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MANAGEMENT
_FÜHRUNG
personalmagazin 09 / 14
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er Standort China bleibt trotz
seines zuletzt geringeren
Wachstums für die globale
Wirtschaft bedeutend. Zahl-
reiche deutsche und deutsch-chinesi-
sche Unternehmen haben sich auf dem
dynamischen Markt mit unbeständigen
Rahmenbedingungen bereits erfolgreich
etabliert. Bei diesen Firmen rückt nun
die junge Generation von Chinesen nicht
nur als Konsumenten, sondern auch als
potenzielle Mitarbeiter in den Fokus.
Wer in solchen Kooperationen Personal
führen will, sollte jedoch die Unterschie-
de im Führungsverständnis der beiden
Kulturen kennen. Die Schwierigkeiten
dabei werde ich im Folgenden zusam-
Von
Jonas Polfuß
men mit aktuellen Studienergebnissen
und Lösungsvorschlägen analysieren.
Chinas junge Generation: Zwischen
Klischee und Wirklichkeit
Die nach 1980 geborene Generation von
Chinesen polarisiert: In westlichen Me-
dien hat sich das Bild von den verwöhn-
ten kleinen Kaisern aus Ein-Kind-Fami-
lien etabliert. Daneben ist immer wieder
von unermüdlichen Malochern die Rede,
die für den beruflichen und sozialen
Aufstieg jeden Preis zahlen. Beides ent-
sprach und entspricht nur bedingt der
Realität: Bei den kleinen Kaisern wird
oft vergessen, mit welch enormem Druck
das Leben als Herzstück der Familie ver-
bunden ist. Und obwohl viele Chinesen
noch bereit sind, zahllose Überstunden
zu leisten, hat sich in einigen Regionen
und Gruppen längst der Wunsch nach
mehr Lebensqualität durchgesetzt.
Wer diese Generation verstehen möch-
te, muss auch die wirtschaftlichen und
gesellschaftlichen Entwicklungen der
vergangenen 30 Jahre berücksichtigen:
Der Umbruch von Familien- und Sozi-
alstrukturen, technische und mediale
Quantensprünge sowie der rasante Wan-
del in riesigen Städten erhöhen die Le-
benskomplexität der jungen Chinesen.
Work-Life-Balance ist das höchste
Karriereziel chinesischer Studenten
Welche Faktoren das Berufsverhalten
chinesischer Absolventen und Mitarbei-
ter beeinflussen, wird seit einiger Zeit
intensiver untersucht. Im Jahr 2013 er-
kundigte sich etwa die Continental AG
in einer Umfrage bei 1.041 Studenten
in China nach deren Kriterien bei der
Auswahl des künftigen Arbeitgebers.
An erster Stelle nannten sie den Ver-
dienst und mögliche Zusatzleistungen.
Auf Platz zwei bis vier folgten Entwick-
lungsmöglichkeiten, Fortbildungsange-
bote und die Zusammenarbeit im Team.
Die Einkommenserwartungen sind zwar
mit dem abgeschwächten Wirtschafts-
wachstum leicht zurückgegangen, doch
ein angemessenes Gehalt bleibt wei-
terhin ein wesentliches Kriterium der
Mitarbeiterzufriedenheit. Nach ihren
Karrierezielen hat der Employer-Bran-
ding-Berater Universum in diesem Jahr
51.000 Studenten der 100 Top-Universi-
täten Chinas befragt. Interessanterweise
nannten die Studenten als höchstes Ziel
eine Work-Life-Balance. Sie definierten
Weder Kaiser noch Malocher
ANALYSE.
In China herrscht ein anderes Führungsverständnis als hierzulande. Welche
Unterschiede es fernab von Klischees gibt und wie sich diese auf die Praxis auswirken.
CHINESISCHE LEITUNG FÜR DEUTSCHE
Eine Studie des China-Portals Inter Culture Capital (ICC) zeigt, dass die große Mehrheit
der 188 befragten Deutschen ungern einen chinesischen Vorgesetzten hätte.
8,5
80,9
10,6
Angaben in Prozent
ungerne
neutral
gerne