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vertraglich überhaupt zu leisten ver-
pflichtet ist. Dies ergibt sich aus dem
Arbeitsvertrag in Verbindung mit § 611
Absatz 1 BGB. Umfang und Qualität der
Arbeitsleistung richten sich nach der
Stellenbeschreibung des Arbeitsplat-
zes, die der Arbeitgeber durch konkrete
Weisungen mündlich oder schriftlich
bestimmt. Der Arbeitnehmer schuldet
keinen Erfolg und kein bestimmtes Ar-
beitsergebnis, sondern lediglich die
vertraglich vorgesehene Tätigkeit. Vom
Zum Maßnahmenkatalog bei „Low Performern“ gehören auch die Möglichkeit einer
Änderungskündigung und der Einsatz des betrieblichen Eingliederungsmanagements.
Die Prüfung der Alternativen „Änderungskündigung“ und „betriebliches Eingliederungs-
management (BEM)“ ist auch Voraussetzung für eine mögliche spätere Kündigungs-
maßnahme, da nach dem Ultima-Ratio-Prinzip stets zu prüfen ist, ob nicht statt einer
Beendigungskündigung weniger einschneidende Maßnahmen in Betracht kommen.
Änderungskündigung
Eine Änderungskündigung, durch die Arbeitszeit und Arbeitsentgelt des Arbeitnehmers
gekürzt werden sollen, um eine Leistungssteigerung eines Minderleisters herbeizufüh-
ren, ist weder als verhaltensbedingte noch als personenbedingte Änderungskündigung
sozial gerechtfertigt (LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 17.6.2009, Az. 3 Sa
313/08).
Bietet der Arbeitgeber vor Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung dem Arbeit-
nehmer an, den Vertrag leidensgerecht auszugestalten, und lehnt der Arbeitnehmer
dies ab, so muss der Arbeitgeber nach wie vor eine Änderungskündigung als milderes
Mittel wählen; eine Beendigungskündigung ist nicht wirksam (LAG Rheinland-Pfalz,
Urteil vom 2.4.2009, Az. 10 Sa 495/08).
Betriebliches Eingliederungsmanagement
Sind Mitarbeiter innerhalb eines Jahres (bezogen auf 365-Tage-Zeitraum) länger als
sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig krank, hat der Arbeitge-
ber nach § 84 Absatz 2 SGB IX ein sogenanntes „Betriebliches Eingliederungsmanage-
ment“ (BEM) durchzuführen. Er muss dabei zusammen mit dem betroffenen Arbeitneh-
mer, bei schwerbehinderten Menschen außerdem mit der Schwerbehindertenvertretung
und – soweit erforderlich – auch mit dem Betriebsarzt klären, wie die Arbeitsunfähigkeit
überwunden werden und mit welchen Vorkehrungen erneuter Arbeitsunfähigkeit
vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann. Die Beteiligten sollen dabei
feststellen, aufgrund welcher gesundheitlichen Einschränkungen es zu den Ausfallzeiten
gekommen ist und welche Möglichkeiten bestehen, sie zukünftig zu verringern, um so
eine Kündigung zu vermeiden (BAG, Urteil vom 24.3.2011, Az. 2 AZR 170/10).
Mit der Entscheidung hat das BAG festgehalten, dass das Erfordernis eines BEM für alle
Arbeitnehmer besteht, nicht nur für behinderte Menschen. Ein nicht durchgeführtes BEM
führt zwar nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung, verwehrt dem Arbeitgeber aber den
pauschalen Hinweis, er kenne keine alternativen Einsatzmöglichkeiten für den erkrank-
ten Arbeitnehmer und es gebe keine leidensgerechten Arbeitsplätze.
Änderungskündigung und BEM
Praxisbeispiel
Rechtsprechung
Arbeitnehmer kann grundsätzlich nur
die Leistung erwartet werden, die er
bei angemessener Anspannung seiner
geistigen und körperlichen Kräfte auf
Dauer ohne Gefährdung seiner Gesund-
heit zu leisten imstande ist. Die Leis-
tung des Arbeitnehmers richtet sich
mithin nach seinem individuellen Leis-
tungsvermögen und nicht nach einem
objektiven Maßstab. Nach diesem sub-
jektiven Leistungsmaßstab bestimmen
sich Arbeitstempo und Arbeitsintensi-
tät. Der Arbeitnehmer kann allerdings
seine Leistungspflicht nicht willkürlich
bestimmen. Vielmehr muss er tun, was
er soll, und zwar so gut, wie er kann
(BAG, Urteil vom 11.12.2003, Az. 2 AZR
667/12). Dies führt zu einer dynami-
schen Leistungspflicht: Wer überdurch-
schnittlich leisten kann, ist auch zu
überdurchschnittlichen Leistungen ver-
pflichtet. Wer umgekehrt unterdurch-
schnittlich leistungsfähig ist, genügt mit
einer unterdurchschnittlichen Leistung
seiner Arbeitspflicht.
Kann er nicht oder will er nicht?
Kündigungsrechtlich kann ein Vorgehen
gegen einen „Low Performer“ aus zwei
unterschiedlichen Varianten bestehen,
die im Streitfall unter unterschiedlichen
Voraussetzungen überprüft werden. Es
kann sich um eine verhaltensbeding-
te oder eine personenbedingte Kündi-
gungsform handeln. Arbeitgeber müs-
sen sich daher zunächst immer fragen,
ob ein Arbeitnehmer „nicht will“ oder
ob er alternativ dazu „nicht kann“. Beim
fehlenden Wollen liegt steuerbares Ver-
halten vom Arbeitnehmer vor, auf das
mit einer Abmahnung eingewirkt wer-
den kann oder muss. Im Idealfall korri-
giert der Arbeitnehmer sein Verhalten;
anderenfalls wird eine verhaltensbe-
dingte Kündigung unumgänglich sein.
Wenn der Arbeitnehmer dagegen
nicht kann, fehlt es an einem solchen
steuerbaren Verhalten, weshalb eine Ab-
mahnung entbehrlich und eine personen-
bedingte Kündigung in Betracht zu ziehen
ist. In beiden Fällen muss allerdings vor-
ab auch über den Ausspruch einer Än-
derungskündigung nachgedacht werden
(siehe Kasten dieser Seite).
Die verhaltensbedingte Kündigung:
Er kann, will aber nicht
Bei dieser Kündigungsvariante greift
das ungeschriebene Gesetz, dass der
Mitarbeiter zunächst abzumahnen ist.
Mit einer Abmahnung bringt der Arbeit-
geber dabei zum Ausdruck, dass er das
Verhalten des Arbeitnehmers auf Dauer