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Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
Frage, ob Leiharbeitnehmer bei der Be-
stimmung der Betriebsgröße für Klein-
betriebe eine Rolle spielen. Sie sind
mitzuzählen, lautete das Ergebnis. Al-
lerdings darf nicht jeder Leiharbeitneh-
mer in die neue Zählweise eingebunden
werden, sondern nur „die im Kündi-
gungszeitpunkt im Betrieb tätigen Leih-
arbeitnehmer, die aufgrund eines regel-
mäßigen oder eines für den Betrieb in
der Regel nicht kennzeichnenden Ge-
schäftsanfalls beschäftigt waren“.
Was darunter im Einzelnen zu ver-
stehen ist und wie ein Kleinbetrieb hier
eine rechtssichere Einschätzung dazu
vornehmen kann, wann denn der Einsatz
eines Leiharbeitnehmers die Grenze zur
Regelmäßigkeit überschritten hat, dazu
lieferten die Richter jedoch wenig An-
haltspunkte. Sie überließen alles weitere
ihren Kollegen der Tatsacheninstanz, an
die das Verfahren zur näheren Sachauf-
klärung zurückverwiesen wurde.
Urteil vom 24.1.2013, Az. 2 AZR 140/12
„Equal Pay“ für Leiharbeitnehmer:
Die Spätfolgen der CGZP-Entscheidung
Im März war sodann der Fünfte Senat
in Sachen Arbeitnehmerüberlassung
an der Reihe. Er musste sich gleich
mit fünf Verfahren zu den Nachwir-
kungen unwirksamer Tarifverträge der
christlichen Gewerkschaften befassen.
Das Ergebnis war eine herbe Niederla-
ge für Verleiher, die seinerzeit auf die
Wirksamkeit der christlichen Tarifver-
träge vertraut hatten, denn die Richter
entschieden unter anderem wie folgt:
„Etwaiges Vertrauen der Verleiher in
die Tariffähigkeit der CGZP ist nicht
geschützt.“ Neben diesem allgemeinen
kollektivrechtlichen Argument zog der
Fünfte Senat auch noch die individu-
alrechtliche AGB-Karte und entschied:
„Soweit in neueren Arbeitsverträgen
neben oder anstelle einer Verweisung
auf CGZP-Tarifverträge auf den mehr-
gliedrigen Tarifvertrag zwischen dem
Arbeitgeberverband Mittelständischer
Personaldienstleister (AMP), der CGZP
und einer Reihe von christlichen Ar-
beitnehmervereinigungen vom 15. März
2010 Bezug genommen wird, ist eine
solche Klausel intransparent und nach
§ 307 Absatz 1 Satz 2 BGB unwirksam,
wenn sich nicht ersehen lässt, welches
der tariflichen Regelwerke bei sich wi-
dersprechenden Regelungen den Vor-
rang haben soll.“
Urteil vom 13.3.2013, Az. 5 AZR 954/11,
Az. 5 AZR 146/12, Az. 5 AZR 242/12,
Az. 5 AZR 294/12, Az. 5 AZR 424/12
Leiharbeitnehmer zählen für die
Größe des Betriebsrats mit
Ebenfalls mit der Frage „Zählen Leihar-
beitnehmer bei der Feststellung eines
Schwellenwertes mit?“ musste sich der
Siebte Senat befassen. Hier ging es dar-
um, ob Leiharbeitnehmer bei der Bestim-
mung der Betriebsgröße im Rahmen von
Betriebsratswahlen zu berücksichtigen
sind, also Einfluß auf die Größe des Be-
triebsratsgremiums haben. Hier stimm-
ten die Richter ihren Kollegen vom
Zweiten Senat zu und sprachen sich
ebenfalls für ein Mitzählen von Leihar-
beitnehmern aus. Auch bei der Frage, ob
und auf welche Leiharbeitnehmer diese
neue Betrachtungsweise auszuweiten
sei, orientierte sich der Siebte Senat an
der Definition des Zweiten Senats und
beschränkte die einzubeziehenden Leih-
arbeitnehmer auf solche, die im Betrieb
„in der Regel“ beschäftigt sind. Die für
die Praxis entscheidende Frage, wann
denn diese „Regelmäßigkeit“ beginne,
blieb auch bei diesem Verfahren leider
unbeantwortet.
Beschluss vom 13.3.2013, Az. 7 ABR 69/11
Was bedeutet „vorübergehend“?
Der Auftakt des Siebten Senats
Mitte des Jahres musste der Siebte Senat
das nächste brisante Thema angehen. Es
ging um die höchst strittige Frage, wel-
che Auswirkungen es hat, dass die Ar-
beitnehmerüberlassung seit 2011 vom
Gesetzgeber ausdrücklich als „vorüber-
gehend“ bezeichnet wird. In der Sache
weigerte sich der Betriebsrat eines Un-
ternehmens, dem Einsatz eines Leihar-
beitnehmers zuzustimmen, weil für die-
sen vom Arbeitgeber kein Endzeitpunkt
vorgesehen war. Der Betriebstrat ver-
weigerte seine Zustimmung zu Recht,
beschloss der Siebte Senat. Die für die
Praxis interessante Frage, in welchem
Zeitraum eine „vorübergehende“ Über-
lassung noch zu akzeptieren ist, stand
in diesem Verfahren nicht zur Entschei-
dung an und blieb daher unbeantwortet.
Urteil vom 10.7.2013, Az. 7 ABR 91/11
Was bedeutet „vorübergehend“?
Fortsetzung durch den Neunten Senat
Was – da es für die abschließende Ent-
scheidung nicht relevant war – vom
Siebten Senat nicht beantwortet werden
konnte, das sollte zum Ende des Jahres
2013 der eingangs erwähnte Urlaubsse-
nat entscheiden. Jedoch legte auch der
Neunte Senat keinen festen Zeitraum
für den Begriff „vorübergehend“ fest.
Die Richter äußerten sich aber zur in-
dividuellen Rechtsfolge, also zu den
Konsequenzen für Unternehmen, wenn
diese Leiharbeitnehmer entgegen dem
Gesetzeswortlaut dauerhaft einsetzen.
Das LAG Baden-Württemberg hatte als
Vorinstanz entschieden, dass dann ein
Arbeitsverhältnis zwischen dem Entlei-
her und dem Leiharbeitnehmer fiktiv
anzunehmen sei (lesen Sie dazu die Be-
sprechung der Entscheidung auf Seite
58 in dieser Ausgabe).
Diesen Schluss wollte der Neunte Se-
nat nicht mittragen. Er begründete dies
damit, dass das Gesetz eine solche Folge
nicht vorsehe. Durch die LAG-Entschei-
dung seien vielmehr die richterlichen
Kompetenzen überschritten. Ein Ein-
geständnis, an das man das BAG auch
künftig öfter erinnern sollte.
Urteil vom 10.12.2013, Az. 9 AZR 51/13
Übersicht
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