Seite 18 - personalmagazin_2014_05

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Titel
_Frauenquote
personalmagazin 05 / 14
I
m März 2011 herrschte Hochstim-
mung. Die 30 Dax-Konzerne hatten
sich in der gemeinsamen Erklä-
rung „Frauen in Führungspositio-
nen“ verpflichtet, ihre Maßnahmen zur
Frauenförderung zu intensivieren und
über Zielvorgaben zu steuern. Manche
wollten damit die Ernsthaftigkeit ihrer
Bemühungen unter Beweis stellen, um
eine durch die schwarz-gelbe Bundesre-
gierung drohende gesetzliche Quoten-
regelung abzuwenden – was zunächst
gelang. Andere machten mit und hofften,
dass sich die öffentliche Debatte um die
Frauenquote wieder beruhigen würde.
Im Visier der Öffentlichkeit
Die Hoffnung der Verweigerer hat sich
nicht erfüllt. Die Lage hat sich für die
Unternehmen verschärft. Die schwarz-
rote Bundesregierung hat im Koalitions-
vertrag festgeschrieben, dass sie gesetz-
liche Maßnahmen zur „Erhöhung des
Frauenanteils im Aufsichtsrat, Vorstand
und in den obersten Managementebe-
nen“ ergreift und die 2.500 größten Un-
ternehmen im Land zwingen wird, ihre
Zielvorgaben zur Frauenförderung der
Öffentlichkeit transparent zu machen.
„Viele Jahre wurde diskutiert und debat-
tiert. Doch viel zu wenig ist passiert“,
erklärte Bundesfamilienministerin Ma-
nuela Schwesig, als sie zusammen mit
ihrem Ministerkollegen Heiko Maas die
Leitlinien für das Gesetzgebungsverfah-
ren zur Frauenquote vorstellte.
Über die Veröffentlichung der Frau-
enanteile und der Zielvorgaben werden
Von
Melanie Rößler
und
Reiner Straub
(Red.)
die Unternehmen ins Visier der Medien
geraten. Öffentlicher Druck wird entste-
hen, der Einfluss auf die Arbeitgeber-
marke und den Produktabsatz haben
wird. Ins Blickfeld geraten insbesondere
die Dax-Konzerne.
Die Redaktion des Personalmagazins
hat die selbst gesteckten Ziele der Dax
30, die im Statusreport „Frauen in Füh-
rungspositionen“ dokumentiert sind,
analysiert und erstmals bewertet. Unse-
re Bewertungsskala lautet: ambitioniert
– konservativ – anspruchslos. Für die
Bewertung haben wir keinen absoluten
Maßstab wie etwa eine 50-Prozent-Quote
für den angestrebten Frauenanteil an-
gesetzt, sondern auf Grundlage der Ist-
Situation und der Branche die Zielquote
bewertet.
Nur wenige stecken ihre Ziele hoch
Die nebenstehende Tabelle zeigt das Er-
gebnis: Ambitionierte Ziele mit mehr als
ein Prozent Steigerung des Frauenanteils
pro Jahr geben sich neun von 30 Kon-
zernen (30 Prozent). Das sind Adidas,
Bayer, Commerzbank, Deutsche Bank,
Deutsche Börse, Deutsche Telekom, Hen-
kel, RWE und SAP. Anspruchslose Ziele
geben sich sieben der Dax 30 (23 Pro-
zent). Dazu zählen Konzerne wie Beiers-
dorf, K+S, Siemens oder Verweigerer wie
Fresenius und Fresenius Medical Care.
Sie sind die Low Performer der Frauen-
quote. Zu den Schlusslichtern zählen wir
auch die Deutsche Post, da ihre Ziele nur
für die Neubesetzung von Vakanzen gel-
ten, und Volkswagen, wo zwar ein hohes
Ziel, aber keine Zeitvorgabe angegeben
wurde. Unsere Einschätzung basiert
nicht auf einer transparenten Datenba-
sis, sondern auf einer Betrachtung von
Branche, Qualifikationsanforderungen
und Arbeitsmarkt. Es ist das subjektive
Urteil der Redaktion.
Keine transparente Datenbasis
Derzeit gibt es keine transparente Daten-
basis zum Thema Frauen in Führungspo-
sitionen. Die in der Tabelle angegebenen
Frauenanteile für Führungspositionen
sind mit Vorsicht zu genießen. Eine
Vergleichbarkeit ist nicht gegeben. Die
einen betrachten alle AT-Angestellten
als Führungskräfte, die anderen nur he-
rausgehobene Führungspositionen. Wie
Projektleiter, Teamleiter oder herausge-
hobene Fachkräfte eingeordnet werden,
darüber gibt es keine Verständigung.
Schon bei der Erstellung des ersten Re-
ports war das den beteiligten Konzernen
klar. Passiert ist in den vergangenen drei
Jahren nichts. Nach dem Ausscheiden
von Thomas Sattelberger, Ex-Personal-
vorstand der Telekom, gibt es offenbar
niemanden mehr, der das Thema treibt.
Für die sonst so ambitionierten Kon-
zerne mag das beschämend oder gar ein
Kalkül sein, um weiter tricksen und sich
Zeit verschaffen zu können. Für die Bun-
desfamilienministerin wird daraus ein
mittelgroßes Problem: Wie will sie Ziel-
größen messen und vergleichen, wenn
die Grundlagen für ein einheitliches Re-
porting bei den Firmen fehlen?
Den vollständigen Statusbericht fin-
den Sie auf
e
Zahlen für 2013 werden voraussichtlich
im Juni veröffentlicht. Wir halten Sie auf
dem Laufenden.
Dax 30: Zu viele Low Performer
überblick.
Die Dax-Konzerne haben sich vor drei Jahren Ziele zur Frauenförderung
gesetzt. Nach wie vor fehlt jedoch ein Standard zum Reporting.