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Titel
_IT-Fachkräftemangel
personalmagazin 02 / 14
für die schnelllebige IT-Branche. Wie
wertvoll ältere IT-Fachkräfte sind, er-
kennen viele Arbeitgeber immer dann,
wenn plötzlich niemand mehr in der
Belegschaft bestimmte Programmier-
sprachen beherrscht. Gleichzeitig gilt
aber auch, dass ältere IT-Mitarbeiter
weiterentwickelt werden müssen, damit
sie ihr Fachwissen aktuell halten. Das
erkannte auch der Automobilzulieferer
Bosch, der Mitte 2013 bekannt gab, sich
bei der Personalentwicklung zuneh-
mend um ältere Mitarbeiter kümmern
zu wollen, unter anderem mit einer ei-
genen Online-Plattform inklusive eines
„Bosch-Wikis“.
Gezielt um die Weiterentwicklung
erfahrener IT-Fachkräfte ging es in der
„Ini­tiative IT 50plus“, die vom Bitkom
und der IG Metall ins Leben gerufen und
vomBundesministerium für Bildung und
Forschung und dem Europäischen Sozi-
alfonds gefördert wurde. Beim ersten
nationalen IT-Gipfel 2006 hatte man fest-
gestellt, dass im IT-Bereich ein massiver
Fachkräftemangel herrscht, der sich
künftig noch verstärken wird, während
gleichzeitig viele ältere IT-Spezialisten
auf Arbeitssuche sind. Die „Initiative
IT 50plus“ sollte Maßnahmen zum Ge-
gensteuern erarbeiten. Ein Ergebnis war
das Qualifizierungsprojekt FuTEx für die
arbeitsprozessorientierte Weiterbildung
von arbeitsuchenden IT-Fachkräften mit
Erfahrung. Weitere Pilotprojekte fan-
den in Unternehmen unterschiedlicher
Größe und Marktausrichtung in der IT-
Branche statt. Die „Initiative IT 50plus“
wurde Ende 2011 abgeschlossen. Aber
von den Ergebnissen können Arbeitge-
ber heute noch profitieren. Wer mehr
über die entwickelten Leitlinien und
Konzepte erfahren will, kann sich auf
den Webseiten des Projekts informieren
Mitarbeiterbindung:
Umsorgen und Freiheiten gewähren
Um eine stabile Mitarbeitersituation zu
erhalten, setzen die Unternehmen – ins­
besondere kleinere Firmen – wieder ver­
stärkt auf Mitarbeiterbindung. Es gilt,
gute Mitarbeiter zu halten und für ein
motivierendes Arbeitsumfeld zu sorgen.
So ein Ergebnis der HR-Trendstudie 2013
des Geva-Instituts und des Bundesver-
bands der Personalmanager. Wie eine
gute Mitarbeiterbindung in der Praxis
aussehen kann, zeigt das Beispiel des fin-
nischen App-Entwicklers Futurice, der
2013 auch beim Wettbewerb „Europas
Beste Arbeitgeber 2013“ von Great Place
to Work in der Kategorie „Beste kleine
und mittlere Unternehmen“ siegte.
Am Standort Berlin, an dem gut 20
meist junge IT-Mitarbeiter tätig sind,
kümmert sich ein Pensionär als so ge-
nannter „Firmen-Großvater“ um die
Beschäftigten. Er kommt regelmäßig
vorbei, kocht und backt für die Mitar-
beiter und organisiert auch eine Weih-
nachtsfeier. „Auch die Kollegen sind
alle begeistert – ich glaube, das liegt vor
allem daran, dass er so gut kocht und
dass er kulturell gut zu uns passt“, er-
klärte Projektmanager Alexander Kluwe
im Interview mit dem Personalmagazin
(Ausgabe 4/2013). Mit dem Firmen-
Großvater griff Futurice eine Idee aus
Finnland auf. Dort haben bereits einige
Unternehmen Pensionäre eingestellt, die
mehr oder weniger regelmäßig die Mitar-
beiter umsorgen. Andere Unternehmen
wie Spreadshirt, Jimdo und Research-
gate beschäftigen „Feel Good Manager“,
die die Mitarbeiterzufriedenheit fördern
und die Unternehmenskultur aktiv be-
einflussen sollen.
Aber Futurice geht nochweiter undbie-
tet seinen Mitarbeitern auch zahlreiche
Freiheiten an, etwa die Möglichkeit, den
Arbeitsplatz zeitweise von Düsseldorf
oder Berlin nach Finnland zu verlagern.
Außerdem gibt es monatliche Zusam-
menkünfte, zu deren Beginn „Monthly
Anonymous Developer“- (MAD-)Treffen
stehen. Bei den MAD-Treffen gehen al-
le Beschäftigten ihre Ziele mit Kolle-
gen durch. Jeder bespricht offen die
erreichten Ziele der vergangenen sechs
Monate und das, was er oder sie im ver-
gangenen Monat umsetzen konnte, was
er oder sie gelernt hat und was er oder
sie für den nächsten Monat plant. Da-
mit soll die Transparenz der Mitarbeiter
untereinander, aber auch das Vertrauen
in Entwicklung, Laufbahnplanung und
professionelle Ziele gefördert werden.
Ausbildung:
Studienabbrecher integrieren
Eine wichtige Quelle für IT-Fachkräfte
ist die betriebsinterne Ausbildung. Das
IT-Systemhaus der Bundesagentur für
Arbeit ist ein gutes Beispiel dafür, wie es
gelingt, dass Azubis auch nach Ende ih-
rer Ausbildungszeit dem Unternehmen
lange erhalten bleiben. Und wie sie es
schaffen, die Quantität und Qualität der
Bewerbungen hoch zu halten (siehe Kas-
ten). Andere Arbeitgeber haben nicht so
viel Glück, ausreichend gute Bewerbun-
gen von Schulabgängern zu erhalten.
Einige Industrie- und Handelskammern
(IHK) haben erkannt, wie wichtig es ist,
zusätzliche Quellen für IT-Fachkräfte zu
erschließen, und bieten daher Studien­
abbrechern die Möglichkeit an, in einer
verkürzten Ausbildung von 18 Monaten
den Beruf des Fachinformatikers zu er-
lernen. Wie häufig Informatikstudenten
im Laufe des Studiums aufgeben, zeigt
eine Studie des Hochschulinformations-
systems HIS: 2010 betrug die Studien­
abbruchquote bei Informatik-Bachelor-
studiengängen an Universitäten rund
47 Prozent. An Fachhochschulen gibt es
weniger Abbrecher, dennoch ist die Zahl
im Vergleich zu anderen Studienfächern
ziemlich hoch.
„Your Turn“ heißt das Programm der
IHKBerlin, das sich gezielt an solche Leu-
te mit ersten IT-Erfahrungen richtet. Zu-
lassungsvoraussetzung sind mindestens
zwei Semester in einem branchenbezo-
genen Studium und Studienleistungen
von mindestens 20 Credit Points. Der
erste Ausbildungsgang startete im Fe-
bruar 2013 mit 13 Teilnehmern. Das
Feedback der beteiligten Unternehmen
und der Berufsschule ist positiv, weiß
Jakob Schmachtel, Ausbildungsvermitt-
ler der IHK Berlin. „Das Gute ist, dass