Seite 26 - personalmagazin_2014_06

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Titel
_ständige Erreichbarkeit
personalmagazin 06 / 14
I
mmer mehr Arbeitnehmer nutzen
für ihre Arbeit mobile Endgeräte.
Sowohl Notebooks als auch Tablet-
Computer und vor allem Smart-
phones sind im Einsatz. Zu welchen
Veränderungen das schon jetzt für
unsere Arbeitswelt geführt hat, belegt
eine Studie des Bundesverbands Infor-
mationswirtschaft, Telekommunikation
und Neue Medien e. V. (Bitkom) aus dem
Jahr 2013. Danach geht der Trend ein-
deutig zur mobilen Arbeit: Bereits 79
Prozent aller Erwerbstätigen nutzen für
ihre tägliche Arbeit mobile Endgeräte.
Ein Drittel der befragten Erwerbstätigen
nutzen dies zum Arbeiten von Zuhause
aus, 21 Prozent täglich und zehn Prozent
an mehreren Tagen in der Woche.
„Always On“ ist schon normal
Die wichtigste Folge dessen ist, dass
inzwischen rund drei Viertel aller Be-
rufstätigen in Deutschland außerhalb
ihrer regulären Arbeitszeit für Kollegen,
Vorgesetzte oder Kunden per Telefon
oder E-Mail erreichbar sind: 30 Prozent
davon jederzeit, also „Always On“ und
Von
Robert von Steinau-Steinrück
32 Prozent zumindest zu bestimmten
Zeiten, zum Beispiel abends oder am
Wochenende.
Nach den Ergebnissen der Bitkom-
Umfrage erwarten mittlerweile auch
immer mehr Unternehmen eine solche
Arbeitsweise: 52 Prozent der befragten
Unternehmen sprachen die Erwartung
aus, dass ihre Mitarbeiter außerhalb
der regulären Arbeitszeit jederzeit oder
zu bestimmten Zeiten per Handy oder
E-Mail erreichbar sind. Etwas weniger
Befragte (48 Prozent) verlangen keine
Erreichbarkeit oder nur in dringenden
Ausnahmefällen. Interessant dabei ist,
dass es in 62 Prozent aller Unternehmen
keinerlei Vorgaben gibt, wann Mitarbei-
ter elektronisch erreichbar sein sollten
und wann nicht.
Auf den Umbruch sind die
Arbeitszeitgesetze nicht vorbereitet
Bei diesen Entwicklungen darf nicht
vergessen werden, dass sich gleichzei-
tig der sogenannte „Burnout“ zu einer
neuen Modekrankheit entwickelt hat.
Als eine der Ursachen gilt der E-Mail-
Terror – nach einer Erhebung eines
Forschungsteams der Radicati Group
werden derzeit weltweit und täglich zir-
ka 89 Milliarden E-Mails versandt. Da-
bei stimmt es wenig beruhigend, dass
die Wissenschaftler für das Jahr 2016
mit einer Zahl von fast 144 Milliarden
­E-Mails täglich rechnen.
Zunächst ist aus Sicht des Arbeits-
rechts festzustellen: Auf diesen radi-
kalen Umbruch unserer Arbeitswelt und
die Auflösung der Grenzen zwischen
dem beruflichen und dem privaten Le-
ben der Beschäftigen ist das Arbeitszeit-
gesetz nicht vorbereitet. Die Frage stellt
sich, ob es eigentlich noch zeitgemäß ist.
Die Besinnung auf die ihm zugrunde
liegenden alther gebrachten Kategorien
birgt aber auch die Chance, den erheb-
lichen Risiken der Entgrenzung von
beruflichem und privatem Leben zu be-
gegnen. Die vertiefte Beschäftigung mit
dem Arbeitszeitgesetz ist dabei für Per-
sonalverantwortliche kein Hobby, son-
dern rechtliche Pflicht. Die Regelungen
des öffentlich-rechtlichen Arbeitszeit-
gesetzes sind bekanntlich zwingend,
soweit es keine Abweichungen vorsieht.
Wer seine Regelungen verletzt, handelt
ordnungswidrig und muss mit Bußgeld
rechnen.
Ohne rechtliche Regeln drohen dem
Arbeitgeber gravierende Folgen
Bei vorsätzlicher und/oder wieder-
holter Begehung kann eine Straftat
vorliegen (§ 23 ArbZG). Adressat der
arbeitsschutzrechtlichen Vorgaben ist
der Arbeitgeber. Ihm obliegt die Ver-
Analog zum Bereitschaftsdienst
anwendung.
Mobile Endgeräte lösen die Trennung zwischen der beruflichen und der
privaten Welt auf. Das wirft viele arbeitszeitrechtliche Fragen auf.
Die vertiefte Beschäfti-
gung mit dem Arbeits-
zeitgesetz ist dabei für
die Personalverant-
wortlichen kein Hobby
für nebenbei, sondern
rechtliche Pflicht.
Muster
Betriebsvereinbarung zum Umgang
mit der mobilen Arbeit (HI6708373)
Die Arbeitshilfe finden Sie im Haufe
Personal Office (HPO). Internetzugriff:
ARBEITSHILFE