Seite 14 - personalmagazin_2014_02

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Titel
_IT-Fachkräftemangel
personalmagazin 02 / 14
personalmagazin:
Welche weiteren Maßnah-
men raten Sie Unternehmen, die nicht
genügend Bewerbungen bekommen?
Becker:
Das Wichtigste ist: Bilden Sie
aus! Aktuell übersteigt die Zahl der
Azubis in IT-Berufen zum ersten Mal
die Marke von 40.000. Das ist gut, denn
Ausbildungsplätze anzubieten ist eines
der wichtigsten Mittel gegen einen dro-
henden Fachkräftemangel. Wir wissen
ja selbst, wovon wir sprechen, da wir
die in Deutschland größte IT-Landschaft
im öffentlichen Sektor mit rund 2.000
Mitarbeitern haben. Wir stehen also vor
den gleichen Herausforderungen wie
andere Unternehmen, wenn es darum
geht, Mitarbeiter zu finden. Deshalb
bilden wir zum Beispiel Fachinformati-
ker aus und ermöglichen unseren aus-
gebildeten Fachinformatikern, parallel
zu studieren. Zum Teil können wir dies
sogar finanzieren. Zweitens dürfen Un-
ternehmen nicht darauf beharren, nur
den Olympioniken einzustellen. Wenn
Fachkräfte knapper werden, müssen
sie auch jemanden mit einem Profil
einstellen, das nur 80 oder 85 Prozent
der Wünsche erfüllt. Dann müssen die
Unternehmen selbst in den Menschen
investieren, bis er das Leistungsniveau
hat, das sie erwarten.
personalmagazin:
Eine andere Möglichkeit
ist, IT-Fachkräfte aus dem Ausland zu
rekrutieren. Gibt es Zahlen zur Auslands-
rekrutierung?
Becker:
Wir haben keine differenzierten
Zahlen für IT-Berufe. Generell ver-
zeichnen wir allerdings eine deutliche
Zunahme bei den Menschen aus dem
„Bilden Sie aus!“
INTERVIEW.
BA-Vorstand Raimund Becker erläutert die aktuellen Entwicklungen auf
dem IT-Arbeitsmarkt und sagt, wie Unternehmen darauf reagieren sollten.
personalmagazin:
Herr Becker, laut Bran-
chenverband Bitkom fehlen 39.000 IT-
Spezialisten in Deutschland. Sie sagten
dagegen in einer Stellungnahme zum
Arbeitsmarkt, dass sie keinen flächende-
ckenden IT-Fachkräftemangel sehen. Wie
passt das zusammen?
Raimund Becker:
Wir müssen ja berück-
sichtigen, dass sich hinter dem Begriff
„IT“ rund 150 Berufsbezeichnungen
verbergen – das geht vom Anwendungs-
berater und Fachinformatiker bis hin
zum Systemprogrammierer. Um einen
Fachkräftemangel festzustellen, haben
wir ein System entwickelt, bei dem wir
die gemeldeten offenen Stellen und die
Anzahl der Bewerber gegenüberstellen.
Wenn es weniger als drei Bewerber pro
offene Stelle gibt und die Vakanzzeit
deutlich über dem Bundesdurchschnitt
liegt, sprechenwir voneinemFachkräfte-
engpass. Anhand dieser Zahlen besteht
bundesweit kein flächendeckender Man-
gel an IT-Fachkräften, aber in bestimm-
ten Berufen und bestimmten Regionen
haben wir dieses Phänomen.
personalmagazin:
Welche IT-Berufe sind
betroffen?
Becker:
Ein bundesweiter Mangel besteht
bei Informatikern und Softwareent-
wicklern. Bei den Informatikern waren
beispielsweise im Mai 2013 rund 2.000
offene Stellen gemeldet, denen nur
1.700 Bewerber gegenüberstanden. Das
sind weniger Bewerber als offene Stel-
len – ganz klar: Da fehlt etwas. Bei den
Softwareentwicklern hatten wir im Mai
2013 etwa 1.700 Stellen im Bestand und
1.800 Bewerber. Es stehen also deutlich
weniger Bewerber zur Verfügung als be-
nötigt werden, um eine vernünftige Per-
sonalauswahl zu treffen. Bei anderen IT-
Berufen kann durchaus ein regionaler
Mangel vorhanden sein, ein bundeswei-
ter ist jedoch nicht festzustellen.
personalmagazin:
Aber es werden nicht alle
offenen Stellen der Bundesagentur für Ar-
beit gemeldet. Ist der tatsächliche Mangel
nicht höher als Ihre Zahlen darstellen?
Becker:
Das kann durchaus sein. Aber
wir beobachten ja auch die Vakanzen in
anderen Jobbörsen. So erhalten wir eine
Transparenz über Angebot und Nachfra-
ge. Außerdem haben wir Kooperationen
mit Jobbörsen, über die wir gegenseitig
die Stellen austauschen. Sicherlich be-
steht immer noch eine Lücke von nicht
gemeldeten und den uns bekannten
Stellen. Da kann ich den Unternehmen
nur raten: Wenn Sie Ihre Vakanzen
nicht melden, dann haben Sie nicht alle
Möglichkeiten ausgeschöpft und verge-
ben für sich eine Chance, geeignete Be-
werber zu finden.
„Hinter dem Begriff IT
verbergen sich rund
150 Berufsbezeichnun-
gen. Ein bundesweiter
Mangel besteht nur bei
Informatikern und Soft-
wareentwicklern.“