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ORGANISATION
_MITARBEITERUMFRAGE
personalmagazin 03 / 15
S
eit einiger Zeit ist eine neue HR-
Kennzahl in aller Munde: Der
Employee Net Promoter Score
(ENPS). Er basiert auf dem Net
Promoter Score (NPS), der mithilfe der
ultimativen Frage „Würden Sie Marke X
einem Freund oder Kollegen weiteremp-
fehlen?“ die Kundenloyalität erfasst. Für
den ENPS­ werden statt der Kunden die
Mitarbeiter des Unternehmens befragt.
Diese geben auf einer Skala von null (sehr
unwahrscheinlich) bis zehn (sehr wahr-
scheinlich) an, ob sie ihr Unternehmen
an Freunde und Bekannte als Arbeitge-
ber weiterempfehlen würden – was als
Indikator für Loyalität, Zufriedenheit und
Engagement der Belegschaft dienen soll.
Um den ENPS zu berechnen, ordnet
man die Befragten zunächst einer von
drei Gruppen zu. Personen, deren Ant-
wort im Bereich von null bis sechs liegt,
gelten als „Detraktoren“. Befragte mit
einem Punktwert von sieben oder acht
werden als „passiv Zufriedene“ klassifi-
ziert. Liegt der Punktwert bei neun oder
zehn, gilt die Person als „Promoter“. Der
ENPS ergibt sich aus der Differenz der
prozentualen Anteile von Promotoren
und Detraktoren, sodass er zwischen
-100 und +100 liegen kann. Finden sich
in einem Unternehmen mit 100 Mitar-
beitern beispielsweise 20 Detraktoren,
30 passiv Zufriedene und 50 Promo-
toren, so beträgt der ENPS +30.
Der ENPS bietet einige Vorteile ge-
genüber der klassischen Mitarbei-
terbefragung: Die Teilnahme an der
ENPS-Befragung ist eine Sache von
Von
Benjamin Haarhaus
wenigen Sekunden, was die Teilnah-
mebereitschaft und damit auch die Re-
präsentativität der Ergebnisse erhöht.
Während klassische Mitarbeiterbefra-
gungen oft eine unüberschaubare Men-
ge an Daten produzieren, liefert der
ENPS nur eine einzige komprimierte
Kennzahl. Diese lässt sich mühelos in
Berichte integrieren. Aufgrund der ge-
ringen Dauer lässt sich der ENPS zudem
in kürzeren Intervallen erheben, sodass
Unternehmen schneller auf Verände-
rungen der Kennzahl reagieren können.
In Anbetracht dieser Vorteile könnte
der ENPS eine Alternative zur klas-
sischen Mitarbeiterbefragung sein. Eine
genauere Betrachtung wirft jedoch Fra-
gen zu Methodik und Inhalt auf.
Willkürliche Einteilung in Kategorien
Ein Kritikpunkt liegt im Aufbau der
Kategorien: Auf Basis ihrer Antworten
werden die Mitarbeiter in Promotoren
Nur eine einzige Zahl
ANALYSE.
Das Marketing erfasst mit dem „Net Promoter Score“ die Kundenloyalität. In
abgewandelter Form dient er auch als HR-Kennzahl. Doch der Aussagewert ist strittig.
© AMANALANG / THINKSTOCKPHOTOS.DE
sehr
unwahrscheinlich
Employee Net Promoter Score
Für den ENPS wird gefragt: Würden Sie Unternehmen X an Freunde und Bekannte als
Arbeitgeber weiterempfehlen? Die Antwort wird auf einer Zehnerskala gemessen.
BERECHNUNG DES ENPS
sehr
wahrscheinlich
Detraktoren
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
Passive
Promotoren
% Promotoren
% Detraktoren
=
(neun bis zehn), passiv Zufriedene (sie-
ben bis acht) und Detraktoren (null bis
sechs) unterteilt. Hier drängt sich die
Frage auf, wie die Wertebereiche für die
drei Gruppen festgelegt wurden. Wieso
sind es null bis sechs Punkte, die zu
einer Einstufung als Detraktor führen,
und nicht beispielsweise null bis drei?
Auch die inhaltliche Bedeutung der drei
Gruppen ist fragwürdig: Ist ein Punkt-
wert von null tatsächlich genauso zu
bewerten wie ein Punktwert von sechs,
der sogar über der Skalenmitte liegt?
Ist es sinnvoll, aus einem Punktwert
von acht auf „passive Zufriedenheit“ zu
schließen? Die Gruppenzuordnung ist
in dieser Form kontraintuitiv und mög-
licherweise problematisch.
Darumsollte die Zuordnung der Punkt-
werte zu den drei Gruppen revidiert
werden. Intuitiv verständlich wäre es,
die Punktgrenzen symmetrisch um die
Skalenmitte anzuordnen. Zum Beispiel