Seite 22 - personalmagazin_2014_05

Basic HTML-Version

22
titel
_frauenquote
personalmagazin 05 / 14
personalmagazin:
Wenn Sie nach vier Jah-
ren Erfahrung jetzt eine Zwischenbilanz
ziehen – was sind die wichtigsten Hebel,
um den Frauenanteil zu erhöhen?
Hohenadel:
Wir haben mit einer sehr
breit angelegten, zweijährigen Sensi-
bilisierungskampagne begonnen. Das
ist unabdingbar, um das Thema in die
Köpfe der Menschen zu kriegen. Aber
Sensibilisierung alleine reicht natürlich
nicht. Dann setzt die Verankerung in
den Prozessen ein. Wir haben sehr früh
begonnen, in den wichtigsten Prozessen
entsprechende Quoten einzuführen. Das
ist nicht immer populär, aber aus mei-
ner Sicht sehr wirksam. Nur so bringt
man wirklich Druck ins Unternehmen.
Im Idealfall sind wir in einigen Jahren
soweit, dass das Thema so selbstver-
ständlich ist, dass wir die Quoten gar
nicht mehr brauchen. Aber hätten wir
sie nicht eingeführt, wären wir jetzt
nicht so weit, wie wir es heute sind.
Nicht zuletzt haben wir natürlich auch
für Frauen selbst Angebote aufgesetzt.
personalmagazin:
Welches dieser Angebote
war besonders erfolgreich? Und haben
Sie auch Maßnahmen wieder beendet,
weil sie nicht zielführend waren?
Hohenadel:
Zu Beginn hatten wir beispiels-
weise eigene Entwicklungsprogramme
speziell für Frauen. Davon haben wir wie-
der Abstand genommen, weil diese mit
Blick auf die gewünschten Ergebnisse zu
zeitaufwendig waren. Wir konzentrieren
uns deshalb mehr auf Coaching, konkrete
Bewerbertrainings und gezielte Anspra-
che von Frauen. Unserer Erfahrung nach
ist es schon so, dass Frauen stärker ermu-
„Nicht populär, aber wirksam“
INTERVIEW.
Vor vier Jahren hat die Telekom als erstes Dax-Unternehmen eine interne
Frauenquote eingeführt. Was sich seither verändert hat, zeigt Frank Hohenadel auf.
personalmagazin:
Vor vier Jahren hat die Te-
lekom intern eine Frauenquote eingeführt.
Das Ziel: 30 Prozent Frauen auf mittleren
und oberen Managementebenen bis 2015.
Werden Sie Ihr Ziel erreichen?
Frank Hohenadel:
Wir haben uns bewusst
sehr ambitionierte Ziele gesetzt. Wir ste-
hen vor der Herausforderung, dass die
Hälfte unserer Positionen im mittleren
und oberen Management MINT-Qualifi-
kationen benötigt, und diese bezüglich
Frauen immer noch stark unterrepräsen-
tiert sind. Dennoch halten wir an dem
30-Prozent-Ziel fest und haben in den
letzten Jahren erhebliche Anstrengungen
unternommen, dieses Ziel konsequent in
den Prozessen zu verankern. Das heißt,
wir haben uns auf ganz unterschied-
lichen Kanälen jeweils Quotenziele ge-
setzt – angefangen von der Übernahme
unserer Auszubildenden über die Ein-
stellung von Absolventen und Professio-
nals, dem Zugang zu Experten- und Füh-
rungskräfteentwicklungsprogrammen
bis hin zur Besetzung von Vakanzen
im mittleren und oberen Management.
Wichtiger als eine Punktlandung zum
Ende 2015 ist uns aber, die Nachhaltig-
keit des gesamten Themas in den Vorder-
grund zu stellen und einen Kulturwandel
innerhalb der Telekom voranzutreiben.
personalmagazin:
Wie hoch ist der Frauen-
anteil derzeit konkret?
Hohenadel:
Wir haben von 2009 bis Ende
2013 in Summe über die gesamte Deut-
sche Telekom den Frauenanteil im mitt-
leren und oberen Management um sechs
Prozent auf gut 25 Prozent gesteigert.
In Deutschland ist die Steigerungsrate
sogar noch etwas höher. Wir sind stolz
darauf, dass wir konzernweit mittler-
weile gut jede vierte Führungsposition
im oberen und mittleren Management
mit einer Frau besetzt haben. Das Ganze
funktioniert aber nur dann nachhaltig,
wenn man von unten eine Pyramide auf-
baut. Deshalb befüllen wir seit Jahren die
Pipeline konsequent von unten. Mittler-
weile sind 36 Prozent der Auszubilden-
den, die wir übernehmen, weiblich. Wir
haben rund 40 Prozent Frauen in Füh-
rungskräfte- und Expertenentwicklungs-
programmen. Und gut 43 Prozent der
Shortlists, also der Kandidaten, die bei
der Besetzung einer Position in die en-
gere Auswahl kommen, haben die Bedin-
gung erfüllt, dass 30 Prozent Frauen auf
der Liste stehen. In der Talentpipeline im
unteren und mittleren Management sind
fast die Hälfte der Führungskräfte weib-
lich. Das Ganze ist ein Prozess, der anlau-
fen muss und der Zeit braucht, bis er im
Unternehmen fest verankert ist. Wenn
diese Hürde aber erst einmal genommen
ist, entwickelt sich eine Eigendynamik.
„Die Frauenquote funk-
tioniert nur dann nach-
haltig, wenn man eine
Pyramide aufbaut und
die Pipeline konsequent
von unten befüllt.“