Seite 34 - personalmagazin_2014_09

Basic HTML-Version

34
MANAGEMENT
_RECRUITING
personalmagazin 09 / 14
I
m vergangenen Jahr haben wir bei
Zappos noch eine Karrierewebseite
mit Stellenanzeigen betrieben – und
31.000 Bewerbungen erhalten. Letztlich
haben wir nur einen kleinen Prozentsatz
der Bewerber, nämlich 1,5 Prozent, ein-
gestellt. Das heißt, wir mussten 30.000
Bewerbern eine Absage schicken. Alle
diese Kandidaten erhielten ein stan-
dardisiertes Absageschreiben. Das sind
30.000 verpasste Chancen, eine Basis
für eine mögliche spätere Interaktion zu
schaffen. Darüber hinaus haben wir fest-
„30.000 verpasste Chancen“
gestellt, dass 80 Prozent der Besucher
unserer Karrierewebseite abgesprun-
gen sind. Die große Mehrheit der Kan-
didaten, die vielleicht tolle Fähigkeiten
haben oder genau in unsere Kultur hin-
einpassen, konnte zum Zeitpunkt ihres
Besuchs keine passende Ausschreibung
finden – und verirrt sich wahrscheinlich
kein zweites Mal mehr dorthin.
Indem wir uns von den Stellenan-
zeigen verabschieden, wollen wir im
Einstellungsprozess mehr Wert auf die
Beziehungen zu den Kandidaten legen
G
eeignete Bewerber finden ohne
Stellenanzeigen? Das ist eine in-
teressante Idee und für bestimm-
te Stellen sicher sinnvoll. Auch wir setzen
neben den Stellenanzeigen natürlich auf
Direktansprache, Rekrutierungsveran-
staltungen, Bindungsprogramme und
Initiativbewerbungen. Wir werden unse-
re offenen Positionen trotzdem weiterhin
ausschreiben. Das hat mehrere Gründe:
Erstens haben wir viele Stellen, die Be-
sen nach Stellen, nicht auf der Webseite
von Unternehmen. So haben sie alle ver-
fügbaren Stellen auf einen Blick – ist die
BASF hier nicht vertreten, bewerben sich
die Kandidaten höchstwahrscheinlich
bei der Konkurrenz, weil es einfacher ist.
Zudem möchten wir bei Bewerbern auch
keine falschen Erwartungen wecken. Je-
der sollte wissen, ob er für eine Position
wirklich geeignet ist und ob es diese Po-
sition gibt, bevor er sich bewirbt. Einen
Alternativcheck, das heißt die Bewer-
bung des Kandidaten auch auf andere
Stellen abgleichen, machen wir sowieso.
Es geht also niemandem eine Chance
„Wer die besten Mitarbeiter möchte,
muss den Kandidaten Service bieten“
werber auf den ersten Blick nicht bei uns
erwarten würden. Wer denkt denn bei
einem Chemieunternehmen an Köche,
Anwälte oder Maurer? Kandidaten für
diese Stellen würden sich meist nicht
initiativ bewerben.
Zweitens müssen Großunternehmen,
wenn sie die besten Mitarbeiter wollen,
natürlich auch einen gewissen Service
für Kandidaten bieten. Gerade Studenten
oder Absolventen suchen eher in Jobbör-
KELLY WOLSKE
ist Senior Trainer beim
Online-Versandhändler Zappos.
PERSONALMAGAZIN WILL WISSEN
JA, NEIN ODER
Pro