fernab der Hei-
mat Projekte bravourös meistert“, so
Groß weiter. Meist werben die Anbieter
mit günstigen Versicherungsprämien,
Bangkok 2013: In die unvermittelt ausbrechenden Unruhen wurden auch deutsche
Zivilisten verwickelt – Expatversicherungen können Zahlungen hier ausschließen.