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Szene
_Sabbaticals
personalmagazin 06 / 14
W
olfgang Degel ist voller
Energie: Der Leiter des
Center of Competence Al-
tersversorgungssysteme
bei BMW in München sprintet über den
Büroflur in den Konferenzraum um zu
prüfen, ob dieser frei ist. Dann wendet
er sich schwungvoll seinem Besuch zu,
um über seine Auszeit von Mai bis Mitte
September 2012 zu berichten. Offenbar
hat er den Bogen raus, wie man sich
langfristig motiviert und leistungsstark
macht – auch nach 28 Jahren beim glei-
chen Arbeitgeber. Der Personaler ist dem
Trend zum Sabbatical gefolgt.
Die längere Auszeit wird bei deut-
schen Arbeitnehmern immer beliebter:
Laut einer Forsa-Studie im Auftrag des
Bundesbildungsministeriums hegen et-
wa 57 Prozent den Wunsch, einmal weg
zu sein. Im Jahr 2008 waren es noch 38
Prozent. Auch bei den Arbeitgebern ist
der Trend offenbar angekommen: 61 Pro-
zent der Firmen, die AON für die Studie
„Fringe Benefits 2013“ befragt hat, bie-
ten diese Leistung schon an.
Darunter ist auch Microsoft Deutsch-
land. Die Personalchefin des Unterneh-
mens geht dabei mit gutem Beispiel
voran: Im August 2013 hat Brigitte Hirl-
Höfer sich in ein Sabbatjahr verabschie-
det. Im Spätsommer 2013 ist sie gerade
einige Wochen raus aus dem Business.
Sie wirkt gut erholt und voller Energie.
„Es geht mir sehr gut“, bestätigt sie.
„Die Entspannung macht sich bemerk-
bar.“ Dennoch dürfte Outlook auch in
den kommenden Monaten eine wichtige
Von
Andrea Sattler
(Red.)
Rolle in ihrem Leben spielen, denn Hirl-
Höfer hat sich einiges vorgenommen: Sie
möchte Klavierunterricht nehmen, Fran-
zösisch lernen und sich zum Coach aus-
bilden lassen. Die Nachmittage sind für
ihre beiden Kinder geblockt. Ihr BMW-
Kollege hatte sich für seine Auszeit be-
wusst weniger vorgenommen: „Mir war
es wichtig, das Sabbatical nicht durchzu-
planen“, sagt Degel. Die ersten Wochen
reiste er mit seiner Familie nach Spanien
und Australien. Danach war Degel vor
allem zu Hause: „Ich wollte mir bewusst
kein Ziel setzen und mir Zeit nehmen.“
Die Familie kommt immer zu kurz
Mehr Zeit zu haben für sich selbst und
die Familie ist ein zentrales Motiv bei
dem Wunsch nach der Auszeit. Die Fa-
milie, da sind sich Hirl-Höfer und Degel
einig, leidet zwangsläufig unter einer
Vollzeitberufstätigkeit: „Wer engagiert,
bewusst und viel arbeitet und sagt, die
Familie komme nicht zu kurz, redet sich
etwas ein“, sagt Degel. Seine Familie
war sogar der Auslöser für die Auszeit:
Als seine Frau ein Sabbatjahr nahm,
machte Degel die Sommermonate über
mit. Auch Hirl-Höfer begann ihre Aus-
zeit zum Start der Sommerferien, um
Zeit mit ihren Kindern zu verbringen.
Als sie den Zeitpunkt für ihr Sabba-
tical wählte, stand für Hirl-Höfer ein
weiterer Aspekt im Fokus: Nach sechs
Jahren in der gleichen Funktion war sie
bereit, den nächsten Karriereschritt zu
gehen. Hirl-Höfers Vorgesetzter war in
ihre Pläne eingeweiht – doch als diese
konkret wurden, rang er doch erst ein-
mal um Fassung: „Die Worte, die er da-
rauf gesagt hat, waren ‚I need to digest
this‘ – er müsste dies erst einmal verdau-
en“, berichtet sie lachend. Dann habe er
aber Verständnis gezeigt.
Dass eine Auszeit keinen Karriere-
knick bedeuten muss, sondern einem
Karrieresprung vorausgehen kann, hat
Hirl-Höfer bereits erlebt: Vor ihrer zwei-
tenElternzeit beschloss sie, anschließend
nicht in ihre alte Position zurückzukeh-
ren. „Ich hatte großes Vertrauen darauf,
dass sich etwas Gutes ergeben würde“,
resümiert sie. Kurz vor ihrer Rückkehr
wurde ihr dann die Personalleitung für
Deutschland angeboten. Auch während
des Sabbaticals bleibt Hirl-Höfer offen:
„Ich bin im Dialog mit meinem Chef und
werde mir auch andere Optionen anse-
Zwei Personaler machen Pause
Feature.
Immer mehr Arbeitnehmer wünschen sich eine berufliche Auszeit. Zwei
Personaler haben es gewagt und berichten von ihren Erwartungen und Erfahrungen.
„Als die Pläne für mein Sabbatical konkret
wurden, musste mein Vorgesetzter das erst
einmal verdauen.“
Brigitte Hirl-Höfer, ehemalige Personalleiterin von Microsoft Deutschland